Buben erfreut sich aber kariesfreier Milchgebisse (d
3
mft = 0). Das bedeutet, dass die
tatsächlich von Karies Betroffenen viel mehr kariöse Milchzähne haben. In der Gruppe
der Kinder mit Karieserfahrung verdoppelt sich gegenüber allen Kindern der kariöse
Flächenbefall (d
3
mfs-Wert) und bei den Kindern mit Behandlungsbedarf steigt die
Kariesprävalenz sogar auf 146 Prozent (vgl. Tabelle 3.7).
Tabelle 3.7:
6- bis 7-Jährige – dmfs-Index, alle Kinder, Kinder mit Karieserfahrung, Kinder mit
Behandlungsbedarf
Diagnose
Alle Kinder
Kinder mit Karieserfah-
rung (d
3
mft>0)
Kinder mit Behand-
lungsbedarf (d
3
t>0)
Kariöse Flächen (d
3
s)
2,8
5,8
8,5
Fehlende Flächen (ms)
1,1
2,4
2,3
Gefüllte Flächen (fs)
1,1
2,3
1,7
d
3
mfs
5,1
10,5
12,5
Kariesvorstufen (d
1+2
s)
1,4
2,3
2,8
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Die dmfs-Werte geben lediglich Auskunft über die durchschnittliche Anzahl kariöser
Milchzahnflächen pro Kind. Von großem Interesse für Präventionsprogramme ist aber
die Verteilung von Karies, um zu erkennen, welche Kinder besonderer Betreuung
bedürfen.
Da den größten Anteil am d
3
mfs bei den Sechsjährigen die unbehandelten Kavitäten
(d
3
s-Läsionen) ausmachen (55 %), wird in der vorliegenden Analyse der Grad der
Polarisierung anhand der Verteilung dieser Diagnose dargestellt.
Gut zwei Drittel der untersuchten Buben und Mädchen haben entweder ein kariesfreies
Milchgebiss (52 %) oder ihre kariösen Zähne sind bereits saniert (15 % vgl. Abbildung
3.1). Bei diesen Kindern ist der d
3
s-Wert null. Das heißt, dass die Gesamtheit der in der
Erhebung diagnostizierten Kavitäten nur ein Drittel (33 %) der Sechsjährigen betrifft.
Das bedeutet weiter, dass
ein relativ kleiner Prozentsatz der erhobenen Kinder an der
gesamten Last unbehandelter, kavitierter Milchzähne (d
3
t-Werte) leidet
.
Abbildung 3.4 veranschaulicht die Verteilung kavitierter Milchzahnflächen (d
3
s). Im
Durchschnitt zeigen die Sechsjährigen 2,8 d
3
-Flächen (vgl. Tabelle 3.7). Über diesem
Durchschnittswert liegen 22 Prozent der Erhobenen (> 3 d
3
-Flächen). Rund 9 Prozent
Kapitel 3 / Ergebnisse
21
der Kinder haben mehr als 10 sanierungsbedürftige Flächen im Gebiss und rund
6 Prozent zeigen in ihren Milchgebissen mehr als 15 unbehandelte kariöse Zahnflä-
chen. Bei den Sechsjährigen besteht somit eine deutliche Polarisierung hinsichtlich
sanierungsbedürftiger Milchzahnkaries.
Abbildung 3.4:
6- bis 7-Jährige – Anzahl unbehandelter kariöser Milchzahnflächen (d
3
s) und Kinder in
Prozent
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Migrantenkinder sowie jene Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstatus leiden
überdurchschnittlich häufig an nicht sanierten Milchzähnen. In der Gruppe der Kinder
mit Migrationshintergrund und bei Kindern von Eltern ohne Matura steigt der mittlere
d
3
s-Index verglichen mit dem Durchschnitt der Sechsjährigen auf beinahe das Doppel-
te an (Mig: von 2,8 auf 5,5; ohne Matura: 2,8 auf 5,2).
