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davon sah man die beiden Tische für den Gesandten und den
Herold, links die für den Herzog, seine Gemahlin und seine
Kinder. Auf den seidenen Decken dieser fünf Tafeln prangte
der kostbare Schatz silberner und goldener Gefäße, der seit
den Zeiten des Herzogs Ulrich sich noch bedeutend vermehrt
hatte.
Der Landhofmeister, Schenk Eberhard von Limpurg, wurde
mit mehreren Räten und Adeligen dem englischen Gesandten,
Robert
Spencer,
Lord
von
Wormleton,
bis
an
die
Landesgrenze zur Bewillkommnung entgegengeschickt. Er traf
am 3. November 1603 in Stuttgart ein, in seinem Gefolge
befand sich der Ordensherold Wilhelm Dethik, zehn Adelige,
ein
Rechtsgelehrter,
ein
Arzt,
ein
Kämmerer,
vier
ausgezeichnete Tonkünstler und zehn Diener. Auch einen
Prediger
brachte Lord
Spencer mit,
dessen
sich
die
wirtenbergischen Theologen sogleich bemächtigten, gar eifrig
mit ihm disputierten und ihn sehr artig und nachgiebig
fanden. Letzteres ist auch sehr glaublich, denn welcher
Sterbliche,
selbst
wenn
ihm
dreifach
Erz
die
Brust
umschlossen hätte, würde es damals haben wagen können,
mit den geistlichen Klopffechtern aus der Schule des
mannhaften Jakob Andreä sich in den Kampf mit auch nur
einiger Hoffnung günstigen Erfolgs einzulassen! Einer schon
hätte hingereicht, einem unglücklichen Theologen, der nicht
steif und fest an die Konkordienformel glaubte - und dazu
gehörte damals wie jetzt ein starker Glaube - den Garaus zu
machen, und vollends mehrere - der englische Prediger muß
ein kluger Mann gewesen sein!
Der Hauptfesttag war der ö.November. Früh morgens
versammelten
sich
die
Hofleute
und
Adeligen,
die
vornehmsten Beamten und Offiziere im Schlosse. Von allen
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Seiten strömte die schaulustige Menge herbei, so daß zuletzt
nicht nur der Platz vor dem Schlosse und der Kirche,
sondern auch die benachbarten Straßen von dem dichten
Gedränge
der
Neugierigen
angefüllt
waren,
welche
in
gespannter Erwartung auf die Eröffnung des Zuges harrten.
Dieser erschien endlich - doch sei es mir vergönnt, hier den
vortrefflichen M. Erhard Cellius, Professor der Beredsamkeit
und Geschichte in Tübingen, welcher dieses Fest mit einem
großen
Aufwande
von
Phantasie
und
Gelehrsamkeit
beschrieben hat, selbst sprechen zu lassen, da mir das zu
solchen Beschreibungen nötige Talent fehlt.
Wie der Wanderer - also beginnt der Herr Professor - wenn
er am frühen Morgen seinen Weg antritt, den Aufgang der
Sonne, welche das Licht zurückbringt, begierig erwartet und
endlich seines Wunsches Gewährung erlangt, indem die
Sonne, welche der Morgenstern und ihr anderes himmlisches
Geleite vorantritt, die glänzenden Strahlen allüberall hin
ergießend aus dem Bette der goldenen Aurora sich in
höchster Majestät erhebt und die übrigen Gestirne am
Firmament mit ihrem Glanz verdunkelt, so trat auch der
erlauchte Herzog mit seinem glänzenden Gefolge im kostbaren
Festgewande aus seinem Gemache, prächtig und gravitätisch.
Ihm voraus schritten der Landhofmeistei; die vornehmsten
Hofbeamten und seine fünf Söhne. Im Rittersaale erwartete er
den englischen Gesandten, welcher auch sogleich erschien
und
dem
der
Ordensherold
in
rotseidenem,
weiß
ausgeschlagenem Leibrocke, auf einem seidenen Kissen die
Ordensinsignien tragend, voranging. Beide wurden vom Herzog
mit
einem
Handschlag
empfangen,
hierauf
sprach
Bouwinghausen über den Zweck und die Bedeutung des
Festes; Lord Spencer aber überreichte das Schreiben seines
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Königs, worin dieser erklärte, daß er als Zeichen alter
Freundschaft und um sich noch inniger mit dem Herzog zu
verbinden, ihn, mit allgemeiner Übereinstimmung, zum Ritter
des Hosenbandordens ernannt habe und ihm dessen Insignien
hiemit überschicke.
