Johannes Gießauf, University of Graz, Austria
Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde – vor allem wenn man ein Mongole ist. Historische Betrachtungen zu Mensch-Tier-Beziehungen in den Steppenregionen Eurasiens
Das Leben der hirtennomadischen Bewohner des eurasischen Steppengürtels ist seit mehr als drei Jahrtausenden von extensiver Viehzucht geprägt und bietet somit vielerlei Beziehungsmöglichkeiten und –formen zwischen Tier und Mensch. Tiere fungier(t)en über die Zeiten als Nahrungs- und Rohstofflieferanten, als Transportmittel, Kriegsgerät, aber auch als viel besungene Gefährten der Steppennomaden, kultisch verehrte (Hilfs)Geister des Steppenpantheons und literarisch verewigte Mythenträger.
Der Vortrag will einen Einblick in das historische Beziehungsgeflecht von Mensch und Tier im eurasischen Steppenraum geben und die aufgezeigten Aspekte aus zwei sehr unterschiedlichen Perspektiven thematisieren. Zum einen sollen autochthone Quellen steppennomadischer Provenienz zur (menschlichen) Eigenwahrnehmung dieser Beziehungsvielfalt zu Wort kommen, zum anderen werden Perzeptionen und Interpretationen aus den Federn sesshafter Beobachter vorgestellt, die aus der Perspektive der oft von verheerenden steppennomadischen Überfällen Heimgesuchten im Laufe der Jahrhunderte ein ganz spezifisches Repertoire an Beschreibungsmustern für ein für sie unverständliches Zusammenspiel von Mensch und Tier entwickelt haben.
Johannes Gießauf, MAS, *1968, Mediävist, Studium der Geschichte und einer Fächerkombination (Alte Geschichte, Archäologie, Altorientalistik und Klassische Philologie), Sponsion zum Mag. Phil. 1994, Promotion 2000 an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seit 1990 Studien- und Vertragsassistentenstelle am Institut für Geschichte, Abteilung Mittelalter. Absolvent des 61. Ausbildungslehrgangs (1995-1998) am „Institut für Österreichische Geschichtsforschung“ in Wien. 1998 Ablegung der Staatsprüfung ebenda, Master of Advanced Studies (Geschichtswissenschaft und Archivwissenschaft, MAS), derzeit Assistenzprofessor an der Universität Graz am Institut für Geschichte, Abteilung für Mittelalter; Kuriensprecher des akademischen Mittelbaus der geisteswissenschaftlichen Fakultät und Mitglied des akademischen Senats, Kapitän der Fußballmannschaft Geschichte.
Forschungsschwerpunkte: Kulturbegegnungen zwischen Europa und Asien im Mittelalter; Geschichte des mongolischen Weltreichs; Kulturgeschichte, Geschichte des Christentums, steirische Geschichte, Ordensgeschichte (besonders Dominikaner); Diplomatik; Kodikologie, mittelalterliche Kampfkünste.
Reeta Kangas, University of Turku, Finland
Milking the Cow: Domesticated Animals in Soviet Political Cartoons, 1965 – 1982
Cow, dog, swine, chicken — visual propaganda frequently uses animal symbolism to describe the enemy’s nature. This is the case also with Soviet political cartoons, which had a significant role within the country’s propaganda machine. This paper uses the Soviet cartoonist trio Kukryniksy’s work published in the Communist Party newspaper Pravda during 1965–1982 to examine the ways in which animal symbolism was used to characterise the enemy and further the gap between the Soviet sphere and the West.
The relationship between humans and their domesticated animals is a special one. Therefore this paper analyses the ways in which domesticated animals were used in Soviet political cartoons to create ridicule and hostility towards the ideological enemy, as well as, by contrast, to promote the Soviet ideology. Different animal symbols communicated different ideas of the enemy country’s nature to the audience. They were used within varying cultural frameworks to manipulate the readership's views on the Cold War and the nature of the enemy. This reveals some of the mindsets in which humans regard other animals and project certain human-invented attributes and characteristics to them.
With the use of animal symbolism the Soviet propaganda machine attributed to the enemy the characteristics of the specific animal in question. Thus, for example, when the enemy was depicted as somebody’s lapdog, the audience understood the relation between these two to be one of a master and a dog; the dog being eager to please its master. In this context we can see how the Soviet propagandists used animals that in the nation’s mind had certain attributes and characteristics that could be used to describe a person’s or nation’s nature. Furthermore, it examines the different characteristics that are attached to various domesticated animals.