SiC-Index
Der Significant Caries Index stellt eine Ergänzung des D
3
MFT/d
3
mft-Index dar. Dieser
von der WHO
eingeführte Score wird berechnet, indem man für das Drittel der Popula-
tion mit den höchsten D
3
MFT/d
3
mft-Werten den Mittelwert bildet. Somit lenkt der SiC-
Index die Aufmerksamkeit auf die Kariesrisikogruppen, deren D
3
MFT/d
3
mft-Werte den
mittleren D
3
MFT/d
3
mft-Wert der gesamten Studienpopulation deutlich überschreiten.
0
10
20
30
40
50
60
70
0
1
2
3
4
5
6 bis 10 11 bis 15
>15
Ki
nd
er
d3s
22
© GÖG/ÖBIG, Zahnstatus 2011 bei Sechsjährigen
Die in der Gruppe der Migrantenkinder sowie auch in der Subgruppe der Kinder von
Eltern ohne Matura errechneten SiC-Indexwerte (vgl. Abbildung 3.5) übertreffen den
dreifachen d
3
mft-Mittelwert der Sechsjährigen (d
3
mft = 2,1). Die dargestellten Ergeb-
nisse zum SiC-Index bekräftigen somit den großen Einfluss sozioökonomischer
Faktoren auf die Kariesaktivität bzw. das stark erhöhte Kariesrisiko bei Migrationshin-
tergrund und geringem Bildungsstatus der Eltern.
Abbildung 3.5:
6- bis 7-Jährige – SiC-Index, alle Kinder, nach Geschlecht, nach Migrationshintergrund
und Bildung der Eltern
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
3.1.4
Sanierungsgrad
Ein ganz wichtiger Parameter in der Kariesepidemiologie ist der Sanierungsgrad (Care
Index Percentage). Er erlaubt Rückschlüsse auf die zahnärztliche Inanspruchnahme
bzw. gibt das Ausmaß der zahnärztlichen Versorgung in der untersuchten Bevölke-
rungsgruppe an. Der Sanierungsgrad wird durch den prozentuellen Anteil an gefüllten
Zähnen bzw. Flächen (ft/fs) am gesamten d
3
mft/d
3
mfs zum Ausdruck (ft dividiert
durch d
3
mft bzw. fs dividiert durch d
3
mfs) gebracht.
5,3
5,1
5,4
3,6
7,4
3,6
7,4
0
2
4
6
8
Alle Kinder
Mädchen
Buben
Ohne Mig
Mig
Matura
Ohne Matura
Kapitel 3 / Ergebnisse
23
Abbildung 3.6:
6- bis 7-Jährige – Sanierungsgrad in Prozent, alle Kinder, nach Geschlecht,
Migrationshintergrund und Bildung der Eltern
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Der Sanierungsgrad auf Basis des d
3
mft-Index beträgt bei den untersuchten Sechsjäh-
rigen nur 40 Prozent und auf Flächenebene errechnet sich ein Sanierungsgrad von
lediglich 38 Prozent (vgl. Abbildung 3.6). Das bedeutet, dass über die Hälfte (60 %) der
in der Erhebung diagnostizierten kariösen Kinderzähne nicht zahnärztlich behandelt
ist. Dieses Ergebnis ist umso unbefriedigender als die DGZMK (Deutsche Gesellschaft
für Zahn-Mund- und Kieferheilkunde) in ihrer Stellungnahme einfordert, dass Milch-
zähne aus kieferorthopädischer Sicht als Platzhalter solange gesund erhalten bleiben
sollen, bis der problemlose Durchbruch der „Nachfolger-Zähne“ gesichert ist. Bei
vorzeitigem Milchzahnverlust sollen die möglichen negativen Folgen für die Zahn- und
Gebissentwicklung bedacht werden.
