Therapie des Morbus Parkinson



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c u r r i c u l u m

Schweiz Med Forum   2012;12(6):114–118

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Therapie des Morbus Parkinson

Fabio Baronti

a

, Toni Schmid



b

Parkinson-Zentrum, Klinik Bethesda Tschugg



b

 Hausarzt, Gampelen

Parkinson ist eine der wenigen chronischen neurologi­

schen Krankheiten, für die eine wirksame Behandlung 

zur Verfügung steht. Das reiche Angebot an Medikamen­

ten führt für den Arzt oft zur Qual der Wahl: Alle neuen 

Produkte werden als erste Wahl angepriesen, die alten 

sind aber nicht unbedingt schlecht. Welche Substanzen 

sind also für welche Patienten und wann geeignet? Um 

dies beantworten zu können, müssen wir uns über das 

Krankheitsbild und die Situation des Patienten Klarheit 

verschaffen.



Ist die Diagnose korrekt?

Die typischen Symptome eines extrapyramidalen Syn­

droms sind einfach zu erkennen. Die Suche nach Atypien 

in  der  Anamnese  und  in  der  klinischen  Präsentation 

kann hingegen Schwierigkeiten bereiten, darf aber nicht 

vernachlässigt werden, da bei Parkinsonismen Behand­

lung und Management der Patienten anders angegangen 

werden müssen.

Neuroleptisch agierende Substanzen (dazu zählen auch 

Antiemetika  wie  Metoclopramid  oder  Antivertiginosa 

wie Cinnarizin und Flunarizin) sind nach Möglichkeit ab­

zusetzen, weil diese Medikamente einen Parkinsonismus 

auslösen können. Plötzlicher und/oder symmetrischer 

Beginn, schrittweiser Verlauf, Frühauftreten von Stürzen 

sowie bereits vorhandene urogenitale Störungen, Blut­

druckdysregulation,  kognitive  Einschränkungen  oder 

Halluzinationen und Psychose sind typische Alarmglo­

cken; der Befund anderer neurologischer Zeichen wie 

Ataxie oder Störungen der Augenmotorik weist ebenfalls 

auf einen Parkinsonismus hin [1]. Da die Diagnose für 

die Wahl der Behandlung ausschlaggebend ist, sollte von 

Anfang an ein Neurologe mit einbezogen werden.



Früh oder spät behandeln?

Sei es Parkinson oder Parkinsonismus: Wann soll mit 

Medikamenten angefangen werden? Über Jahre haben 

viele Ärzte eine möglichst lange Verzögerung empfohlen, 

was manche Patienten in der Phase der Diagnosever­

arbeitung begrüssen. Heute wird eher diskutiert, ob ein 

möglichst  früher  Behandlungsbeginn  vorteilhaft  sein 

könnte: Einerseits gibt es Hinweise, dass Medikamente 

wie z.B. Rasagilin die Krankheitsprogression verzögern, 

anderseits wird durch eine frühe Behandlung die Lebens­

qualität der Patienten früher verbessert. Die Möglich­

keit eines krankheitsverzögernden Effekts wurde jedoch 

bisher  nicht  eindeutig  bestätigt  und  der  Einfluss  von 

Nebenwirkungen  auf  die  Lebensqualität  kaum  unter­

sucht [2]. Wie soll man also vorgehen? Die alte goldene 

Regel gilt weiterhin: Der Zeitpunkt des Therapiebeginns 

muss immer in Absprache mit dem Patienten erfolgen, 

seinem Wunsch entsprechen, seine soziale und beruf­

liche Situation sowie seinen Leidensdruck berücksich­

tigen.


Das Gespräch ist wichtig

Bei der delikaten Aufgabe, einem Patienten die Diagnose 

einer chronisch progressiven, unheilbaren Krankheit zu 

eröffnen, sollten nach Möglichkeit die Angehörigen mit 

einbezogen  und  ausreichend  Zeit  eingeplant  werden. 

Auf  das  Vorhandensein  nichtmotorischer  Symptome 

(u.a.  sexuelle  Beschwerden,  Depression)  muss  –  mit 

eventuellen Behandlungsempfehlungen – eingegangen 

werden. Eine psychotherapeutische Unterstützung kann 

Quintessenz

P

  Da es noch keine Medikamente mit klar bewiesener neuroprotektiver 



Wirkung gibt, bestimmt der Leidensdruck des Patienten den Zeitpunkt 

des Therapiebeginns.