Reeta Kangas is PhD student in Russian Studies, University of Turku, Finland; expected graduation 2015. Thesis: Cartoon Fables. Animal Symbolism in Kukryniksy’s Political Cartoons Published in Pravda 1965–1982.
Julia Kerscher, University of Tübingen, Germany
Der Kakadu und die unerhörte Begebenheit. Tier-Mensch-Relationen in den Porträts des Bürgertums bei Theodor Fontane und Martin Mosebach
Die Geschichte spielt im besitzbürgerlichen Milieu, sie erzählt von Lust am Exotischen, handelt von Ehebruch, mündet in den Niedergang einer Familie und in ihrem Zentrum sitzt ein Kakadu. Ökonomie, Exotismus, Sexualität und ein gefiedertes Haustier sind die Parameter, welche Fontanes L’Adultera und Mosebachs Was davor geschah strukturieren. Das Projekt geht der Frage nach, welche Rolle Tieren bei der Konstitution des bürgerlichen Subjekts zukommt und welchen Wandel die Narrativierung und Bewertung dieser Rolle vom 19. bis zum 21. Jahrhundert erfahren hat. In L’Adultera wird der Umgang mit Ziervögeln als Integral des Aufwachsens und Lernens der Kinder in der „Thiergartenvilla“ vorgestellt und die gleichzeitige Domestizierung dieser Tiere geschildert. Dieses Verhältnis (scheinbar) wechselseitiger Erziehung von Mensch und Tier wird vom literarischen Diskurs jedoch in einer Weise kommentiert, die das Tier lediglich als Funktionsträger der literarischen Verständigung zwischen Text und Leser instrumentalisiert: Die Rotkäppchen, Tauben, Sperlinge und Schwalben schwirren als Inkarnationen ihrer symbolischen Bedeutungen durch den Text, die Rolle des Falken übernimmt ein Besuch im Palmenhaus. Was davor geschah nimmt eine unentschiedene Haltung zu solch einer anthropozentrischen Ästhetik ein. Der Text inszeniert eine Beobachtungsanordnung, die den Vogel im Käfig als das beobachtende Subjekt und die Menschen als die Gegenstände seiner Schau setzt. Der Kakadu ermöglicht und verhindert sexuelle Begegnungen der Menschen, er ist in seinem Verhalten als Akteur im Sinne der Theorie Latours zu beschreiben. Auch die anderen Tier-Mensch-Verhältnisse funktionieren nach dem Prinzip des kulturstiftenden Tiers: So wird etwa der Gesang namhafter Operndiven als am Gesang der Nachtigall orientiert beschrieben oder das „Erziehungsprogramm“, welchem die Tigerkatze Silvi unterzieht, erörtert. Weiterhin durchziehen den Text Geschlechterzuschreibungen, die sich mit Donna Haraway als Auflösung nicht nur der Dichotomie von Mensch und Tier, sondern auch von Mann und Frau lesen lassen. Während der Vergewaltigung durch Salam erfährt sich Rosemarie als Eichhörnchen im Hals einer Schlange sowie als Fisch, der gerade zerlegt wird. Diesem aus der Perspektive einer literaryanimalstudy sehr avancierten Narrativ stehen jedoch einige Widerstände entgegen: Zunächst fällt auf, dass fast ausschließlich die Grenze zwischen Frau und Tier ins Wanken gerät, die zwischen Mann und Tier dagegen stabil bleibt. Dieser Dominanz der männlich-menschlichen Ordnung entspricht auch die extreme Anthropomorphisierung der Tiere. Wenn der Kakadu sich den blauschwarzen Füßen nähert, ist es, als sehe er auf seine Armbanduhr – derartige Interpretationen nach menschlichen Verhaltensmustern stellen sich in einen spannungsreichen Kontrast zu den Reflexionen über das Bewusstsein der Tiere und deren Inszenierung als kulturelle Agenten. Dass diese anthropozentrische Matrix den Diskurs in Was davor geschah beherrscht, ist kein Zufall. Denn in diesem „Gesellschaftsroman“ des 21. Jahrhunderts ist das Tier ein Luxusgegenstand, ein Prestigeobjekt, das als „lebendes Kunstobjekt“ den sozialen Status seines Besitzers reflektieren soll.
Julia Kerscher M.A.: 2003-2009 Studium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft, Allgemeinen und vergleichenden Literaturwissenschaft und der Religionswissenschaft; 2009-2011 Stipendiatin der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg; WS 2012/13 bis SoSe 2013 Vertretung einer Juniordozentur an der Eberhard Karls Universität Tübingen; Arbeit an einer Promotion zum Dilettantismus (Karl Philipp Moritz, Carl Einstein, Thomas Bernhard).