Deutlich unter dem Österreich-Durchschnitt liegt die Behandlungbereitschaft für
kariöse Milchzähne bei Kindern mit Migrationshintergrund und jenen Kindern, deren
Eltern ein niedriges Bildungsniveau aufweisen (vgl. Abbildung 3.6). In diesen Untersu-
chungsgruppen sind drei Viertel (Mig) bzw. zwei Drittel (ohne Matura) der von akuter
Karies befallenen Milchzähne nicht behandelt.
40
42
38
50
27
48
31
38
40
36
48
25
47
29
0
10
20
30
40
50
60
Alle Kinder Mädchen
Buben
Ohne Mig
Mig
Matura
Ohne
Matura
ft/d3mft
fs/d3mfs
24
© GÖG/ÖBIG, Zahnstatus 2011 bei Sechsjährigen
3.1.5
Spezifische Ergebnisse
Die folgenden Abschnitte beinhalten spezielle Ergebnisse zur Karieserfahrung, wie
Größe und Umfang der offenen Dentindefekte, Füllungsmaterialien und Versiegelun-
gen.
Größe und Umfang der akut behandlungsbedürftigen Kariesläsionen
Die Bewertungsskala des ICDAS-II-Systems liefert auch Information hinsichtlich der
Größe und des Umfangs der behandlungsbedürtigen kariösen Dentindefekte (d
3-
Läsionen). Solche Auskünfte dienen vor allem der Evaluierung prophylaktischer Maß-
nahmen bzw. der zahnärztlichen Versorgung.
Abbildung 3.7:
6- bis 7-Jährige – behandlungsbedürftige Läsionen (d
3
-Läsionen) in Prozent, alle
Kinder, nach Geschlecht, Migrationshintergrund und Bildung der Eltern
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Die kariösen Milchgebisse der Sechsjährigen weisen vor allem „ganz große kariöse
Löcher“ auf, die gleich mehrere Zahnflächen umfassen (extensive cavity). Ihr Anteil am
d
3
t-Index beträgt 59 Prozent (mehr als die Hälfte). 31 Prozentanteile fallen auf her-
kömmliche einflächige Kavitäten und 9 Prozent betreffen jene Läsionen mit Dentinka-
ries, bei welchen an der Oberfläche nur ein ganz kleiner Defekt zu sehen ist, während
aus darunter liegenden kariösen Schichten ein dunkler Schatten an die Oberfläche
0
10
20
30
40
50
60
70
Alle
Kinder
Mädchen Buben Ohne Mig Mig
Matura
Ohne
Matura
Underlaying gray shadow
Einflächige Kavität
Mehrflächige Kavität
Kapitel 3 / Ergebnisse
25
durchscheint (Underlaying gray shadow). Zwischen soziodemografischen Kriterien und
Umfang der Kavitäten zeichnet sich keine ausgeprägte Korrelation ab (vgl. Abbildung
3.7). Diesem Ergebnis ist zu entnehmen, dass
kariöse Milchzähne nicht – wie lege artis
empfohlen - in frühen Karies-Stadien gefüllt werden, sondern dass die zahnärztliche
Behandlung hinausgeschoben wird und Dentinkaries sich an den kariösen Zähnen
weiter ausbreitet.
Füllungsmaterialien
Abbildung 3.8:
6- bis 7-Jährige – Füllungsmaterialien in Prozent, alle Kinder, nach Geschlecht,
Migrationshintergrund und Bildung der Eltern
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Die moderne Zahnmedizin fordert kavitierte Milchzähne mit Composites (Kunststoff)
frühzeitig zu füllen. Die erhobenen Sechsjährigen hatten durchschnittlich 1,1 gefüllte
Milchzahnflächen in ihren Milchgebissen. Abbildung 3.8 zeigt, welche Füllungsmate-
rialien die behandelnden Zahnärzte und Zahnärztinnen dabei verwendet haben. Mehr
als die Hälfte (62 %) der „gelegten“ Füllungen weisen - nach State oft the Art – Compo-
sites auf. Der Anteil an Amalgam-Füllungen an allen Füllungen macht österreichweit
aber immerhin noch 30 Prozent aus. Ganz kleine Füllungen (frühzeitige Behandlung)
sind bei den Sechsjährigen nur selten zu finden (nur in 2 % der mit Füllungen versehe-
nen Milchzähne). Markante soziodemografisch bestimmte Einflüsse auf die verwende-
ten Füllungsmaterialien sind in den in Abbildung 3.8 angeführten Zahlenwerten nicht
zu finden.
