51.3 Deutsche Bundesländer: Niedersachsen
"Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer ..." so heißt es im Text der Hymne des mit mehr als 47.348 Quadratkilometern Fläche zweitgrößten deutschen Bundeslandes. Seitdem am 1. November 1946 das Land durch eine Verordnung der britischen Militärregierung seine heutige Ausdehnung erhalten hat - die frühere preußische Provinz Hannover wurde vereinigt mit den Ländern Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe -, stimmt diese Aussage allerdings nicht mehr. Denn nicht mehr die Weser begrenzt das Land im Westen, sondern die Ems. Jenseits dieses Flusses ist man sehr bald in den Niederlanden. Nach Norden hin reicht das Land bis an die Nordsee und bis an den Stadtstaat Hamburg bzw. das Bundesland Schleswig-Holstein. Nachbarländer Niedersachsens sind im Süden und Osten Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Die beiden Regionen des Stadtstaates Bremen an der Wesermündung im Norden des Landes (Bremen und Bremerhaven) werden von Niedersachsen regelrecht eingeschlossen.
Neben den drei genannten großen Wasserstraßen (Ems, Weser, Elbe) durchziehen kleinere und eine Reihe bedeutender Kanäle das Land. Der Mittellandkanal könnte auch Ems-Weser-Elbe-Kanal heißen; dann wüßte man sofort, welche Flüsse er in West-Ost-Richtung miteinander verbindet. Der Elbe-Seiten-Kanal wurde gebaut, um den Mittellandkanal mit der Unterelbe zu verbinden, ohne daß man Territorium der damaligen DDR berührte. Der Küstenkanal verbindet die Ems mit der Weser bei Bremen; der Ems-Jade-Kanal die Hafenstädte Emden an der Emsmündung und Wilhelmshaven am Jadebusen.
Als bedeutende ,Landstraßen‘ erschließt ein dichtes Netz von Autobahnen und Bundesstraßen die Region und verbindet sie mit ihrem umgebenden Hinterland. Für Niedersachsens Offenheit zur Welt stehen die beiden bereits genannten Häfen und der Flughafen Hannover, der einer der größten der Bundesrepublik ist. Natürlich muß man hier auch die Häfen von Bremen und Bremerhaven nennen und den von Hamburg, dazu die Flughäfen Bremen und Hamburg, auch wenn sie alle nicht zum Land Niedersachsen gehören, aber eben doch mitten drin oder dicht dran liegen.
Regiert werden die ca. 7,5 Millionen Niedersachsen von der Landeshauptstadt Hannover aus, die als Messestadt wenigstens zweimal im Jahr im Blickpunkt der Welt liegt und die durch die Ausrichtung der EXPO 2000 neue Berühmtheit erlangt. Hier residiert Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) als Nachfolger der bisherigen Ministerpräsidenten Glogowski, Gerhard Schröder, der ehemalige deutsche Bundeskanzler, und Sigmar Gabriel, der jetzt Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist.
Andere regionale Zentren sind die Hauptstädte der Regierungsbezirke Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück und Aurich mit gleichem Namen, dazu Braunschweig und Oldenburg als Zentren zweier besonderer Verwaltungsbezirke. Aus der Fülle der sonstigen bekannten Städte Niedersachsens seien noch die alte Kaiserstadt Goslar im Harz, die VW-Stadt Wolfsburg, die Stahlstadt Salzgitter und die Universitätsstadt Göttingen genannt. Cuxhaven an der Elbmündung sollte wohl auch noch erwähnt werden.
An dieser Stelle nun wollen wir einen Flug über das Land Niedersachsen unternehmen, um so die unterschiedlichen Landschaften und einige ihrer Besonderheiten besser sehen und beschreiben zu können. Es wäre gut, Sie als Leser könnten jetzt eine Atlaskarte vor sich haben, um unsere Flugroute darauf verfolgen zu können.
Wir starten mit unserem Kleinflugzeug auf der Insel Borkum. Borkum ist die westlichste der Ostfriesischen Inseln. Bei unserem Flug in nord-östlicher Richtung sehen wir unter uns Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge, alles dem Festland vorgelagerte Ferieninseln. Manche von ihnen sind zugleich besonders geschützte Vogelparadiese. Bei Ebbe sind viele von ihnen auf besonders gekennzeichneten Wegen durch das Wattenmeer zu Fuß zu erreichen. Wege dem Menschen, der den Weg durch das Watt auf eigene Faust unternimmt, vielleicht sogar zur falschen Zeit und dann auch noch auf eigenen Wegen. Schon mancher ist dabei von der Flut überrascht worden und hat seinen Ausflug mit dem Leben bezahlt.
