1 Herzog Friedrich von Wirtenberg Der neue Landesherr



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es  sein  höchstes  Kleinod  in  Gefahr  erblickt;  dem  Schutze 

seiner  Abgeordneten  hat  es  dieses  Kleinod  anvertraut,  von 

ihnen  wird  es,  wenn  sie  in  ihre  Heimat  zurückkehren, 

Rechenschaft  darüber  verlangen.  Unsere  Väter  haben  in 

Zeiten  der  Not  dieses  Kleinod  erkämpft  und  bewahrt,  wie  wir 

es  von  ihnen  empfingen,  laßt  es  uns  auch  unsem  Kindern 

überliefern,  rein  und  unversehrt.  Täuscht  das  Vertrauen 

eurer  Landsleute  nicht,  zieht  den  eitlen  Glanz  der  Ehre  und 

des  Geldes  nicht  dem  echten  Ruhm  treuer  Pflichterfüllung 

vor,  verschließt  den  Schmeichelworten  listiger  Verführer  euer 

Ohr  und  hört  nur  auf  die  Stimme  des  Gewissens.«

Diese  Worte  machten  einen  tiefen  Eindruck  in  der 

Versammlung;  wenn  hie  und  da  auch  einer  es  wagte,  zur 

Nachgiebigkeit  zu  raten,  so  geschah  dies  doch  nur  schüchtern 

und  so,  daß  man  deutlich  sah,  der  Sprechende  erwarte  keine 

Wirkung  von  seinem  Vortrag;  bei  weitem  die  meisten  traten 

der  Ansicht  des  Ausschusses  bei,  der  nun  auch  mit  der 

Abfassung 

einer 


Antwort 

auf 


die 

fürstlichen 

Anträge 

beauftragt  wurde.  Während  aber  diese  nun  verfaßt  ward, 

waren  auch  die  herzoglichen  Kommissäre  nicht  müßig,  und  es 

gelang  ihnen,  nicht  nur  die  Amtleute  wieder  umzustimmen, 

sondern  sogar  zwei  Mitglieder  des  Ausschusses,  Hoffmann 

und  Chonberger,  auf  ihre  Seite  zu  bringen.  Die  Mehrzahl 

jedoch  blieb  standhaft  und  unterschrieb  die  Antwort,  worin  es 

heißt:  die  Landstände  hielten  den  Tübinger  Vertrag  für  ihr 

höchstes  und  bestes  Kleinod;  dieser  sei  auch  stets  das  Band 

und 


Mittel 

eines 


rechten, 

beständigen, 

ganz 

gnädigen 



untertänigen  guten  Vertrauens  zwischen  Herr  und  Land 

gewesen,  durch  ihn  habe  das  Herzogtum  vor  anderen 

Ländern  in  gutem,  friedsamen  Wesen,  Ruhe  und  Einigkeit 

wohl  floriert  und  zugenommen.  Der  Herzog  selbst  aber  hätte 



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den  Vertrag  nochmals  aufs  bündigste  bestätigt  und  geboten, 

keine  Änderung  darin  vorzunehmen,  sondern  versprochen, 

gleich  seinen  Vorfahren  die  Landschaft  dabei  zu  lassen  und 

die  seit  einiger  Zeit  dawider  eingerissenen  Neuerungen  und 

Beschwerden  gnädigst  zu  mildem  und  abzuschaffen.

Mit  finsterer  Miene  empfing  am  1.  Februar  der  Herzog  seine 

Kommissäre,  als  sie  ihm  diese  Antwort  überbrachten;  gegen 

sie  entlud  sich  zuerst  die  ganze  Gewalt  seines  Zornes;  sie 

aber  kannten  ihn  zu  gut,  als  daß  sie  derselben  gleich  anfangs 

entgegenzutreten 

versucht 

hätten; 

ganz 


behutsam 

und 


allmählich  lenkten  sie  den  brausenden  Strom  des  fürstlichen 

Unwillens  auf  die  Landstände  über,  und  bezeichneten  den 

Ausschuß,  vornehmlich  aber  Broll,  Bidembach  und  Mayer,  als 

die 


Haupturheber 

dieses 


so 

respektwidrigen, 

die 

landesherrliche  Gewalt  aufs  höchste  antastenden  Benehmens. 



-  »Holzwürmer  sind  diese  Landschäftler,  die  kein  Gelenk  im 

Kopfe  haben«,  rief  erzürnt  der  Herzog;  »aber  ich  will  sie 

lehren,  ihrem  Herzog  zu  gehorchen,  ich  muß  die  verlangte 

Erläuterung  haben,  sonst  hebe  ich  den  Tübinger  Vertrag  ganz 

auf;  denn  ich  bin  gar  nicht  schuldig,  ihn  zu  halten.«

»Lassen  Eure  Durchlaucht«,  sprach  Enzlin,  »diesen  Leuten 

nur  einmal  Ihre  Ungnade  recht  deutlich  fühlen,  dann  werden 

sie  ganz  gewiß  anders  sprechen.  Es  bedarf  weiter  nichts,  als 

daß  man  die  Rädelsführer  der  Verschwörung  entfernt,  den 

Ausschuß  auflöst  und  ihm  einen  scharfen  Verweis  erteilt;  die 

übrigen  werden  dann  schon  nachgiebig  werden.«

»Ich  will  aber  gar  nicht  mehr  mit  ihnen  verhandeln«, 

entgegnete  der  Herzog;  »sie  sollen  nach  Hause  gehen  und  die 

Städte  sollen  mir  andere  Abgeordnete  schicken,  mit  denen  ich 

besser  auskommen  kann,  oder  das  ganze  Land  wird  meine 

Ungnade  schwer  fühlen.  Euch  beide  habe  ich  zu  meinen 



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Kommissären  ernannt;  sorgt  dafür,  daß  mein  Wunsch  erfüllt 