P

  Eine psychologische Unterstützung bei der Diagnoseverarbeitung ist 



wichtig.

P

  Bei jüngeren Patienten versprechen Dopaminagonisten ein verzögertes 



Auftreten von Dyskinesien.

P

  Levodopa ist potenter und besser verträglich – es ist bei Parkinsonis­



mus, bei psychotischen Symptomen und bei kognitiv veränderten oder 

polymorbiden Patienten zu bevorzugen.

P

  Retardpräparate,  COMT­Hemmer  und  MAO­B­Hemmer  können  die 



motorischen Fluktuationen verbessern; auf eine mögliche Zunahme der 

Dyskinesien  muss  geachtet  werden.  Langwirkende  Dopaminagonisten 

(evtl. als transdermales System) können die nächtlichen und frühmorgend­

lichen Symptome verbessern.

P

  Bei ausgewählten Patienten können funktionelle Neurochirurgie, Apo­



morphin­Infusion oder enterale Verabreichung von Levodopa angewen­

det werden.

P

  Nichtmotorische Beschwerden sind häufig invalidisierend und werden 



durch die dopaminerge Therapie nicht verbessert; einige davon können 

(und müssen) behandelt werden.

P

  Rehabilitationsmassnahmen gehören zum Standard of care; bei Par­



kinsonismen sind sie oft die einzige Möglichkeit zur Verbesserung der  

Lebensqualität.

Fabio Baronti

Die Autoren haben 

keine finanzielle 

Unterstützung  

und keine anderen 

Interessenskonflikte 

im Zusammenhang 

mit diesem Beitrag 

deklariert.


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bei der Krankheitsverarbeitung helfen; Antidepressiva 



können eine Anwendung finden.

Behandlungsbeginn

Auch die Wahl der Erstbehandlung muss sich auf die 

individuelle medizinische und psychosoziale Situation 

stützen.  Setzt  man  auf  die  Hoffnung  einer  Neuropro­

tektion? Wie rasch müssen die Beschwerden gelindert 

werden? Weisen bereits vorhandene, nichtmotorische 

Symptome auf einen Parkinsonismus hin? Besteht eine 

Polymorbidität? Steht der Tremor für den Patienten im 

Vordergrund?  Die  wesentlichen  Entscheidungspunkte 

sind in Tabelle 1 

p

 zusammengefasst.



Die Anfangsdosis muss möglichst klein sein, die even­

tuelle Dosiserhöhung sehr langsam erfolgen. Nicht selten 

kann mit einer zweimal täglichen Verabreichung, z.B. 

um 8.00 und 14.00 Uhr, gestartet werden. Die frühmög­

lichste Anwendung von Retardpräparaten, COMT­Hem­

mern oder Medikamenten mit langer Halbwertzeit bringt 

wenig  Vorteile,  da  die  Wirkung  der  Standardmedika­

mente  am  Anfang  länger  anhält  und  nächtliche  oder 

frühmorgendliche motorische Symptome meistens noch 

nicht auftreten. Es wird oft angenommen, dass eine mög­

lichst kontinuierliche dopaminerge Stimulation die Ent­

wicklung  von  Dyskinesien  und  anderen  motorischen 

Fluktuationen verzögern könnte; dies wurde aber nie 

wirklich bestätigt. Die so behandelten Patienten beklagen 

zwar erst später motorische Fluktuationen; diesen Kom­

plikationen wurde aber wahrscheinlich nicht vorgebeugt, 

sondern sie wurden über eine längere Zeit behandelt.

Parkinsonismen

Bei Verdacht eines Parkinsonismus ist leider eine The­

rapieresistenz zu erwarten. Dies betrifft nicht nur die 

sekundären, sondern auch die viel häufigeren neuro­

degenerativen  Formen  –  so  wird  geschätzt,  dass  z.B. 

Multisystematrophie  (MSA)  und  Lewy-Body-Disease 

(LBD) bis 20% der atypischen Parkinsonsyndrome aus­

machen. Trotz Therapieresistenz zeigen aber viele Pa­

tienten in den ersten Jahren eine mindestens partielle 

Ansprechbarkeit auf die dopaminerge Therapie. Welches 

ist hier die Substanz erster Wahl?

