Originalarbeit
Gesundheitsministerium der Republik Usbekistan
Institut für ärztliche Fortbildung der Stadt Taschkent
Aktiengesellschaft des Verlags „Schark“
Neurologische Assoziation der Republik Usbekistan
Rezensierte Fachzeitschrift
»Neurologie«
Veröffentlicht 4-mal pro Jahr
1 (53), 2012
Chef-Redakteur
Madzhidova J. N.
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Für die Veröffentlichung ist die Redaktion
verantwortlich.
Genehmigt zur Veröffentlichung: 13.04.2012
Format: 60 x 90 1/8
Lizenz 11, 16. Fachliteratur 7,6.
Exemplare: 400 Stk. Preis: nach Vereinbarung
•
Technische Redaktion: C. Makhmudov
Operator: O. Mirzamukhamedova
Die Zeitschrift ist bei der Verwaltung für Presse und
Information der Stadt Taschkent registriert.
Registrierungsnummer: No. 129 am 11. 01.2007.
© NEVROLOGIYA 1/2012
Elektronische Version der Zeitschrift
unter www.med.uz
Veröffentlicht mit freundlicher Unterstützung Firmen
»BERLIN-CHEMIE« und »ARTERIUM«
NEVROLOGIYA –
НЕВРОЛОГИЯ
NEUROLOGIE
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НЕВРОЛОГИЯ
Effektivität der apparativ-assistiven Therapie mit dem MOTOmed
®
in der Rehabilitation von Kindern mit infantiler Zerebralparese
S. Nurmatova
1
, F. Khamraev
1
, A. Mirsaev
1
, W. Diehl
2
1
Republikanische pädiatrische psychoneurologische Einrichtung Prof. Kurbanov, Usbekistan
2
Deutsche Sporthochschule Köln, Deutschland
Abstract: Im Rahmen ihrer Behandlung in der republikanischen pädiatrischen psychoneurologischen Einrichtung trainierten 120 Patienten von 2009 bis 2011
aktiv und passiv mit dem Bewegungstrainer MOTOmed gracile12. Als Behandlungsergebnis zeigte sich bei den biomechanischen Parametern eine verbesserte
Gehfähigkeit. Die Schrittlänge vergrößerte sich von 39,8 cm auf 43,3 cm. Ebenfalls verbesserte sich die aktive (+6,2°) und passive (+8,5°) Beweglichkeit der Knie-
und Fuß gelenke. Der Muskeltonus nach Ashworth konnte durchschnittlich um einen Punkt reduziert werden.
in einer prospektiven Studie zu untersuchen. Die vorliegende
Untersuchung wurde mit wissenschaftlicher Unterstützung
eines Absolventen der Deutschen Sporthochschule Köln
(Deutschland) durchgeführt.
Studiendesign: 120 Patienten mit spastischen Formen
einer Zerebralparese nahmen im Zeitraum von 2009 bis 2011
an der klinischen Untersuchung zur Effektivität der apparativ-
assistiven Bewegungstherapie in der neurologischen Rehabili-
tation teil. Es waren 66 Jungen (55 %) und 54 Mädchen (45 %)
im Alter von 5 bis 14 Jahren (Ø Alter: 6,7 Jahre).
Von dem untersuchten Probandenkollektiv hatten 75 Pa-
tienten (62,5 %) eine spastische Diplegie und 45 Patienten
(37,5 %) eine Hemiplegie. Die Erfassung des Therapieerfolgs
auf motorischer Ebene erfolgte anhand gängiger Testver-
fahren jeweils im Prä- und Posttest-Vergleich, gemessen
durch Stabilographie, Dynamometrie und Goniometrie. Zur
Beurteilung des Muskeltonus bzw. des Widerstandes gegen
passive Bewegung wurde die Ashworth-Skala verwendet.
Zusätzlich zu den konventionellen Anwendungen nahmen
Probanden täglich an einem zyklischen Bewegungstraining
mit Hilfe eines MOTOmed gracile12 Bewegungstherapie-
gerätes für die oberen und unteren Extremitäten teil. Es
wurde eine moderate Intensität (etwas anstrengend) gewählt.
Das medizinische Personal hatte jederzeit die Möglichkeit,
die festgelegten Trainingsparameter (Geschwindigkeit, Dauer,
Belastungsstufe, Bewegungsrichtung), je nach Tageszustand
des jeweiligen Kindes, anzupassen. Das speziell für Kinder
mit spastischen Bewegungsstörungen entwickelte Schutz-
programm des Gerätes (MOTOmed BewegungsSchutz mit
SpastikLockerungsProgramm) garantierte Sicherheit während
des gesamten Trainings. Dieses Schutzprogramm arbeitet au-
tomatisch im Hintergrund und funktioniert sowohl beim Trai-
ning der oberen als auch der unteren Extremitäten.