Nun folgte die Zeremonie der Einkleidung des neuen Ritters,
vor welcher der Herold eine kurze Rede in französischer
Sprache hielt. Er nahm dem Herzog seinen schwarzseidenen,
goldgesäumten Mantel ab, dieser überreichte ihm Dolch und
Schwert
mit
kostbaren
Scheiden,
welche
nun
nach
althergebrachter Sitte des Herolds Eigentum waren. Hierauf
zog er ihm, indem der Gesandte selbst Hilfe leistete, das
Ordenskleid
an.
Dieses
bestand
aus
einem
blauen,
weißgefütterten Leibrock, mit einer kunstreich gewirkten
seidenen Binde, an welcher ein Dolch in vergoldeter Scheide
hing, und aus einem violetten, mit goldenen Fransen
versehenen Mantel mit langer Schleppe.
Hierauf setzte sich der Zug nach der Kirche, wo längst der
Glocken helles Geläute die Einwohner Stuttgarts zur Feier des
festlichen Tages herbeigerufen hatte, in Bewegung. Voraus die
herzoglichen Musiker und Trabanten, mit schwarzen Hüten
und in spanischer, aus weißen und roten Streifen bestehenden
Tracht, denen der Trabantenhauptmann mit vergoldeter
Hellebarde in gemessenen Schritten voranging. Dann kam der
Hofmarschall von Prinzenstein mit silbernem Stabe, ihm
folgten der Oberhofmeister und der Reiterhauptmann, die
Hofleute, Adelige und Ritter, mit dem Gefolge des englischen
Gesandten, je drei und drei in langem Zuge und in festlicher
Kleidung.
Hinter
den
fürstlichen
Prinzen,
durch
ihre
Schönheit und ihr stattliches Aussehen noch mehr als durch
ihre kostbare Tracht ausgezeichnet, schritt Dethik einher, wie
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früher die Ordensinsignien und das Statutenbuch des Ordens
tragend. Unmittelbar nach ihm kamen Herzog Friedrich und
Lord Spencer; dem erstem trug Graf Ludwig von Löwenstein
die Schleppe nach. Den Zug schlossen, vom Landhofmeister
angeführt, das Kanzlei- und Hofpersonal. Er bewegte sich
langsam und feierlich zwischen zwei Doppelreihen von
Soldaten
dahin,
und
bis
er
die
Stiftskirche
betrat,
schmetterten die Trompeten, wirbelten die Trommeln und
knallten die Gewehre von 400 Musketieren, mit denen sich
beim Eintritt in die Kirche das Geläute aller Glocken vereinte.
Die Zuschauer standen da und staunten ob der nie
gesehenen Pracht, besonders seltsam kam ihnen die Schleppe
an des Herzogs Mantel und dessen ganze Kleidung vor. »Jetzt,
so ebbes han e no niemols g’sehe«, sprach ein ehrlicher
Gablenberger, »so moi i traget se’s drinna bei dene grausame
Hoide in der Türkei.« - »Was moinst no«, erwiderte hierauf
sein Nachbar Andres, »daß seile Menschafresser so a
fümehms Häs traget, noi i glaub’, unser Herzog ist a Kurfürst
worde, oder gar a Kaiser, drum bloset se au so und schießet,
’s ist a wahrer Graus.« - »Er wisset boide uex«, sprach ein
dritter, »das ist akkerat die Kloiding, wie sie die Welsche
traget und wie mer se mei Vetter, ’s Hansa Michele,
b’schrieba hat, der mit dem Herzog als Eselstreiber anno 1599
im welsche Land gwä ist.« - »Und Du, Ädamle, bist selbesmol
als Esel derbei gwä«, sprach Andres spöttisch. Der Ädamle
aber nahm die Sache schief, und es hätte leicht eine Prügelei
absetzen können, wäre nicht der ehrsame Meister Komyßel
dazwischengetreten. »Ei, schämt uich, ihr Strolche«, hub er
an, »wellt er heut’, an’s Herzogs Ehretag, a Balgerei anfange;
hent acht, daß net der Stadtknecht kommt und uich ins
Narrahäusle sperrt. Schauet, desmol sind er älle ufPm
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Holzweg, der Herzog hot koi welsch und koi türkisch Häs an,
der König von Engelland hot em en Orden g’schickt und des
Häs, des derzu g’hört, hent se am drobe im Schloß antu, so
hot mer der Herr Leibdiener selber, der Herr Morel, gestern
im Hirsch b’richtet. Aber horcht, mer fangt scho a z’orgla,
und wenn er nu en gute Platz kriega wollt, um des Spektakel
mit anz’seha, müßt er tapfer mache.« Auf diese kluge Rede
des Meisters eilte alles der Kirche zu.