0
10
20
30
40
50
60
70
Alle Kinder Mädchen
Buben Ohne Mig
Mig
Matura
Ohne
Matura
Kleine Füllungen
Unbekannt
Amalgam
Zemente
Composite
26
© GÖG/ÖBIG, Zahnstatus 2011 bei Sechsjährigen
Fissurenversiegelungen
Die Kauflächen von Sechsjahresmolaren mit tiefem Fissurensystem können nach dem
Durchbruch mit einer Kunststoffschicht versiegelt werden, damit sie bei entsprechend
sorgfältiger Mundhygiene gut vor Karies geschützt sind. Präventiv versiegelte Kauflä-
chen sind in der f-Komponente des d
3
mfs-Index aber nicht berücksichtigt, da davon
ausgegangen wird, dass die mit einer Versiegelung versehenen Zahnflächen noch ganz
gesund (kariesfrei) sind.
Prophylaktisch versiegelte Backenzähne haben Sechsjährige in Österreich nur ganz
selten. Lediglich rund zwei Prozent der untersuchten Mädchen und Buben verfügen
über mindestens eine versiegelte Kaufläche an den Backenzähnen. Im Durchschnitt
zeigen die Sechsjährigen 0,1 versiegelte Backenzähne. Da aber die Kinder durch-
schnittlich schon über rund sechs bleibende Backenzähne verfügen, deren Kauflächen
präventiv versiegelt sein könnten, weisen die Auswertungen auf einen sehr niedrigen
Versiegelungsgrad bei den Sechsjährigen hin. In Deutschland z. B. erhalten rund drei
Viertel der Sechsjährigen Versiegelungen auf Kosten der Krankenkasse, weil Kariesepi-
demiologen in der Versiegelung von Backenzähnen einen wichtigen Grund für den
Kariesrückgang sehen (Micheelis 2006).
3.1.6
Plaque-Ergebnisse
Der Mundhygienezustand wird bei Sechsjährigen mit dem VPI (Visible Plaque Index)
nach Ainamo gemessen (vgl. Punkt 2.3.2). Im Milchgebiss sind maximal zehn Zähne zu
beurteilen (im rechten Unterkiefer 5 und im linken Oberkiefer 5). Das Ergebnis der mit
Zahnbelag (Plaque) behafteten Zähne wird als Prozentsatz der insgesamt beurteilten
Milchzähne ausgewiesen. Jeder mit Plaque belegte Zahn trägt zehn Prozent zum
Gesamtergebnis bei oder anders gesagt: wenn z. B. einer von zehn begutachteten
Zähnen Plaque aufweist, so beträgt der VPI zehn Prozent.
VPI null Prozent bedeutet vorzügliche Mundhygiene. Das Gebiss ist plaquefrei.
VPI zwischen ein und zehn Prozent heißt, dass die Mundhygiene noch akzeptabel ist.
Es ist höchstens ein mit Plaque belegter Zahn auffindbar.
VPI zwischen 11 und 49 Prozent bedeutet unzureichende Mundhygiene. Es werden
zwei bis vier mit Plaque behaftete Zähne diagnostiziert.
Bei einem VPI 50 Prozent oder mehr als 50 Prozent ist die Mundhygiene sehr schlecht.
Bereits die Hälfte oder mehr Zähne weisen Plaquebeläge auf. Hier ist eine starke
Kariesgefährdung anzunehmen.
