Helga Glaser
Helga Glaser aus Parchim leidet seit etwa 25 Jahren an Parkinson und hat alle Phasen dieser Krankheit durchlebt. Durch die tiefe Hirnstimulation
2005 erlangte sie eine Besserung ihres Gesundheitszustandes, der ihr wieder das Gehen ermöglichte und dass sie sich weitgehend wieder selbst versorgen kann.
In ihren zahlreichen Versen und Gedichten setzt sie sich intensiv mit Morbus Parkinson auseinander, beschreibt poetisch ihre Leiden, Gefühle und Hoffnungen. In den Gedichten über das Leben in ihrem Heimatort Primank kommt ihre aufmerksame Beobachtung und tiefe Liebe zur Natur zum Ausdruck. Ergänzt werden viele Gedichte durch eigene aussagekräftige Fotos.
Eine kleine Geschichte vom Glück
Das Glück dieser Erde,
man muß es beschützen.
Wie schnell ist es verloren,
gibt man nicht acht.
Glücklich sein heißt,
nicht warten bis es alleine kommt.
Nein, man muß täglich etwas dafür tun.
Ein freier Geist,
eine liebende Seele
in einem gesunden Körper
im Einklang mit der Natur,
da hat das Glück seine Wurzeln.
Was nutzt mir der Reichtum,
wenn ich krank und einsam bin.
Für Geld kann man nicht alles kaufen.
Wie froh macht uns doch
das Zwitschern der Vögel,
das Blühen der Blumen,
die Sonne,
wenn sie uns ihre Strahlen
auf die Erde schickt,
die Tiere, wenn sie uns hilfreich sind.
Wenn wir all die´s nicht hätten,
wie arm wären wir,
wie traurig auf dieser Welt.
All das, was Gott uns hat geschenkt,
wir müssen es beschützen.
Nur so kann Glück bestehen,
auf dieser Welt.
Meine Freude
Mein Leben ist Mühsal,
mein Leben ist Last.
Vom frühen Morgen,
bis in die Nacht,
mein Medikamentenplan
bestimmt den Tag.
hab´ keine Wahl.
Trotz alledem hab´ ich Freude im Leben,
ich freu´ mich über jeden Sonnenstrahl,
über den Gesang der Vögel,
der an mein Fenster dringt,
über die Blumen,
die ich draußen seh´,
über unsere Katze,
wenn sie leise schnurrt.
Ich freu´ mich über einen Gruß aus der Ferne.
Ich freu´ mich über Oma und Opa,
wenn sie bei mir sind.
Ich freu´ mich über das Essen,
das mein Mann uns jeden Tag macht.
Ich freu´ mich über unsere Tochter,
wenn sie nach Hause kommt.
Ich freu´ mich über alles Schöne,
was es gibt auf dieser Welt.
Sommer 1996
Parkinson
Parkinson, wie bist Du geschlichen.
Auf leisen Sohlen kamst Du daher.
Keiner hat Dich ernst genommen.
dann hast Du Deine Stärke gezeigt.
Du hast Dich in meinem Körper
breit gemacht.
hast mir die Kraft genommen.
Aber, die Hoffnung,
sie lebte in mir weiter.
Lange Zeit hast Du mich
voll und ganz beherrscht.
Ich war in Deinen Armen gefangen.
konnte mir selber nicht helfen.
Doch endlich dann.
in einem Krankenhaus
stellte man die richtige Diagnose.
Alles war so wunderbar.
Die Pillen nahm ich als Geschenk
mit nach Haus.
Es machte ja nichts,
sie haben mir geholfen.
Doch heute haben sie sich
gegen mich gestellt,
wollen nicht mehr meine Freunde sein.
Sie machen nicht mehr das.
was sie sollen.
sondern nur das.
was sie wollen.
Parkinson & Co. (Pillen).
was habt Ihr aus mir gemacht?
Einmal.
da fahrt Ihr mit mir Karussell
und dann dauert´s lange
bis ich in Gange komm.
Es ist so schwer
mit Euch zu leben.
aber der Kampf geht ständig weiter
bis ich ein Licht aufgehen seh'
am Horizont.
Februar 1997
Ich
Traurigkeit
Einsamkeit
Morbus Parkinson
Februar
Die Tage sind grau
Maisstoppelfelder am Straßenrand
In der Erinnerung schwelgend
Auf die Zukunft hoffend
Ein Luftschloß bauen
Auf das gelbe Postauto warten
Eine Schreibmaschine -
die kleine Pforte zur Welt
Herbst
Nebelschleier ziehen über das Land,
Schlehen und Hagebutten grüßen vom Wegesrand,
der kalte Wind weht über die Stoppelfelder
Raureif verziert sind die Wälder.
Altweibersommer hängt in den Hecken,
Wasserperlen glitzern in ihren Verstecken,
der Herbst hält Einzug mit seiner Pracht
und hat unsere Welt noch bunter gemacht
Dienstag, den 12.05.1998
Ich möchte so gern etwas tun
Ich möchte so gern etwas tun,
weiß aber nicht was.
Ich möchte gern in den Garten gehen
und Blumen pflanzen
und auch Gemüse.
Vielleicht noch zuerst etwas putzen,
die Wohnung rein halten.