Hier war indes der Festzug durch die mittlere Pforte
eingetreten. Der Herzog, Lord Spencer und der Herold,
nachdem sie vor dem königlichen Throne ihr Kompliment
gemacht, bestiegen die für sie bestimmten Thronsessel, und
ihr ganzes Gefolge zog, sich ehrerbietig neigend, an ihnen
und am königlichen Thron vorbei und stellten sich zu beiden
Seiten auf. Dann begann die Musik mit den ernsten,
feierlichen Klängen der Orgel, stimmten die Schulknaben ihre
Figuralgesänge an und die geschickten Künstler der Hofmusik
sangen und spielten so lieblich, daß man, wie Cellius sagt,
den ganzen Chor der Musen zu hören glaubte. Der Gesandte
und der Herold traten vor den Herzog und machten ihm ihre
Reverenz, worauf Dethik ihm die Ordensstatuten überreichte,
welche Friedrich dem neben ihm stehenden Kammersekretär
Sattler gab, der dagegen den Abgeordneten ein schriftliches,
vom Herzog unterschriebenes Gelübde einhändigte, worin
dieser versprach, die Gesetze des Ordens, soweit sie der
Verfassung des deutschen Reichs, seiner Treue gegen dieses
und dessen Oberhaupt, seinen früher andern Orten und
Freunden geleisteten Versprechungen nicht zuwider wären, so
zu halten, daß das Haupt des Ordens daraus seine Treue,
dessen Mitglieder seine aufrichtige Freundschaft zu erkennen
vermöchten! Alsdann sprach der Gesandte: »Erlauchter Herr!
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die edle Genossenschaft des Ordens vom blauen Hosenband
nimmt Euch als Freund und Mitbruder auf und schickt Euch
zurrt Zeugnis dessen die Ordenszeichen. Gebe Gott, daß Ihr
sie zu seiner Ehre, zum Schmuck und Gedeihen des
preiswürdigen Ordens und Eurer selbst empfangen und tragen
möget!« Mit diesen Worten befestigte er das mit Gold und
Edelsteinen gezierte Hosenband, worauf die bekannte Devise
gestickt war: Honni soit, qui mal y pense! dem Herzog mit
einer goldenen Schnalle am Fuße unter dem rechten Knie und
hing ihm die Ordenskette um. Diese bestand aus goldenen
Muscheln, welche mit künstlich geschürzten Knoten vom
nämlichen Metall wechselten und an ihr hing eine Medaille
mit dem Bilde des heiligen Georg, des Drachentöters.
Nachdem dies vollbracht war, beide Abgeordnete den Herzog
beglückwünscht und sich dreimal vor dem königlichen Thron
verneigt hatten, kehrten sie auf ihre Sitze zurück. Die
Festrede hielt der Probst Johann Magirus über den Text: Die
Könige der Heerscharen sind Freunde untereinander (Ps. 6, V.
13). Er führte darin weiter aus, daß es ein großes Glück sei,
wenn christliche Herrscher miteinander innig und in gutem
Vernehmen lebten und gab die rechtmäßigen Mittel zur
Erlangung und Erhaltung dieser Einigkeit an. Nun begann die
Musik von neuem. Zuerst ertönten die feinen Diskantstimmen
der jüngeren Knaben, unter denen vornehmlich zwei, welche
als Engel gekleidet waren, sich auszeichneten, indem sie mit
ihren Nachtigallkehlen den Engelsgesang nachahmten, mit
großer Kunst und bewundernswerter Geläufigkeit der Zunge
trillerten. Hierauf vernahm man die Tenorstimmen der älteren
Knaben und zuletzt fielen die Altisten und Bassisten, unter
Begleitung der Instrumentalmu sik, mit ihren tiefen Stimmen
ein, so daß eine liebliche, den Ohren schmeichelnde Harmonie
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entstand. Indessen drängte sich das fürstliche Gefolge um den
Herzog, welcher »strahlend auf seinem Throne saß«. Zuletzt,
als die Orgel das Zeichen zum Schlußchor gab, der kräftig
durch die hohen Kirchenhallen erschallte, nahte sich der
Ordensherold dem Herzog von neuem, welcher unter dessen
Vorantritt zum Altar trat, um das bei solchen Gelegenheiten
gewöhnliche Opfer darzubringen. Es bestand aus fünfzig
neugeprägten Dukaten mit seinem Bilde, dem wirtenbergischen
Wappen und dem Reichsadler, welche nachher unter die
Armen verteilt wurden. Dann bewegte sich der ganze Zug in
derselben
Ordnung,
wie
er
gekommen
war,
unter
Trompetengeschmetter und dem donnernden Beifallsrufen der
Zuschauer ins Schloß zurück.