werde,  sonst  sollt  auch  ihr  mir  dafür  büßen.«

»Das  war  ein  schwerer  Sturm!«  sprach,  als  der  Herzog  sich 

entfernt  hatte,  der  Kanzler.

»Auf  schweren  Sturm  folgt  gewöhnlich  Sonnenschein!« 

erwiderte  Enzlin,  »jetzt  willigt  der  Herr  in  alles,  was  wir  ihm 

vorschlagen,  wenn  er  nur  seinen  Zweck  erreicht;  darum  seid 

nur  jetzt  recht  wacker;  noch  eine  letzte  Anstrengung  und  der 

Sieg  ist  unser.«  Sie  besprachen  sich  nun  lange  noch  über  das 

jetzt  zu  beobachtende  Verfahren  und  kamen  darin  überein, 

daß,  ehe  man  offene  Gewalt  versuche,  noch  alle  Künste  der 

List  und  Überredung  angewendet  werden  müßten.

Wie  gut  ihnen  ihr  Plan  gelang,  erzählt  die  Geschichte. 

Obgleich 

die 


Landstände,  durch 

die 


Absetzung  Brolls, 

Bidembachs  und  Mayers  und  durch  die  Auflösung  des 

Ausschusses  ihrer  kräftigsten  Stützen  beraubt,  auf  die  scharfe 

Antwort 


des 

Herzogs 


mit 

demütiger 

Unterwürfigkeit 

antworteten  und  sich  mit  ihrem  »etwas  ungenügsamen 

Verstand«  entschuldigten,  wurden  sie  dennoch  entlassen,  und 

Enzlin  erbrach  mit  Gewalt  die  geheimen  Gewölbe  im 

Landschaftshause,  woraus  er  Akten  und  Geld  wegnahm. 

Kommissäre  wurden  ins  Land  hinausgeschickt  und  fanden  die 

meisten  Magistrate  wider  Erwarten  nachgiebig  gestimmt.  Sie 

warfen  alle  Schuld  des  gegen  den  Herzog  so  feindseligen 

Benehmens  auf  den  Landschaftsadvokaten,  auf  die  Prälaten 

und  den  Ausschuß,  versprachen,  sich  ganz  nach  dem  Willen 

des  Herzogs  zu  richten  und  die  Vollmachten  für  die 

Abgeordneten  nach  der  gegebenen  Vorschrift  abzufassen.  So 

kam  im  März  eine  Ständeversammlung  zusammen,  wie  der 

Herzog  und  seine  Ratgeber  sie  sich  nur  wünschen  konnten, 

die  Erläuterung  des  Tübinger  Vertrags  und  eine  ansehnliche 


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Geldhilfe  wurde  bewilligt  und  niemand  dachte  mehr  an 

Widerstand.  Friedrich  war  hocherfreut;  er  glaubte  nun  dem 

erwünschten  Ziele  ganz  nahe  zu  sein  und  er  war  es  auch. 

Doch  war  das  Ziel,  das  er  nun  so  schnell  erreichen  sollte, 

nicht  unumschränkte  Herrschermacht,  sondern  das  Ende  alles 

Herrschern,  der  Tod.  Am  Morgen  des  29.  Januar  1608  traf  ihn 

der  Schlag,  der  nach  16  Stunden  seinen  Tod  herbeiführte.

So  starb,  kaum  an  der  Schwelle  des  Alters  angelangt, 

Herzog  Friedrich.  Seine  Ratgeber  aber  traf  nun  die  gerechte 

Strafe  für  ihr  frevelhaftes  Beginnen.  Reinhard  kam  am  besten 

weg,  er  wurde  nur  entlassen.  Eßlinger  aber,  der  »arge  und 

schändliche 

Landesverderber, 

Leuteschinder 

und 


Landesfreiheitenbrecher«  büßte  mit  langer  Haft,  und  Matthäus 

Enzlin,  der  »Landes-  und  Landschaftsfeind«,  zuerst  nur  mit 

einem  Fußfall,  Schadenersatz  und  lebenslänglichem  Gefängnis 

bestraft,  wurde,  da  er  neue  Umtriebe  machte,  am  22. 

November  1608  auf  dem  Marktplatz  in  Urach  enthauptet.  - 

Melchior  Jäger  bemächtigte  sich  mit  seinem  Anhang  von 

neuem  der  Herrschaft,  Broll,  Bidembach  und  Mayer  aber 

wurden  wieder  in  alle  Ehren  und  Würden  eingesetzt.



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