Kurt Kotrschal, University of Vienna, Austria
Überbewertete Artgrenzen: Warum Menschen mit anderen Tieren soziale Beziehungen eingehen können
Warum sind moderne Menschen daran interessiert, mit Kumpantieren zu leben und können dies auf der Beziehungsebene tatsächlich auch? Aufgrund ihrer evolutionären Vergangenheit als großhirnige Jäger und Sammler sind Menschen generell biophil. Der artvergleichende Ansatz der organismischen Biologie zeigte eine Reihe grundlegender Strukturen und Funktionen des Verhaltens, der Physiologie und des Gehirns, die im zwischenartlichen Sozialkontakt relevant sind, und die zwischen Menschen und anderen Tieren geteilt werden. Entweder weil diese im Laufe der Evolution konservativ beibehalten wurden, und daher zwischenartlich nicht nur homolog und meist sogar funktionsähnlich blieben, oder weil sie bei diversen Verwandtschaftsgruppen konvergent, also parallel, aus unterschiedlichen Vorläuferstrukturen, im identischen Funktionskontext entstanden. Zu den herkunftsgleichen sozialen Hirneilen zählt etwa das über 450 Millionen Jahre konservativ erhaltene „Soziale Netzwerk des Gehirns“, welches von Fisch bis Mensch für die grundlegende Steuerung des sozio-sexuellen Verhaltens zuständig ist. Die gemeinsamen Stresssysteme und gleichartige Prinzipien der Individualentstehung und der Variabilität von Persönlichkeit bei den unterschiedlichsten Tierarten sind weitere Faktoren, welche die Kommunikation und sogar das Sozialisieren zwischen den Arten ermöglichen. Dies bedeutet auch, dass eminent psychologische Phänomene, wie Bindung, Attachment, Fürsorgeverhalten und ganz generell, die Werkzeuge für das Management sozialer Beziehungen biologisch grundgelegt sind. Menschen teilen mit anderen Tieren also das grundlegende soziale Gehirn und zentrale Teile der sozialen Physiologie, was uns zwischenartliche Sozialbeziehungen auf Basis von emotionaler Kongruenz und wechselseitiger Empathie erlaubt.
Kurt M. Kotrschal, Mag.rer.nat., Prof. Dr., geboren 1953 in Linz, Studium der Biologie an der Universität Salzburg, 1981 Promotion, 1987 Habilitation und 1976-1981 an der Univ. Salzburg, Forschungsaufenthalte an den Universitäten Arizona und Colorado, USA. Arbeiten zur Evolution der Fische und zur Funktion von Sinnes-und Nervensystemen. Seit 1990 Leiter der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Ethologie in Grünau/Oberösterreich (www.klf.ac.at) und Professor am Department für Verhaltensbiologie, Fakultät für Lebenswissenschaften, Universität Wien. Mitbegründer des Wolfsforschungszentrums (www.wolfscience.at), Leiter einer Arbeitsgruppe Mensch-Tierbeziehung an der Universität Wien (http://mensch-tier-beziehung.univie.ac.at); Präsident des IEMT und des Vereins Schulhund.at. Forschung an hormonalen, kognitiven und energetischen Aspekten sozialer Organisation und an Mensch-Tierbeziehung. Publiziert auch zu gesellschaftlichen Aspekte von Wissenschaft. Etwa 200 wissenschaftliche Beiträge in Fachzeitschriften, Buchbeiträge und Bücher.
Erwin Lengauer, University of Vienna, Austria
30 Jahre The Case for Animals Rights von Tom Regan. Grundzüge einer Rezeptionsgeschichte im Kontext aktueller normentheoretischer Begründungsdiskurse von Rechten für nichtmenschliche Tiere
Wichtige philosophische Vorarbeiten zum Begriff Animal Rights finden sich bereits den Arbeiten des britischen Intellektuellen und politisch engagierten Humanisten Henry Salt, der von 1851-1939 lebte. Neben seinem Werk Animals' Rights. Considered in Relation to Social Progress von 1892, verfasste H. Salt 1899 erstmals – vgl. C. Magel (1989:9) – in einem philosophischen Fachjournal einen Artikel zum Thema The Rights of Animals. H. Salts Ansätze bleiben jedoch innerhalb der akademischen Philosophie bis in die Gegenwart weitgehend unbeachtet. Eine der ganz wenigen Ausnahmen bietet die präzise Dissertation von A. Flury 1999 und Hinweise in Peter Singers Animal Liberation. Relativ wenig Beachtung findet auch die weltweit erste Verteidigung von Rechte für Tiere durch einen Fachphilosophen, nämlich durch Leonard Nelson, einem Neokantianer und Sozialisten der nur von 1882 bis 1927 lebte. Erst durch die Übersetzung seines relevanten Werkes im Jahr 1956 und durch R. G. Frey kritische Auseinandersetzung ab 1979 wurde Nelson Konzept für Tierrechte systematisch reflektiert. Jedenfalls finden sich bis 1974 in der weltweit wichtigsten Datenbank für Philosophie, dem Philosophers Index – philindex.org nur fünf Einträge die als Randthema Animal Rights erwähnen.