Ein Patient mit MSA wird möglicherweise keine Dyskine­

sien entwickeln, hingegen ist das frühe Auftreten einer 

symptomatischen Orthostase wahrscheinlich. Und bei 

einer LBD muss eine pharmakologische Verschlechte­

rung der kognitiven und psychiatrischen Störungen ver­

mieden werden. Da Levodopa eine niedrigere Auswir­

kung auf Hypotension, Halluzinationen und Psychosen 

hat als die übrigen Antiparkinsonika, ist es bei Parkin­

sonismen zu bevorzugen. Bei dieser Diagnose ist zudem 

ein früher Einsatz rehabilitatorischer Massnahmen sehr 

empfehlenswert.



Motorische Fluktuationen

Die Erstbehandlung der parkinsonschen Krankheit er­

zielt oft hervorragende Resultate – man spricht dabei von 

«Flitterwochen». Meistens genügen hier kleine Dosis­

an passungen oder eine Kombination mit einer poten teren 

Substanz. Nach wenigen Jahren wird aber dieses idyl­

lische Bild durch das Auftreten und die progressive Zu­

nahme von Behandlungskomplikationen und nichtmoto­

rischen Beschwerden getrübt. Das häufigste motorische 

Problem ist eine progressive Verkürzung der Wirkungs­

dauer der Medikamente, auch als Wearing-Off bekannt. 

Akinetische Phasen (Off­Phasen) treten dann bereits vor 

der Einnahme der nächsten Dosis auf, ihr Schweregrad 

nimmt  zu,  oft  entwickeln  sich  zum  Teil  schmerzhafte 

Kontraktionen der Muskulatur, die einen Körperteil in 

einer Position fixieren (Off­Dystonien). Im Verlauf treten 

die Off­Phasen immer unregelmässiger auf, zum Teil in 

Verbindung mit emotionalem Stress, meistens aber ohne 

eruierbare Auslösefaktoren. Dazu entwickeln die meisten 

Parkinsonbetroffenen früher oder später Dyskinesien, 



Tabelle 1. Gängige Medikamente für die erste Behandlung.

 

Vorteile

Nachteile

Kommentar

Levodopa +  

Dopadecarboxylase- 

hemmer


Bessere Verträglichkeit

Sehr potent

Früheres Auftreten von Dyskinesien

Erste Wahl bei Parkinsonismen,  

betagten und polymorbiden Patienten 

oder wenn eine raschere und/oder  

vollere Wirkung gewünscht wird

Dopaminagonisten 

(keine Ergotaminderi- 

vate)


Spätere Entwicklung  

von Dyskinesien

Häufiger Nausea: Domperidon  

bis 60 mg/Tag oft am Anfang der 

Behandlung empfehlenswert

Häufigere Tagesschläfrigkeit, Halluzi-

nationen, Psychose, Verschlechterung 

einer Orthostase

Etwas weniger potente Wirkung

Bei jüngeren, gesunden Patienten 

empfehlenswert

MAO-B-Hemmer

Hoffnung auf neuroprotektive 

Wirkung (nicht bewiesen)

Gut verträglich

Sehr milde symptomatische Wirkung

Oft angewendet, wenn noch keine starke 

symptomatische Wirkung notwendig ist

Anticholinergika

Sehr wirksam gegen Tremor

Positive Auswirkung auf eine 

evtl. Detrusorhyperreflexie

Schlechte Verträglichkeit: kognitive 

Störungen, Herzrhythmusstörungen, 

Glaukom, Konstipation

Selten angewendet bei stark tremor-

dominanten Krankheitsformen bei 

jungen gesunden Patienten



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die die Phasen guter Beweglichkeit begleiten. Diese un­



willkürlichen Bewegungen unterschiedlicher Semiologie 

zeigen eine Progressionstendenz und können sogar in­

validisierend werden.

Bei diesem Potpourri ist die Erhebung der Anamnese 

oft schwierig: Begriffe wie «Schlottern» beschreiben zu­

gleich  Tremor  und  Dyskinesien,  «Blockaden»  werden 

kaum zeitlich zugeordnet. Die Abgabe eines Protokolls, 

das die Betroffenen während einer Woche vor der Kon­

sultation ausfüllen, kann sehr hilfreich sein. Ein solches 

kann bei Parkinson Schweiz (www.parkinson.ch) kos­

tenlos bezogen werden. In besonders schwierigen Fäl­

len ist oft eine direkte Beobachtung über 24 Stunden in 

einem spezialisierten Zentrum von grossem Vorteil.