Nachdem die letzten des Zugs den Schloßhof betreten
hatten, schloß sich hinter ihnen das Tor, die Zuschauer aber
standen noch eine geraume Weile faffend da, und die
Fremden
unter
ihnen
bewunderten
die
kunstreiche
Bild-auerarbeit, mit welcher Herzog Friedrich das Tor hatte
verzieren lassen, und stritten sich über die seltsamen
Gestalten, welche so wild auf sie herabschauten. Eine
ansehnliche Zuhörerschaft aber hatte sich um einen jungen,
zierlich gekleideten Mann versammelt, der ihnen von der
Pracht und Zurüstung im Rittersaale erzählte. Es war der
herzogliche
Sekretär,
Rudolf
Weckherlin,
der
als
Kunstverständiger
an
der
Ausschmückung
des
Saales
teilgenommen
hatte
und
dessen
schon
damals
sich
entfaltendes Dichtertalent, wie seine Kenntnis der neueren
Sprachen die Aufmerksamkeit des Herzogs auf sich gezogen
hatten. Vornehmlich wunderte man sich, daß für den
abwesenden König von England eine eigene Tafel aufgestellt
sei, auf welche bei jedem der drei Gänge der Mahlzeit dreißig
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Gerichte kamen. Auch erschien es vielen lächerlich, daß die
Truchsessen
mit
jeder
Schüssel
vor
dem
königlichen
Speiseprüfer niederknien mußten, der dann die Speise kostete,
dem Träger derselben einen Bissen in den Mund steckte, und
sie hierauf unter vielen Bücklingen auf die Tische stellten;
und als der Sekretär ferner erzählte, daß zwei Adelige mit
Waschwasser und Handtuch sich der Tafel nähern und beides
knieend dem königlichen Stuhle darreichen mußten, entstand
ein helles Gelächter. Der Sekretär aber sagte: »Ländlich,
sittlich, ihr Herren, so geschieht’s seit Jahrhunderten in
England: auch wenn der König abwesend ist, wird seine Tafel
mit Speisen und Getränken besetzt und bedient, als ob er
gegenwärtig wäre. Wie ich gelesen habe, hat diese Sitte einen
traurigen Ursprung. Im Jahre 1399 wurde König Richard von
England abgesetzt und sein Verwandter, Herzog Heinrich von
Lancaster, bestieg den Thron. Der ließ den abgesetzten König
in ein Gefängnis zu Pontefract setzen, wo er jämmerlich vor
Hunger sterben mußte. Denn man ließ ihn von den Speisen,
mit denen sein Tisch jeden Tag reichlich besetzt wurde,
nichts genießen und rüstete auch noch einige Tage nach
seinem Tode seine Tafel zu, als ob er lebte. So hat mir auch
der edle Herr von Bouwinghau-sen erzählt, daß man mehrere
Wochen lang vor dem Tod der seligen Königin Elisabeth,
obwohl sie damals nicht mehr zur Tafel ging, diese doch
alltäglich, wie in früheren Zeiten, ausstattete.« - »Ein
sonderbarer Brauch aber bleibt’s immerhin«, sprach einer der
Zuhörer, »und wenn ich der Speiseprüfer wäre, ich triebe
mein Handwerk recht gründlich und wollte die köstÜchen
Leckerbissen prüfen, daß es eine Lust sein sollte, mir
zuzuschauen.« - »Da möcht’ ich lieber der Mundschenk sein«,
sagte ein anderer; »der zu jedem Gericht einen frischen vollen
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Becher setzen muß, ich wollt’ trinken« — »bis Du umfielst,
Martin«, unterbrach ihn der erste; »das hast Du auch schon
oft getan, ohne der Mundschenk des Königs von England zu
sein.« - »Geht es Dich etwas an, Du Vielfraß und
Leckermaul?« erwiderte Martin; »aber horch, da schmettern
droben im Schlosse die Trompeten, das ist das Zeichen, daß
sie jetzt zur Tafel gehen; weil man aber sonderbarerweise
vergessen hat, mich auch einzuladen, so will ich mich jetzt in
den Adler begeben und mir’s wohl sein lassen; denn so ein
Fest kommt nicht alle Tage.«
Die Umstehenden zauderten nicht, Martins Beispiel zu folgen
und in kurzer Zeit sah man auf dem Platze niemand mehr,
als eine Schar zerlumpter Bettler, welche in Erwartung des
Abtrags
vom
Mahl
des
Hofgesindes,
den
man
ihnen
versprochen hatte, sich indes an den süßen Düften labten,
welche ein leichter Wind vom Speisesaale her ihnen zufiührte.