Etwas schönes kochen,
vielleicht einen Kuchen backen wie früher
Ich möchte,
dass meine Tochter bald nach Hause kommt
Sie fehlt mir so.
Ich möchte,
dass dieses hässliche Bett aus der Wohnung verschwindet,
und das alte wieder dasteht, es hat so wunderbar gepasst.
aber ich habe mich so daran gewöhnt.
Hier muss ich ja auch ohne dies Monstrum auskommen.
Meinen Rollstuhl finde ich schrecklich,
evtl. für weite Strecken.
aber sonst stört er nur im Hause und ist ein Schmutzfänger.
Ich müsste meine Medikamente mal sortieren
und alles was nichts taugt vernichten.
Das Zeug was von der Sozialstation ist durchsehen.
Die Sonne müsste wieder Platz haben bei uns.
Die Blumen im Bad müssten reduziert werden,
damit man überall rankommt,
Das Regal muss ab im Bad und endlich der Vorhang vor,
damit man duschen kann. .-
So viel kann sich keiner vornehmen -
d.h. Stück für Stück.
Erst mal Luft im Schlafzimmer.
Meine Kartons müssen auf Wichtigkeit überprüft werden.
Ich muss vor allen Dingen anfangen zu lesen -
gerade Reihen
Vielleicht findet meine Tochter hier in der Nervenklinik
eine Ausbildungsstelle als Kinder-Krankenschwester oder
etwas anderes wo sie mit vielleicht behinderten Menschen zu
tun hat, aber entscheiden muss sie selbst.
Ich kann nur hoffen, dass mir die Ärzte noch mal helfen
und ich noch eine Chance bekomme.
12.05.1998
An meinen Mann
Du bist mein Mann
und kannst verstehn,
dass ich traurig bin.
Hab´ Sorgen,
bin krank obendrein.
Mein Körper gehorcht mir nicht mehr,
macht einfach, was er will.
Kann mich mühen und plagen,
es hat alles keinen Sinn.
Es scheint,
als hab´ ich den Kampf verloren,
aber aufgeben,
das tu´ ich nicht.
Will kämpfen bis ans bittere Ende.
Ich weiß,
Du hilfst mir dabei.
Ich bemüh´ mich täglich,
das Beste zu geben.
Was soll ich nur tun?
Alles scheint zwecklos.
,
'Aber aufgeben, nein, nie,
Am Morgen, wenn ich aufsteh´,
komm´ ich langsam in Gang,
dafür ist später zu viel Bewegung im Spiel.
Zappeln und Unruhe sind wieder da,
machen das Leben zur Höllenqual.
Herbst 1996
Das On-Off-Symptom
Mal aus mal an,
so schaltet das On-Off-Symptom.
Keiner wird es je verstehn,
was das Symptom da mit uns macht.
Mal ja mal nein.
Weiß es überhaupt noch, was es will?
So ein hin und her.
Mal zappeln und mal steif.
Immerzu was anderes,
nichts von Beständigkeit.
Mal Regen und mal Sonnenschein.
Ein Gemisch, das wär nicht schlecht
und dann Beständigkeit.
Dann hätt das Leben wieder einen Sinn
und könnt mich freuen alle Tage.
Früher
Viele Jahre ist es her.
Das Leben war schwer
und das Monatsende stets weit,
aber ich hatte Zeit.
Ich lag auf der grünen Wiese und träumte
und die Sonne sie bräunte.
Der Himmel war blau
und die Wolken stellten sich zur Schau.
Sie ließen mich vergessen alle Sorgen
und mich den Himmel für ein Weilchen
borgen.
Kleine Käfer schwirrten leise
und der Wind rauschte auf seiner
endlosen Reise.
Im Haselnussstrauch klang es wie Musik,
wenn ein Vogel sang dazu sein piep-piep.
Kleine Mücken tanzten im Sonnenschein
als hätten sie getrunken
statt Morgentau den Wein.
Der Picknick-Korb war mit guten Sachen gefüllt
und alles in ein Tischtuch eingehüllt.
Frischer Kuchen und heißer Kaffee,
das war Omas Idee.
Wir waren so glücklich
und alles war wirklich.
Unsere Kleidung war alt
und der Garten rief bald.
Trotz der Arbeit waren wir zufrieden.
Manchmal denke ich,
wäre es doch so geblieben.
Möchte reden,
nicht nur schweigen,
nicht den Mund nur halten,
wenn sich andere unterhalten.
Möchte so gerne reden
mit diesem oder jenem,
möchte reden,
nicht nur schweigen
und mich zeigen.
Möchte raus aus meinem Haus
und nicht leben wie in einem Schneckenhaus.
Möchte reden,
wenn meine Gedanken sich regen,
möchte schweigen,
wenn sich Ruhe und Wohlbefinden zeigen.
Möchte sagen,
was mich stört,
damit ein anderer es erfährt.
Meine Meinung soll man wissen,
wenn es zulässt mein Gewissen.
Meine Gedanken,
sie schwanken.
Soll ich reden oder schweigen?
Ich hab´ allen so vieles zu verdanken.
Ich bin stets darauf bedacht,
mein denken
in die richtigen Bahnen zu lenken.
Möchte ab und zu mal ein nettes Wort verschenken,
eine nette Geste,
dann einen freundlichen Blick,
das alles in diesem Augenblick.
Doch das,
das kann ich nicht.
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