Strategien bei Wearing-Off und Dyskinesien 

Das Wearing-Off kann durch relativ einfache Massnah­

men  gut  kupiert  werden  (Tab.  2 

p

).  In  vielen  Fällen  



genügt  eine  Verkürzung  des  Intervalls  zwischen  den  

Levodopaeinnahmen.  Aber  es  gibt  andere  wirksame 

Strategien, wodurch die Last einer häufigeren Tabletten­

einnahme vermieden werden kann: z.B. die Umstellung 

auf ein Levodopa­Retardpräparat, die Kombination von 

Levodopa mit COMT­Hemmern, die Gabe von lang wir­

kenden Dopaminagonisten oder MAO­B­Hemmern [3]. 

Dabei muss beachtet werden, dass bei den letzten drei 

Massnahmen eine gleichzeitige Reduktion der Levodopa­

Einzeldosen  bis  20%  oft  empfehlenswert ist,  um eine 

relative Überdosierung in den bereits «guten» Phasen 

mit evtl. Zunahme der Dyskinesien zu vermeiden.

Zum Zeitpunkt des Auftretens des Wearing-Off begin­

nen sich die Parkinsonsymptome auch in der Nacht be­

merkbar zu machen. Die Anwendung von lang wirken­

den oder durch ein transdermales System freigegebenen 

Dopaminagonisten ist hier besonders vorteilhaft.

Für eine erfolgreiche Behandlung der Dyskinesien ist 

ihre diagnostische Zuordnung wichtig: In den meisten 

Fällen handelt es sich um die sogenannten Peak-dose­

Dyskinesien, die in Zusammenhang mit dem Erreichen 

hoher Medikamentenspiegel zunehmen. Unmittelbar vor 

und nach ihrem Auftreten werden also Phasen besserer 

Beweglichkeit beschrieben (Abb. 1 

x

). Ist diese Dia­



gnose gestellt, führt eine Reduktion der Einzeldosis, die 

Anwendung von Retardpräparaten oder ein Teilersatz 

von Levodopa durch z.B. Dopaminagonisten oft zu einer 

Verbesserung. Dieselben Massnahmen können aber die 

sogenannten biphasischen Dyskinesien paradoxal ver­

schlechtern. Hinweis auf diese Form von unwillkürlichen 

Bewegungen ist das Auftreten der schwersten Dyskine­

sien unmittelbar am Anfang und am Ende der Wirkung 

der einzelnen Dosen. Hier ist oft eine Verkürzung des 

Dosisintervalls  oder  eine  Steigerung  der  Gesamtdosis 

hilfreich.

Auch die Anwendung von Amantadin kann die Dyskine­

sien verbessern; dieser positive Effekt verliert sich aber 

oft nach wenigen Monaten. In seltenen Fällen kann die 

Anwendung von Clozapin vorteilhaft sein. Wenn aber 

die motorischen Fluktuationen fortgeschritten sind, sind 

folgende Massnahmen in Betracht zu ziehen.

Funktionelle Neurochirurgie /  

enterale und parenterale Therapie

Eine  funktionelle  Neurochirurgie  kann  heutzutage  zu 

her vorragenden  Resultaten  führen.  Das  Ausmass  der 

Verbesserung der motorischen Symptome bei der tiefen 

Hirnstimulation und bei der medikamentösen Therapie 

ist aber vergleichbar – d.h., therapieresistente Formen 

werden auch durch die operative Intervention nicht ver­

Tabelle 2. Medikamentöse Behandlung der motorischen Fluktuationen.