Durch regelmäßige Anwendung der apparativ-assisti-
ven Bewegungstherapie mit Hilfe eines MOTOmed gracile12
Bewegungstherapiegerätes wurden folgende Therapieziele
verfolgt:
Einleitung
: Bewegung ist ein wesentliches Merkmal
aller lebenden Organismen. Sie baut den Körper auf, aktiviert
und kräftigt ihn – von innen und außen [1]. Unter infantiler
Zerebralparese (ICP) versteht man Bewegungsstörungen,
deren Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung liegt.
Die dadurch hervorgerufene Behin derung ist charakterisiert
durch Störungen des Nerven- und Muskelsystems im Bereich
der willkürlichen Bewegungskoordination [5].
Die republikanische pädiatrische psychoneurologische Ein-
richtung Prof. Kurbanov gilt als eine auf die pädiatrische
Rehabilitation spezialisierte Einrichtung und bietet eine
ganzheitliche Therapie für Kinder mit ICP aus vielen
Regionen der Republik Usbekistan an. Die ganzheitliche
Therapie von Kindern mit Störungen im Bereich der willkür-
lichen Bewegungskoordination stellt einen der Schwerpunkte
der Arbeit der Einrichtung dar. Zu erwähnen wären hier noch
die wichtigsten Grundprinzipien der ganzheitlichen Rehabi-
litation: Jede Therapie sollte sofort, nahtlos, individuell und
multidisziplinär vollzogen werden. Außerdem ist es äußerst
wichtig, bei der Rehabilitation von Kindern mit Störungen
des Zentralen Nervensystems (ZNS) mit Therapiemaßnahmen
möglichst früh anzufangen und die Elternteile aktiv in den
Rehabilitationsprozess einzubeziehen [2].
Auf Grund der Vielfältigkeit der Bewegungsstörungen
eröffnet eine zusätzliche Einbeziehung von modernen
technischen Hilfsmitteln in den Rehabilitationsprozess von
neurologischen Patienten bereits gute Perspektiven und
bringt überwiegend positive Effekte mit sich. Daher stellt
eine aktiv-passive Bewegungstherapie mit Hilfe eines Bewe-
gungstherapiegerätes einen effektiven Baustein in der ganz-
heitlichen Rehabilitation von Kindern mit Zerebralparese dar.
Das Modell MOTOmed gracile12 des Unternehmens RECK
Medizintechnik GmbH (www.motomed.com) zählt zu den oben
genannten motorunterstützen Bewegungstherapiegeräten.
Ziel der Untersuchung war es, die Unbedenklichkeit des
Einsatzes der apparativ-assistiven Bewegungstherapie mit
Hilfe eines MOTOmed gracile12 Bewegungstherapiegeräts in
der Therapie von Kindern mit ICP nachzuweisen sowie die
Effektivität bezüglich einer Verbesserung der Gehfähigkeit
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НЕВРОЛОГИЯ« – 1 (53), 2012
НЕВРОЛОГИЯ
1) Verbesserung bzw. Erhaltung der Gehfähigkeit
2) Spastikreduzierung, Lockerung der Muskulatur
3) Beseitigung bzw. Linderung von Folgen des
Bewegungsmangels
4) Verbesserung der Bewegungskoordination
5) Verbesserung der Propriozeption
6) Verbesserung der allgemeinen Leistungsfähigkeit
Als Ausschlusskriterien für die Teilnahme an
dieser Studie galten:
1) Deutliche kognitive Einschränkungen
des Probanden
2) Negative Einstellung des Probanden zu
einer derartigen Therapie
Das Training mit dem MOTOmed wurde im Sitzen und unter
Anleitung eines erfahrenen Bewegungstherapeuten durchge-
führt (s. Bild 1). Während des stationären Aufenthaltes über
15 bis 20 Tage trainierten die Kinder zusätzlich einmal täglich
zwischen 10 und 25 Minuten (abhängig vom Alter, der Be-
lastungsfähigkeit und den vorliegenden Einschränkungen) an
dem Bewegungstherapiegerät.