Erst mit der Publikation von P. Singers seither meistzitierten tierethischen Aufsatz All Animals are Equal im Jahr 1974 und dem utilitaristisch konzipierten Klassiker Animal Liberation im Jahr 1975 beginnt die moderne Debatte um Tierbefreiung und Tierrechte. T. Regan publiziert im folgenden Jahr 1976 weltweit seit H. Salt die zwei ersten philosophischen Animal Rights Fachaufsätze und editierte weiters mit P. Singer den ersten akademischen Sammelband, der den Begriff Animal Rights im Titel führt. Ein weiteres Jahr und das erste internationale universitäre Symposium zum Thema Animal Rights findet im August 1977 am Trinity College in Cambridge statt. Peter Singer bemerkt wohl berechtigt im Vorwort des 1979 erschienen Bandes Animals’ Rights - A Symposium, diese Veranstaltung könnte von Historikern in hundert Jahren als der offizielle Beginn der modernen akademischen Tierrechtsbewegung datiert werden, vgl. H. Guither (1998), L. Finsen (1994). M. Roscher (2009), R. Garner (1996, 2002, 2005), K. Petrus (2013). In den wenigen Jahren seit Veröffentlichung von Animal Liberation bis zur Publikation von The Case for Animal Rights – in weiterer Folge abgekürzt als CFAR – im Jahr 1983, erhöhte sich die Anzahl der im Philosophers Index erfassten Treffer zu Animal Rights von genannten fünf auf etwas über 100 Einträge. Bis Mitte 2013 finden sich je nach Suchmodus nun sogar zwischen 600 bis über 900 relevante Treffer. Der Begriff Animal Liberation konnte sich bis zum heutigen Tag mit knapp 100 Treffern vergleichsweise nur bescheiden im akademischen Diskurs etablieren, eine besonders nennenswerte Ausnahme findet sich im Forschungsband Critical Theory and Animal Liberation von J. Sanbonmatsu (2011). Den gerade die durchaus versöhnliche Diagnose von T. Regan (2001:37) „... animal liberation is the goal for which the philosophy of animal rights is the philosophy“ unterstreicht für viele Theoretiker die philosophische Bedeutung des Konzepts von Rechte für Tiere. Während insbesondere Vertreter der Transzendentalphilosophie wie z. B. J. Rickaby (1976), D. Ritchie (1976), C. Krijnen (1999) Argumente von Rechte für (nichtmenschliche!) Tiere als prinzipiell „absurd“ zurückweisen, nehmen es viele (Rechts)philosophen in der analytischen Tradition etwas entspannter. Der Vollständigkeit halber sei jedoch auch auf das aktuelle pro Tierrechte Konzept der prominenten Kantianerin C. Korsgaard (2012) verwiesen. Jedenfalls verteidigte bereits 1974 J. Feinberg als einer der führenden amerikanisch analytischen Rechtsphilosophen in den grundlegenden Artikel The Rights of Animals and Unborn Generations den speziesneutralen Zusammenhang von Interesse und Rechte. Für die Rechtsphilosophin H. Silverstein (1996) steht J. Feinberg – mit T. Regan und P. Singer - am Beginn durch wie sie es nennt „Unleashing Rights“ einen grundlegenden normativen Wandel von der herkömmlichen Tierschutzbewegung zur Tierrechtsbewegung theoretisch auf sichere argumentative Fundamente zu stellen. Ein Teil dieser inzwischen hoch ausdifferenzierten Debatte versucht dies durch verstärkte Anknüpfung an klassisch kontraktualistische Konzepte wie M. Rowlands (1997, 2009). Anderseits zeigt sich erstmals die argumentative Bandbreite in der besonders umfangreichen Anthologie zu Animal Rights von C. Palmers (2008), publiziert in der renommierten Reihe The International Library of Essays on Rights, vgl. E. Lengauer (2009, 2010a).