 

Anwendung

Zu beachten

Häufigere  

Verabreichung  

von Levodopa

Beobachtete Wirkungsdauer 

berücksichtigen

Für die Patienten aufwendiger

Levodopa- 

Retardpräparate

Einzeldosis und Einnahmezeit 

unverändert

Wirkungseintritt zum Teil 

verzögert

Zunahme biphasischer 

Dyskinesien

Levodopa und 

COMT-Hemmer

Einnahmezeit unverändert

Zunahme der Dyskinesien: 

Reduktion der Einzeldosis 

Levodopa oft notwendig

MAO-B-Hemmer

1x tägliche Verabreichung

Zunahme der Dyskinesien: 

Reduktion der Einzeldosis 

Levodopa oft notwendig

Dopaminagonisten

Mit Retardpräparaten / 

transdermalen Systemen: 

bessere Kontrolle von 

nächtlichen und frühmorgend-

lichen Symptomen

Achtung Nebenwirkungen  

(s. Tab. 1)

Reduktion der Levodopadosis 

kann in Frage kommen

Amantadin 

Dyskinesien

Oft nur vorübergehende Wirkung

Infusionen 

(Apomorphin s.c., 

Levodopa-Carbidopa-

Gel intrajejunal)

Schwere motorische Fluktua-

tionen und schwere Nebenwir-

kungen der oralen Therapie  

(bei Levodopa-Carbidopa-Gel)

Aufwendig, invasiv 

(Levodopa-Carbidopa-Gel)

Off 

Off 

Dyskinesien 

Dyskinesien 

Verbesserung 



Off 

Off 

Verbesserung 



Dyskinesien 

Verbesserung 



Peak- 

Dyskinesien 

Biphasische 

Dyskinesien 

Medikamentengabe 



Abbildung 1

Eine genaue Beobachtung ermöglicht die Differenzierung zwischen Peak- und biphasi-

schen Dyskinesien.


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bessert. Wo liegen also die Vorteile des Eingriffs? Die Wir­



kung bleibt über 24 Std. konstant, mit deutlicher Besse­

rung der motorischen Fluktuationen und Dyskinesien. 

Die optimalen Kandidaten sind deshalb jene, bei denen 

diese Wirkungsschwankungen trotz optimierter Medika­

menteneinstellung  eine  drohende  Invalidisierung  dar­

stellen; wichtigste Kontraindikation ist eine nicht intakte 

kognitive Funktion.

Heutzutage hat der Stellenwert von destruierenden Ein­

griffen abgenommen, und es wird vor allem eine Tiefhirn­

stimulation durchgeführt, deren Parameter in der Folge 

individuell angepasst werden können. Anatomische Ziele 

sind meistens der N. subthalamicus oder der N. palli­

dum; thalamische Eingriffe werden nur bei starker Tre­

mordominanz angewendet. Die subthalamische Stimu­

lation ermöglicht zudem in der Regel eine Reduktion der 

Medikamentendosis (und damit der Nebenwirkungen). 

Als parenterale Behandlungsmöglichkeit steht Apomor­

phin zur Verfügung. Dieser Dopaminagonist wird sub­

kutan sowohl als Bolus (womit die akinetischen Phasen 

innert weniger Minuten beseitigt werden) wie auch als 

Infusion angewendet, die durch die kontinuierliche Ver­

abreichung einer optimalen Dosis die erfolgreiche Kon­

trolle der motorischen Fluktuationen ermöglicht. Diese 

Strategie ist aber bei Vorhandensein von psychiatrischen 

Nebenwirkungen oder kognitiven Einschränkungen nicht 

geeignet. Für Schwerstbetroffene steht die enterale In­

fusion von Levodopa­Carbidopa­Gel zur Verfügung, die 

sehr wirksam, in der Schweiz aber leider (noch) nicht 

kassenzulässig ist.

Besonderer Blick auf  

psychische Veränderungen

Viele  Parkinsonbetroffene  weisen  eine  altersbedingte 

Polymorbidität auf. Da nur die Aminosäure Levodopa 

interaktionsfrei ist, ist in der Behandlung besondere Auf­

merksamkeit geboten. Zudem sind gewisse Nebenwir­

kungen bei unterschiedlichen Klassen von Antiparkinso­

nika unterschiedlich ausgeprägt. Die Möglichkeit einer 

Tagesschläfrigkeit oder einer Orthostase bei der Behand­

lung  mit  Dopaminagonisten  sowie  die  mögliche  Ver­

schlechterung von Herzrhythmusstörungen, Obstipation 

und Glaukom unter Anticholinergika sind gut bekannt.