Bild 1 Kind trainiert am MOTOmed gracile12
Jede Therapieeinheit bestand aus 3 Phasen:
1) Aufwärmung: passives Training entsprechend
der festgelegten Parameter (Drehzahl,
Bewegungsrichtung, Trainingsdauer)
2) Hauptteil: aktives oder assistives (Servo) Training
mit der individuellen Belastung
3) Ausklang: aktives Training mit einer niedrigeren
Intensität oder passives Training
Während und nach der Übung erhielt der Anwender
auf dem großen Bildschirm eine gut lesbare Rückmeldung:
Übungsdauer, zurückgelegter Weg, Leistung, Muskelver-
spannung (Spastik), Kalorienverbrauch etc. wurden angezeigt.
Die erzielten Ergebnisse konnten auch auf einer optional er-
hältlichen Chip-Karte dauerhaft gespeichert und ausgewertet
werden.
Ergebnisse: Die durchgeführte Beobachtung von Patienten
unterschiedlicher Altersklassen, welche im Rahmen einer
ganz heitlichen Therapie zusätzlich an einem MOTOmed
gracile12 Bewegungstherapiegerät trainiert haben, lässt die
Erkenntnis zu, dass das MOTOmed Bewegungstraining als
sporttherapeutische Anwendung dank seiner funktionellen
und psychosozialen Wirkungsweise eine in vielen Aspekten
effektive und zugleich effiziente Zusatztherapie für Kinder
mit Zerebralparese darstellt.
Bei den meisten Patienten konnten anhand der Ergebnisse
der Funktionstests deutliche Verbesserungen der Beweglichkeit
sowie eine Reduktion der Schwergängigkeit der Gelenke fest-
gestellt werden. Bei den besonders »schwachen« Kindern be-
trug die aktive Trainingsphase zu Beginn der Studie im Schnitt
weniger als 15 %, wohingegen in der letzten Trainingswoche
die Probanden durchschnittlich während etwa 50 % der einge-
stellten Trainingszeit aktiv in die Pedale traten. Bei den etwas
»leistungsfähigeren« Kindern wurde eine deutliche Zunah-
me der zurückgelegten Strecke auf dem MOTOmed gracile12
dokumentiert, welche einerseits auf einer Zunahme der
aktiven Trainingsdauer und andererseits auf einer Leistungs-
steigerung bzw. Verbesserung der Belastungstoleranz beruht.
Bereits nach dem siebten bzw. achten Tag der ganzheit-
lichen Rehabilitation konnte bei den meisten Kindern, die am
MOTOmed gracile12 trainiert hatten, eine deutliche Senkung
des Muskeltonus, eine Erhöhung der Muskelkraft und eine Ver-
besserung der allgemeinen Beweglichkeit beobachtet werden.
Alle Kinder führten das MOTOmed Training freiwillig und mit
großem Vergnügen durch, sodass die Motivation der Kinder
zur Fortsetzung der Therapie am MOTOmed stetig gesteigert
werden konnte.
In einer ähnlichen Untersuchung von Polonskaya et al. 2010
(Russland) benutzten die Autoren ein MOTOmed gracile12
Bewegungstherapiegerät in Kombination mit der funktio-
nellen Elektrostimulation (FES) und stellten sowohl eine Ver-
besserung der Bewegungskinematik (Zunahme der Beweglich-
keit in Knie- und Fußgelenken) als auch eine positive Dynamik
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НЕВРОЛОГИЯ
bezüglich der Senkung des Muskeltonus' und der Zunahme
der willkürlichen Muskelaktivität der Extensoren fest [4].
Die Ergebnisse der biomechanischen Tests, welche nach
dem 15. bzw. 20. Behandlungstag durchgeführt wurden,
zeigten folgende Änderungen auf (s. Tabelle 1):
1) Verlängerung der Schrittlänge von Ø 39,8 cm auf
Ø 43,3 cm (+ 8,8 %), welche auf eine Reduktion der
Bewegungseinschränkungen beim Gehen hindeutet
2) Das Bewegungsausmaß der Supination im Fußgelenk
verbesserte sich durchschnittlich um 2,2° und
entsprach somit nahezu dem physiologischen
Bewegungsausmaß
3) Vergrößerung des aktiven (Ø + 6,2°) und passiven
(Ø + 8,5°) Bewegungsausmaßes in den Knie- und
Fußgelenken (s. Bild 2)
4) Erhöhung der Muskelkraft um Ø 17,4 %
Bild 2 Diagramm des aktiven und passiven Bewegungsumfangs im Knie-
und Sprunggelenk, gemessen in Grad (°).
Außerdem wurde eine deutliche Senkung des spastischen
Muskeltonus' in den Extremitäten beobachtet (Ø ~ -1 Stufen
auf der Ashworth-Skala).