Begründungstheoretisch interessant sind weiters die verstärkt wissenschaftlich akzeptierte speziesneutrale Definition von Rechte in der Rechtsphilosophie, vgl. M. Kramer (2001), C. Wellmann (1999). T. Beauchamp (1997, 2011), S. Sapontzis (2008) und P. Koller (2007:86) Danach ist ein Recht, ganz allgemein genommen, eine normative Position ... (2007:87) Dessen ungeachtet ist jedoch allen Rechten eine bestimmte Form gemeinsam, die man als ihre elementare Grundstruktur bezeichnen kann. Jedes Recht, gleichgültig was es im einzelnen bedeuten mag, hat die Form eines dreistelligen Relationsprädikats mit den folgenden variablen Komponenten: (1) dem Subjekt oder Inhaber, (2) den Adressaten und (3) dem Inhalt oder Gegenstand des Rechts.
Abschließend noch der Hinweis den Begriff Animal Rights auch verstärkt in den angewandten rechtsethischen Diskurs einfließen zu lassen. Dies zeigt sich z. B. in den Sammelband von C. Sunstein und M. Nussbaum mit führenden Rechtswissenschaftern. C. Sunstein gehört nicht nur zu den meistzitierten Juristen der USA sondern auch als Aushängeschild moderner rechtstheoretischer Ansätze. Für den deutschsprachigen Raum sei auf die spannenden Arbeiten von S. Stucki (2012) und Raspe (2013) verwiesen. Im Zentrum der Kritik steht daher nach der vielzitierten Meinung von M. Warren (1986) eine bestimmte Form der inhaltlich besonders „starken“ Form von Tierechten, die z. B. G. Francione (2000) vertritt und nicht mehr das prinzipielle Konzept normative Ansprüche durch moralische und juristische Rechte für (nichtmenschliche) Tiere zu sichern.
Erwin Lengauer, Mag. phil., geboren 1965 in Zell am See/Salzburg. Nach einer Schreinerlehre und Abendgymnasium im Jahr 1984 Beginn eines Theologiestudiums mit Studienaufenthalten in europäischen Klöstern christlicher und buddhistischer Weltanschauung. 1989 in Wien Studium der Fächer Philosophie/Wissenschaftstheorie und Soziologie; Zweitstudium Rechtswissenschaft. 1997 Sponsion in Wien zum Mag. phil. mit der Arbeit „Die Philosophie der Tierrechtsbewegung im deutschsprachigen Raum“. 1999-2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter des BMBWK- Forschungsprojekts: „Vernetzung und Dokumentation der Ethikforschung - Grundlagen zur Errichtung einer österreichischen Bioethikkommission“. Seit 2003 Assistent an der Forschungsstelle für Ethik und Wissenschaft an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien. Forschungsaufenthalte in Großbritannien, Australien und USA mit Schwerpunkt Bioethik und Rechtstheorie. Derzeit Abschluss einer Doktorarbeit zum Thema „Säkular-analytische Bioethik im Kontext aktueller Tierschutz- und Tierrechtsdiskurse. Homepage: http://ethik.univie.ac.at/lengauer/.
Günter Lierschof, artist, Innsbruck, Austria
Lecture Performance:
TIERE IN DER KIRCHE: „ein Versprechen auf Überzeitlichkeit“
Leider ist es so, dass wir alle faule Schweine und geile Böcke sind, du dich wie ein Ochs verhältst, sie eine dumme Gans und zickig ist, ich der Esel, der überall seine Nase reinsteckt.
All die, die naiv von Tier-Mensch-Beziehung sprechen und meinen, damit etwas gesagt zu haben. sind blökende Schafe, die vom Adler ergriffen und von mir, dem Border Colli, gezwickt werden, denn sie kenne den Weg nicht.
Ja, ja, da lass ich euch nicht aus, euch, die ihr Tier und Mensch in eine Zeile schreibt, um dann zu vergleichen, ihr, die ihr meint, die Lösung gefunden zu haben, indem ihr den Menschen zum Tier macht, oder ihr, die ihr ausspuckt, wenn ihr das Tier zum Menschen macht.
Alle diese Kröten-Löcher, die uns nächtefüllend quakend den Schlaf rauben, werden wir am Tage aufsuchen und sie trocken legen, auf dass ein anderes Tier uns den Schlaf rauben möge - denn die Nacht zu wachen ist gut!