Schnüffelnd erhob einer von ihnen die lange Nase und
sprach: »Jockele, wenn d’Brota so riechet, müßt se wärle gut
sei.« - »Jo, so riechet se, Hansjörg«, entgegnete der
Angeredete, »i han’s selber a mol g’spürt, wo se en Brota an
mer verbeitrage hent.«
Das Mahl am heutigen Festestag war aber wirklich auch
ganz dazu geeignet, um den verwöhntesten Feinschmecker
jener Zeit zu befriedigen. Luft, Erde und Wasser lieferten
dazu, was sie köstliches hatten, auch der Pfau, noch
prangend im bunten Farbenglanze seines Schweifes, einst das
Hauptgericht bei festlichen Rittermahlen, fehlte nicht, und
damit nicht nur der Gaumen, sondern auch das Auge ergötzt
werde, sah man kunstreiche Schauessen aufgestellt. Ein Mann
von gewaltiger Größe, welcher den Herkules vorstellte, schlug
zwei Gegner nieder; Minerva im vollen Waffenschmuck stand
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auf einem von vier Säulen getragenen Bogen, unter welchem
die Bekehrung des Apostels Paulus dargestellt war; Merkur,
der Götterbote, schwang seinen Heroldstab und ein nackter
Reiter galoppierte auf einem weißen Roß dahin. Aus grünen
Zweigen von Pomeranzenbäumen, welche voll von Früchten
hingen, waren kunstreich fünf Waldmenschen gebildet. Die
besten Weine, welche das Land hervorbrachte, waren im
Überfluß
vorhanden,
und
abwechselnd
spielten
die
wirten-bergischen und die englischen Musiker. Der Herzog,
Lord Spencer und der Herold saßen jeder an einer besondem
Tafel, die Herzogin aber in der Mitte ihrer fünf Söhne und
fünf Töchter nahm die fünfte Tafel ein. Die übrigen Gäste
hatte man in andern Zimmern untergebracht und drunten in
der Tur-nitz lärmte, sang und jauchzte beim reichlichen Mahl
das Hofgesinde.
Nach geendeter Mahlzeit begaben sich die herzogliche
Familie und ihre Gäste in ihre Gemächer zurück, um sich
zum Balle anzukleiden, zu welchem sie bald der Trompeten
heller Klang in den festlich geschmückten Tanzsaal rief.
Herzog Friedrich allein war noch in voller Ordenstracht und
nahm daher auch keinen Teil am Tanze, den nun der
englische Gesandte mit der Herzogin Slla durch ein Menuett
eröffnete. Ihnen folgte der Ordensherold mit Si-i Ehsabeth,
der ältesten Tochter des Herzogs. Der lauteste Beifall wurde
dem
Reigentanz
zuteil,
welchen
die
fünf
fürstlichen
Geschwisterpaare zusammen auffiihrten, nachdem sie zuvor
paarweise getanzt hatten. Sibylla Elisabeth, ausgezeichnet
durch ihre schöne Gestalt, ihr holdes Angesicht, die reiche
Fülle blonder Locken und die Anmut ihrer Bewegungen, mit
ihrem ältesten Bruder Johann Friedrich; Eva Christiana mit
dem schlanken hochaufgewachse-nen Ludwig Friedrich, Agnes
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