Sprachfamilie Der Begriff Sprachfamilie bezeichnet eine Einteilung von Sprachen aufgrund gemeinsamer Herkunft. Das heißt, eine Sprachfamilie ist eine genetische Einheit und stammt von einer gemeinsamen Vorgängersprache ab (auch Protosprache, Ursprache, Gemeinsprache, Grundsprache genannt). Die erste solche genetische Einheit, die in der Geschichte der abendländischen Sprachwissenschaft erkannt wurde, ist die Gruppe der Romanischen Sprachen, die sich allesamt aus dem Lateinischen herleiten. Das Lateinische ist jedoch seinerseits wieder Mitglied einer größeren Familie, den indogermanischen Sprachen. Bei diesen großen Sprachfamilien im eigentlichen Sinn ist wegen der großen zeitlichen Tiefe der Entwicklung eine Ursprache in der Regel nicht dokumentiert, Eigenschaften der Ursprache lassen sich dann aber durch systematischen Vergleich der Einzelsprachen bis zu einem gewissen Grade rekonstruieren. Dies ist zum Beispiel bei den indogermanischen Sprachen sehr weitgehend gelungen.
Mit den genetischen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Sprachen befasst sich die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft. Werden Sprachen nicht nach Verwandtschaft, sondern nach Ähnlichkeiten im Sprachbau als solchem eingeteilt, so ist dies hingegen das Gebiet der Sprachtypologie. Sprachfamilien sind also von Sprachtypen zu unterscheiden.
Die Begriffe genetische Einheit und Sprachfamilie werden von manchen Forschern synonym verwendet. Andere verstehen Sprachfamilien als maximale genetische Einheiten. Das in der Einleitung bereits genannte Indogermanische ist eine Sprachfamilie und eine genetische Einheit von Sprachen, die auf eine gemeinsame Vorgängersprache, das Protoindogermanische, zurückgeführt werden können. Die romanischen Sprachen bilden innerhalb des Indogermanischen eine genetische Einheit, da sie alle vom Lateinischen abstammen. Streng genommen bilden die romanischen Sprachen keine Sprachfamilie, da sie zu einer umfassenderen Einheit, der indogermanischen Sprachfamilie gehören. Dennoch wird allgemein von der Familie der romanischen Sprachen gesprochen.
Manche Forscher betrachten eine genetische Einheit oder Sprachfamilie nur dann als etabliert oder „bewiesen“, wenn zwischen ihren Mitgliedern regelmäßige Lautentsprechungen nachzuweisen sind (z. B. die bekannten Lautverschiebungen vom Indogermanischen zu den germanischen Sprachen). Andere Forscher (z. B. J. Greenberg) konstruieren Sprachfamilien vor allem durch umfassende lexikalische und morphologische Vergleiche, zu denen möglichst viele Sprachen eines Gebiets oder sogar Kontinents herangezogen werden (siehe Lexikalischer Massenvergleich).
Es gab und gibt immer wieder Versuche, die einzelnen etablierten Sprachfamilien weiter zu größeren Einheiten, den sogenannten Makrofamilien zusammenzufassen (z. B. Nostratisch, Eurasiatisch, Dene-Kaukasisch). Diese Versuche waren aber bisher in keinem Fall so überzeugend, dass sie von einer Mehrheit der Forscher anerkannt worden wären.