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch Shen et al.
2009 [7], die in ihrer Untersuchung an Kindern mit Zerebral-
parese, welche im Rahmen einer ganzheitlichen Therapie
(Bobath, Voita, etc.) täglich ein 20-minütiges MOTOmed Trai-
ning durchgeführt haben, ebenfalls eine signifikante Senkung
des Muskeltonus (p < 0,05) und eine Verbesserung der Muskel-
kraft der oberen und unteren Extremitäten (p < 0,05) bei der
Interventionsgruppe (n = 24) gegenüber der Kontrollgruppe
(n = 24) feststellen konnten.
Die Ergebnisse einer Befragung der Eltern der Kinder, die
an der MOTOmed Studie teilgenommen haben, bestätigten,
dass etwa 75 % der Kinder am Ende der Intervention immer
wieder versucht haben, willkürlich aktive Bewegungen der
Extremitäten durchzuführen. Kinder, die mehr als 10 – 15
Therapieeinheiten erhielten, konnten am Ende dieser Unter-
suchung mehr oder weniger komplexere Bewegungsabläufe,
wie Krabbeln und Gehen, besser durchführen. Wenn ent-
sprechend der Grundprinzipien der Rehabilitation weiterhin
in dividuelle und ganzheitliche Therapiemaßnahmen durch-
geführt wurden, konnten die meisten Kindern ihre erzielten
biomechanische Verbesserungen auch nach Studienende bei-
behalten.
Zusammenfassung: Ohne die Vorzüge konventioneller
Therapien schmälern zu wollen, lässt die Analyse der
Ergebnisse folgende Erkenntnisse bezüglich der MOTOmed
Bewegungstherapie zu:
1) unterstützt die Senkung des spastischen
Muskeltonus, dementsprechend erhöht sich
der Bewegungsumfang im jeweiligen Gelenk
2) verhilft zum Lernen von komplexen
Bewegungsabläufen
3) verbessert das Gleichgewicht und die
Gangsymmetrie
4) erhöht die Selbstständigkeit im Alltag
5) schont die Ressourcen
6) erhöht die Motivation des Kindes zur
eigenständigen Fortführung der Therapie
7) verkürzt die Therapiedauer
Effekte der regelmäßigen apparativ-assistiven Bewegungstherapie
Funktionelle Faktoren
Prä-Test
Post-Test
Unterschied
Schrittlänge
39,8 ± 1,62
43,3 ± 1,47
+ 8,8 %
Fußbeweglichkeit
-1,40 ± 0,94
0,82 ± 0,50*
+ 2,2°
Muskelkraft
2,3 ± 0,09
2,7 ± 0,11*
+ 17,4 %
Muskeltonus
3,0 ± 0,12
2,1 ± 0,07**
~ -1 Stufe (Ashworth)
Tabelle1 Mit den Sternen gekennzeichnete Ergebnisse deuten auf einen signifikanten Unterschied
im Prä-Post-Vergleich hin: * p < 0,05; ** p < 0,001.
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НЕВРОЛОГИЯ
Besondere Vorteile der apparativ-assistiven Bewegungs-
therapie mit Hilfe eines MOTOmed gracile12 gegenüber kon-
servativen Methoden der Behandlung von Kindern mit ICP:
1) nicht invasive Therapiemethode
2) Sicherheit und einfache Bedienung
3) gleichzeitige Betreuung von mehreren Kinder möglich
4) fördert die Motivation zur Fortführung der Therapie
5) moderate Belastungssteuerung für Kinder mit
unterschiedlichen Krankheitsverläufen möglich
Die Analyse der Daten lässt die Schlussfolgerung zu, dass
die apparativ-assistive MOTOmed Bewegungstherapie einen
DE 7
13.6/W80 05.12 ebnS
festen Bestandteil der ganzheitlichen Rehabilitation von
Kindern mit Zerebralparese darstellen sollte. Die regelmäßige
Anwendung eines MOTOmed gracile12 Bewegungstherapie-
gerätes kann zu einer Verbesserung der Beweglichkeit und des
Bewegungsumfangs beitragen und eröffnet somit Perspekti-
ven für eine soziale Adaptation des Kindes in der modernen
Gesellschaft.
Die Mitarbeiter der psychoneurologischen Einrichtung
Prof. Kurbanov bedanken sich bei der Firma » AB FORM
SISTEM « (Taschkent) für die technische und logistische Unter-
stützung bei der Durchführung dieser Studie.
Literatur
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