Meint ja nicht, ihr könntet bei mir Klarheit, Klugheit oder Wissen erlangen, meine Aufgabe ist zu verwirren, damit dieses dumme Eins-zu-Eins-Fragen aufhört.
Alle klebrigen Ruten, die mit Pech bestrichen sind, breche ich ab, denn sie wollen euch muntere Vögel nur fangen. Ich aber fange euch mit dem süßen und bitteren Honig des Versprechens.
Ich führe Hirsche und Esel in die Kirche, die mehr über den Glauben sagen können als Bischöfe.
Ich führe euch den Frosch am Kreuz vor, dessen Quaken Himmel eröffnet.
Ich führe euch den Maulesel vor, der seinen eigenen Leichnam hinter sich herschleppt
und nicht verzeihen kann.
Führe vor, wie Denken im Sprechen zur Sprache kommt.
Günter Lierschof, Performancekünstler, Autor der „Devotionalien für eine bessere Welt“. Ehemals Schüler und Mitarbeiter von Joseph Beuys und Bazon Brock, heute Devotionalienhändler, Wünschelrutenläufer mit Freisprechveranlagung.
bisherige Aufführungen:
16. April 2013
Denkerei Berlin, zum Thema Kunstreligion, mit Bazon Brock und Wolfgang Ulrich
11. Juni 2013
Spiegelsaal des Palais Pfeiffersberger Innsbruck
Veranstaltung des Turmbundes
24. Oktober 2013
Soundcheck Philosophie, mit der Martin Luther Unversität, Halle an der Saale
15. November 2013
Theologische Fakultät der Universität Innsbruck, Mariensaal
Vorschau:
06.Februar 2014
„Human-Animal Studies Confernce“ Universität Innsbruck
22. März 2014
Denkerei Berlin
Johann Lughofer, University of Ljubljana, Slovenia
Repräsentation von Tieren bei Erich Fried
Nur wenige Autoren beschäftigen sich so intensiv mit Tieren wie der Schriftsteller und Übersetzer Erich Fried, so dass Elias Canettis Diktum vom Schriftsteller: »Er denkt in Tieren, wie andere in Begriffen.« auf ihn vollkommen zutrifft. Dabei werden Tiere auf verschiedenste Weise repräsentiert. Einerseits treten sie in traditonellen kulturellen und symbolischen Funktionen – bis hin zum Stile der Fabel – auf, andererseits bricht Fried mit diesen eingefahrenen Deutungsmustern. Wie bei Frieds Bezugsgrösse Kafka werden Tierfiguren sogar zur Veranschaulichung neuer unbekannter Denkrichtungen eingesetzt. Dabei wendet sich Fried aber stets gegen jegliche überhebliche Einstellung, welche den Menschen über die Tiere stellt und den Tieren ihre Rechte und Interessen abspricht. Die Repräsentationen der Tiere im Werk Frieds werden im Detail analysiert, kategorisiert und interpretiert.
Johann Lughofer ist Dozent an der Deutschabteilung der Filozofska Fakulteta Ljubljana, Slowenien.
Raija Mattila and Helena Liemola, University of Helsinki, Finland
Care of Animals in Ancient Mesopotamia
The ancient Mesopotamian cuneiform texts belong to the earliest written sources concerning the relationship between humans and animals. This paper will discuss the evidence of medical treatment and care of animals in Mesopotamia and study how this reflects the attitudes of the ancients towards animals and their value to the society.
Veterinarian is known as a profession in Mesopotamia already circa 2500 BC and the law code of Hammurapi (circa 1750 BC) includes stipulations concerning the surgical treatment of oxen and donkeys by a veterinarian. Law codes also describe injuries caused to and by animals rented for working the fields and further information sick on animals can be gathered from letters. Horses were highly valued and the most sophisticated texts concern the care of horses. A medical recipe collection even includes two recipes for the treatment of bloat among recipes for human patients.
The care and treatment of animals is in the very core of the human-animal relationship. Finding the balance between taking care of the sick and infirm animals on one hand and securing economic and societal interests on the other is a question that has not lost its importance.
Raija Mattila is researcher, The Intellectual Heritage of the Ancient Near East Project, Academy of Finland/University of Helsinki and Head of Assyriology, University of Helsinki.
Helena Liemola is veterinarian, currently working on my MA thesis with the subject of animal husbandry and veterinary medicine in the ancient Mesopotamia.
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