Noch  wichtiger  wegen  ihrer  zerstörerischen  sozialen 

Konsequenzen  ist  die  Früherkennung  von  kognitiven 

und psychiatrischen Nebenwirkungen, in erster Linie 

die durch Anticholinergika induzierten demenzähnlichen 

Symptome. Die Medikamente sind in diesem Fall sofort 

abzusetzen. In letzter Zeit hat das sogenannte Dopamin­

dysregulationssyndrom  sogar  Medienpräsenz  gewon­

nen:  Insbesondere  die  Dopaminagonisten  können  zu  

einer  pathologischen  Verstärkung  des  hedonistischen 

Verhaltens führen. Dies ist einfach zu erklären, da die 

Freigabe von Dopamin im Gehirn mit dem Gefühl der 

Belohnung korreliert. Falls Verhaltensanomalien auftre­

ten, haben sie meistens gravierende Konsequenzen im 

Alltag – pathologisches Kauf­ und Spielverhalten, Hyper­

sexualität, unkontrollierte Medikamenteneinnahme sind 

einige Beispiele. Eine Spielsucht (Abb. 2 

x

) kann die Be­



troffenen sogar in eine finanzielle Notlage führen. Aller­

dings  bekam  ein  Parkinsonpatient  in  den  USA  sogar 

Schadenersatz in Millionenhöhe, weil die Information 

erst 2005 in die Packungsbeilage aufgenommen wurde. 

Das Dopamindysregulationssyndrom sowie Halluzina­

tionen und Psychose müssen sofort behandelt werden: 

Die Reduktion der Medikamentendosis sowie der Ersatz 

von Dopaminagonisten, MAO­B­Hemmern und Amantadin 

durch eine Levodopa­Monotherapie sind anzustreben; 

ist dies nur zum Teil möglich, soll niedrig dosiertes Queti­

apin oder Clozapin eingesetzt werden.

Rehabilitation

Rehabilitationsmassnahmen dürfen in der Behandlung 

des Morbus Parkinson nicht fehlen. Krankheitsspezifi­

sche physio­, ergo­ und logotherapeutische Interventio­

nen sind kostengünstige, nebenwirkungsfreie und effizi­

ente Möglichkeiten, um die Lebensqualität der Patienten 

zu verbessern. Sie sind zudem bei allen nichtidiopathi­

schen Formen des Parkinsonsyndroms – definitionsge­

mäss von «Therapieresistenz» geprägt – die nahezu ein­

zige erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit. Die 

für  die  Rehabilitation  typische  Interdisziplinarität  ge­

währleistet auch die (wichtige) Berücksichtigung pflege­

rischer und psychosozialer Aspekte. Bei komplexen Fäl­

len bietet der stationäre Aufenthalt in einer spezialisierten 

Institution besondere Vorteile: Insbesondere besteht die 

Möglichkeit einer kontinuierlichen Beobachtung durch 

spezialisiertes Personal. Daraus werden oft Erkenntnisse 

gewonnen, welche entscheidend zur diagnostischen Zu­

ordnung und erfolgreichen (auch pharmakologischen) 

Behandlung der individuellen Tag­ und Nachtprobleme 

beitragen [4].

Nichtmotorische Symptome

Mit  der  Dopaminersatztherapie  behandeln  wir  wahr­

scheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Es ist heute gut 

bekannt, dass nichtmotorische Symptome wie Riechstö­



Abbildung 2

Pathologisches Spielverhalten: Dopaminagonisten müssen abgesetzt 

werden.


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rungen, Schlafstörungen oder Verdauungsprobleme be­



reits viele Jahre vor der Diagnose auftreten. Im Verlauf 

werden sie ausgeprägter und durch andere, ebenfalls 

nichtdopaminerge (und deswegen durch Antiparkinso­

nika  nicht  behandelbare),  nichtmotorische  Störungen 

begleitet. Sie leisten zur Invalidität der Betroffenen im 

fortgeschrittenen Stadium einen signifikanten Beitrag; 

bei Parkinsonismen (u.a. MSA und LBD) sind sie bereits 

im Frühstadium im Vordergrund. Eine Auflistung der 

häufigsten nichtmotorischen Symptome und deren Be­

handlung sind in Tabelle 3 

p

 ersichtlich.



Eine Linderung dieser Probleme erfordert oft eine multi­

disziplinäre Intervention. Eine Anpassung der Antipar­

kinsonika ist dabei angebracht. Zudem sollten die phar­

makologischen  Massnahmen  [5]  –  die  zum  Teil  einer 

Off­label­Anwendung von Medikamenten entsprechen – 

in  enger  Zusammenarbeit  mit  einem  Spezialisten  er­

folgen.