Kapitel 3 / Ergebnisse
27
Abbildung 3.9:
6- bis 7-Jährige – Diagnosen zum Mundhygienestatus (VPI), alle Kinder, nach
Geschlecht, Migrationshintergrund und Bildung der Eltern in Prozent
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
0
10
20
30
40
50
60
70
Alle Kinder Mädchen Buben Ohne Mig
Mig
Matura
Ohne
Matura
VPI von 0
VPI von 0 bis 10
VPI von > 10 < 50
VPI > 50
28
© GÖG/ÖBIG, Zahnstatus 2011 bei Sechsjährigen
Abbildung 3.10:
6- bis 7-Jährige – mittlerer VPI in Prozent, alle Kinder, nach Geschlecht,
Migrationshintergrund und Bildung der Eltern
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
In der vorliegenden Erhebung errechnet sich für alle Sechsjährigen ein durchschnittli-
cher VPI von 17 Prozent. Das bedeutet verbesserungsbedürftige Mundhygiene, da im
Mittel jedes Kind rund zwei Zähne mit Plaque-Belägen zeigte (vgl. Abbildung 3.10). Die
ganz geringfügig besseren VPI-Ergebnisse bei Mädchen könnten andeuten, dass diese
eher als Buben zu sorgfältiger Mundhygiene motiviert sind. Viel ausgeprägter als nach
dem Geschlecht sind die Unterschiede in den Plaque-Messungen nach Bildung und
Migration (vgl. Abbildung 3.9 und Abbildung 3.10), wobei
niedriger Bildungsstatus der
Eltern und ein Migrationshintergrund eindeutig mit erhöhten Plaque-Indexwerten (VPI)
und schlechter Mundhygiene der Kinder einhergehen.
Die Qualität von Mundhygiene bei den erhobenen Sechsjährigen unterliegt aus ver-
schiedenen Gründen (diese waren nicht Gegenstand der vorliegenden Studie) großen
Schwankungen. Gut die Hälfte (51 %) der Sechsjährigen verfügt über einen „vorzügli-
chen“ Mundhygienestatus ohne jegliche Plaque. Zusätzliche elf Prozent zeigen mit
einem Plaque behafteten Zahn immerhin noch eine „akzeptable“ Mundhygiene. Dem-
gegenüber betreibt ein Viertel (25 %) lediglich „unzureichende“ Mundhygiene. Die
Gebisse dieser Kinder zeigen zwei bis vier Zähne mit Plaque. Einen „sehr schlechten“
Mundhygienezustand konstantierten die Untersucherinnen und Untersucher bei
immerhin zwölf Prozent der Sechsjährigen. Bei diesen Kindern war die Hälfte oder
mehr der beurteilten Zähne mit Plaque behaftet.
17,3
16,6
17,9
12
27,9
11,8
25,9
0
5
10
15
20
25
30
Alle Kinder
Mädchen
Buben
Ohne Mig
Mig
Matura
Ohne Matura
Kapitel 3 / Ergebnisse
29
Die vorliegenden Ergebnisse zur Mundhygiene weisen den immer wieder in Fachstu-
dien beschriebenen, direkten Zusammenhang zwischen Mundhygiene und Kariesprä-
valenz nach. Niedriges Bildungsniveau der Eltern und/oder Migrationshintergrund
bewirken deutlich erhöhte d
3
mfs-Indexwerte (vgl. Abbildung 3.3) sowie hohe VPI-
Werte (vgl. Abbildung 3.9 und Abbildung 3.10).
3.1.7
Ergebnisse der KFO-Untersuchung
Das Milchgebiss ist der Wegbereiter für das folgende Wechselgebiss und danach für
das permanente Gebiss. Bei dieser Entwicklung geht es nicht nur um die Platzhalter-
funktion der Milchzähne, sondern auch um die Sprachentwicklung und Schluckmuster
und letztlich um das Aussehen des Kindes. An der Entstehung von kieferorthopädi-
schen Anomalien sind sowohl Erbfaktoren als auch Umwelteinflüsse beteiligt. Habits,
Dysfunktionen der Zunge und der Lippe sowie Karies spielen hier die größte Rolle
(Borutta 1995, GOEG/ÖBIG 2006). Die kieferorthopädische Begutachtung der Kinder
erfolgte rein visuell und bei maximaler Interkuspitation (vgl. Punkt 2.3.3).