Unser Flugzeug wendet sich nach Süden. Unter uns liegt Ostfriesland, ein flaches Land mit sehr wenigen niedrigen Erhebungen. Die Menschen dort unten leben von der Landwirtschaft, vom Torfabbau, vom Fremdenverkehr an der Küste und im Binnenland und von den Industrien in den Hafenstädten.
In diesem Frühjahr machten besonders die Menschen in großen Demonstrationen auf sich aufmerksam, die in den Werftanlagen von Papenburg an der Ems und in den zugeordneten Zulieferungsbetrieben arbeiten. Weil die dort gebauten Großschiffe nur über die Ems die Nordsee erreichen können, ist an der Emsmündung ein großes Stauwerk im Bau, das die Fahrt von der Werft ins offene Meer erleichtern oder auch für noch größere Schiffe erst ermöglichen soll. Der Weiterbau dieses Stauwerkes ist nun durch einen Baustopp in Frage gestellt. Tausende von Menschen würden arbeitslos, sollte der Schiffsbau in Papenburg dadurch zum Erliegen kommen. Wie der Streit um das Stauwerk ausgeht, wird die nächste Zeit zeigen.
Südlich des Küstenkanals wendet sich unser Flug nach Osten. Unter uns sehen wir rechts und links der Hunte Bohrtürme und Pumpanlagen für die Förderung von Erdöl und Erdgas, das hier in relativ geringen Mengen gefunden wird. Am rechten Horizont erkennen wir die Höhenzüge des Wiehengebirges, die das Land nach Süden gegen Westfalen abgrenzen. Weiter nach Osten fliegend überqueren wir die Weser, sehen, wie sich die Sonne im Wasser des Steinhuder Meeres spiegelt, und befinden uns dann bald jenseits von Leine und Aller über dem Gebiet der Lüneburger Heide mit dem Wilseder Berg als höchstem Punkt (169 m). Auf dem sandigen und weitgehend unfruchtbaren Boden dieser Region zwischen Unterelbe und Aller wachsen hauptsächlich Wacholder, Birken, Kiefern, Ginster und natürlich das Heidekraut (= Erika), das besonders während seiner Blüte im August dem Land eine besondere Schönheit verleiht und Hunderttausende von Touristen anzieht. Berühmt sind auch die Heidschnucken, eine genügsame Schafsrasse, die in großen Herden geweidet werden. Nicht weniger berühmt ist auch der aromatische Heidehonig, der in ungezählten Imkereien der Region gewonnen wird.
Unser Flug wendet sich wieder nach Süden und führt uns über Celle, eine der schönsten Fachwerkstädte Deutschlands, über die Industriezone Braunschweig-Salzgitter in Richtung Harz. Rechts am Horizont sehen wir dabei Hannover im Dunst liegen und links die VW-Stadt Wolfsburg. Der Harz ist das nördlichste der hohen deutschen Mittelgebirge mit dem Brocken als höchstem Gipfel (1142 m). Der allerdings liegt im Bundesland Sachsen-Anhalt und ist seit der Wiedervereinigung endlich auch wieder für Menschen aus den westlichen Bundesländern erreichbar. Früher hatte dieses Waldgebirge große Bedeutung im Erzbergbau. Davon übriggeblieben ist heute nur noch die Bergakademie in Clausthal-Zellerfeld. Heute ist der Harz ein vielbesuchtes Reisegebiet mit guten Möglichkeiten für den Wintersport. Holz- und Viehwirtschaft sind weitere Erwerbsquellen der Bewohner.
Unser Flugzeug macht einen großen Rechtsbogen, überfliegt dabei die alte Universitätsstadt Göttingen und wendet sich über dem Tal der Leine wieder nach Norden. Links sind die lieblichen waldreichen Bergrücken und die von der Landwirtschaft genutzten Täler des niedersächsischen Weserberglandes zu erkennen mit vielen hübschen kleinen und größeren Ortschaften. Nachdem wir dann die ebenfalls sehr alte Stadt Hildesheim überflogen haben, liegt die große Weite des norddeutschen Tieflandes wieder vor uns. Auf dem Rollfeld des Flughafens in Hannover-Langenhagen hat die Erde uns wieder nach einem interessanten Flug über eine wunderschöne und abwechslungsreiche Region Norddeutschlands.
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