Korrespondenz:

Dr. med. Fabio Baronti

Chefarzt und Med. Direktor

Klinik Bethesda

CH-3233 Tschugg

baronti.f[at]klinik-bethesda.ch

Literatur

1  Quinn  NP.  How  to  diagnose  multiple  system  atrophy.  Mov  Disord. 

2005;20(suppl12):5–10.

2  Clarke CE, Patel S, Ives N, Rick C, Wheatley K, Grey R. Should treat­

ment for Parkinson’s Disease start immediately on diagnosis or delayed 

until functional disability develops? Mov Dis. 2011;26:1187–93.

3  Pahwa R, Factor SA, Lyons KE, et al. Practice Parameter: Treatment 

of Parkinson disease with motor fluctuations and dyskinesia (an evi­

dence­based review): Report of the Quality Standards Subcommittee 

of the American Academy of Neurology. Neurology. 2006;66;983–95.

4  Baronti F. Rehabilitation of parkinsonian patients. Review, German. 

Ther Umsch. 2007;64(1):29–33.

5  Zesiewicz TA, Sullivan KL, Arnulf I, et al. Practice Parameter: Treat­

ment of nonmotor symptoms of Parkinson disease: Report of the Qua­

lity Standards, Subcommittee of the American Academy of Neurology. 

Neurology. 2010;74;924–31.



Tabelle 3. Häufigste nichtmotorische Symptome und deren Behandlung.

 

Anpassung der  

Antiparkinsonika

Andere Massnahmen

Psychiatrische und kognitive Störungen

Depression/Angststörungen/Apathie

Dopamindysregulationssyndrom

Halluzinationen/Psychose

Demenz


X

X

X



X

Antidepressiva, Anxiolytika, Psychotherapie

Clozapin, Quetiapin

Clozapin, Quetiapin

Rivastigmin (Donepezil)

Dysautonomie

Konstipation

Symptomatische Orthostase 

Inkontinenz (meistens Urge-Inkontinenz)  

Sexuelle Störungen

Schluckstörungen/Speichelfluss

X



 

Hydratation, ballaststoffreiche Ernährung, osmotische Laxantien

Hydratation/Salzzufuhr, Etilefrin, Fludrocortison, Indometacin, 

Midodrin (evtl. Domperidon, Pyridostigmin), Kompressionsstrümpfe

Peripher wirkende Anticholinergika (Achtung: Überlaufsblase), 

pflegerische Massnahmen

Psychologische Unterstützung, Phosphodiesterasehemmer

Logopädie, Anticholinergika, Botulinumtoxin

Sensorische Störungen

Missempfindungen, Schmerzen

X

Analgetika, Antirheumatika, Pregabalin



Nächtliche Störungen

Insomnie


Schlaf-Apnoe-Syndrom

REM-Verhaltensstörungen

Albträume, Halluzinationen

Nykturie


Tagesschläfrigkeit

X

X



X

X

Hypnotika, Trizyklika



CPAP

Clonazepam, Melatonin

Clozapin, Quetiapin

Anticholinergika

Modafinil, Methylphenidat

CME www.smf-cme.ch

1.

  Halluzinationen,  Psychose  und  eine  pathologische 

Zunahme des hedonistischen Verhaltens (Hypersexua­

lität,  Spiel­  und  Kaufzwang,  unkontrollierte  Medika­

menteneinnahme) sind Nebenwirkungen der Antipar­

kinsonika  mit  gravierenden  sozialen  Folgen  und 

müssen beseitigt werden. Welche der folgenden Mass­

nahmen ist dafür nicht geeignet?

A Reduktion der Dosis der Antiparkinsonika.

B  Absetzen aller Antiparkinsonika über 24 Std.

C  Reduzieren oder Absetzen der Dopaminagonisten.

D Niedrig dosiertes Clozapin oder Quetiapin.

E  Anstreben einer Levodopa­Monotherapie.

2.

 Welches der folgenden Medikamente ist keine häu­

fige Ursache eines iatrogenen Parkinsonsyndroms?

A Cinnarizin.

B  Metoclopramid.

C  Risperidon.

D Amitryptilin.

E  Flunarizin.



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