Gut die Hälfte (58 %) der Sechsjährigen verfügt über ein regelrechtes Milchgebiss mit
harmonischen Zahnbögen und physiologischen Lücken (Affenlücken). Diese sind
wichtig für eine engstandfreie Einstellung der viel breiteren bleibenden Zähne. Demge-
genüber zeigen 18 Prozent Engstand im Milchgebiss. Einen offenen Biss (bei Kiefer-
schluss treffen die Oberkieferschneidezähne nicht auf die Unterkieferschneidezähne)
haben nur 5 Prozent der Erhobenen. Tiefbiss mit Gingivakontakt (bei Kieferschluss
treffen die Schneidekanten der oberen Frontzähne auf das Zahnfleisch des Unterkie-
fers) wurde bei 10 Prozent der Untersuchten diagnostiziert. Maxilläre Prognathie (der
Oberkiefer ist gegenüber dem Unterkiefer zu weit vorne) trifft 6 Prozent der Kinder.
Das Vorkommen von Kreuzbiss (falscher Überbiss im Seitenzahnbereich) liegt bei
lediglich 2 Prozent und bei 10 Prozent der Mädchen und Buben stellten die Zahnärzte
und Zahnärztinnen eine Mittellinienverschiebung der Zahnbögen fest. „Verkehrter“
Überbiss – auch Progenie genannt - wurde in der vorliegenden Untersuchung nicht
diagnostiziert. Ausgeprägte geschlechtsspezifische Einflusse auf die Entstehung
kieferorthopädischer Anomalien ergeben sich aus den vorliegenden Daten nicht (vgl.
Abbildung 3.11).
30
© GÖG/ÖBIG, Zahnstatus 2011 bei Sechsjährigen
Abbildung 3.11:
6- bis 7-Jährige – kieferorthopädische Diagnosen, alle Kinder, nach Geschlecht in
Prozent
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
Alle Kinder
Mädchen
Buben
Kapitel 3 / Ergebnisse
31
Abbildung 3.12:
6- bis 7-Jährige – kieferorthopädische Diagnosen, alle Kinder nach
Migrationshintergrund und Bildung der Eltern in Prozent
Quelle, Berechnung und Darstellung: GÖG/ÖBIG 2012
Soziokulturelle Verhaltensweisen zeigen großen Einfluss auf die Gebissentwicklung
(Borutta 1991). Risikofaktoren für sogenannte erworbenen Fehlentwicklungen des
Kauorgans sind gebissschädigende Gewohnheiten wie „Dauernuckeln, Daumenlut-
schen, Lippenbeißen, Zungenpressen usw. Manche dieser „Habits“ kommen in be-
stimmten Sozialschichten gehäuft vor. Auch bestehen zwischen erworbenen Gebiss-
anomalien und Karies gegenseitige ungünstige Einflüsse auf die Erkrankungsrate.
Karies fördert bei vorzeitigem Zahnverlust Fehlentwicklungen des Gebisses. Umgekehrt
begünstigen falsche Zahn- und Kieferstellungen die Entstehung von Karies.
Abbildung 3.12 zeigt, dass Unterschiede im Auftreten kieferorthopädischer Anomalien
in Zusammenhang mit Migrationsstatus und Bildungsgrad der Eltern zwar etwas
ausgeprägter sind als nach dem Geschlecht,
eindeutige soziodemografische Einfluss-
faktoren auf das Entstehen bestimmter Gebissanomalien lassen sich aus den vorlie-
genden Daten aber nicht ableiten.
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
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