Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen Neue Folge Stadt und Hof Jahrgang 1 (2012)



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The Rožmberks. A short exhibition guide, mit Beiträgen von Jaroslav Pánek, Eliška Fučíková, Vratislav Vaníček, Jiří Kuthan, Robert Šimůnek, Petr Pavelec und Martin Gaži České Budějovice 2011 [Národní památkový ústav – Selbstverlag, kart., 204 S., 200 farb. Abb., 290 Kč].

Das Jahr 2011 stand in Tschechien unter dem Zeichen der Roten Rose. Die stark stilisierte, geometrische Blüte war das Symbol für das Rožmberský rok (Rosenbergjahr). Die Familie der Rosenberg (tsch. Rožmberkové) war das einst einflussreichste Adelsgeschlecht in Böhmen. Der 400. Jahrestag ihres Erlöschens war Anlass für zahlreiche Aktivitäten, Führungen und Ausstellungen, die sowohl in Südtschechien, woher die Familie stammte, wie auch in Prag stattfanden. Dazu gehörte auch eine Ausstellung unter dem Titel „Rožmberkové“ („Die Rosenberger“) im Waldstein-Reitsaal der Prager Nationalgalerie, die vom 19. Mai 2011 bis zum 21. August 2011 präsentiert wurde. Die charakteristische, den Blick fesselnde Figur des reitenden Ritters in einer goldenen mit roten Rosen geschmückten Rüstung, die auf einem Plakat für die Ausstellung warb, ziert auch die Einbände der beiden kleinen Ausstellungsführer, deren Texte einmal in tschechischer, einmal in englischer Sprache verfasst sind. Vorgestellt wird hier der englischsprachige Katalog.

Dieser kleine Katalog erscheint in einem ungewöhnlichen, aber praktischen Format (19 x 24,5 cm) mit einem weichen Einband. Die dadurch gegebene Handbarkeit ist ungleich angenehmer als diejenige des immerhin vier Kilogramm schweren und 752 Seiten umfassenden Hauptkatalogs (Rožmberkové, rod českých velmožů a jeho cesta dějinami [Die Rosenberger ein böhmisches Magnatengeschlecht, und ihr Weg durch die Geschichte] mit Beiträgen von Jaroslav Pánek, Eliška Fučíková, Martin Gaži, Roman Lavička, Petr Pavelec und Robert Šimůnek, České Budějovice 2011), bietet aber eine ebenso hohe Qualität insbesondere auch der Abbildungen. Die Anlage des Kataloges verzichtet auf die traditionelle Aufteilung in einen Aufsatz- und einen Katalogteil, stattdessen sind diese beiden Teile direkt miteinander verbunden und unterscheiden sich lediglich nach verschiedenen Hintergründen. Anzumerken ist, dass die Katalogsteile nicht immer einen inhaltlich-thematischen Bezug zum vorangehenden Aufsatz haben. So sind die sechs Essays auf schlichtem, weißem Grund gedruckt, der für die Lektüre den notwendigen Kontrast bietet, der Katalogteil hingegen ist leicht cremig unterlegt und bietet die einfarbige Variante des Musters der Wandbemalung von Schloss Kratochvile, einem der Familiensitze der Rosenberg – dasselbe Muster in Grautönen ist auf dem Buchdeckel zu sehen, die dem Original entsprechende Variante wurde als Innenfutter des Einbandes benutzt. Diese achtsam ausgearbeiteten Details sind nur einige Beispiele für die große Sorgfalt, mit der der Band erstellt wurde. Mitsamt der bedachten Auswahl der Themen und ihrer hervorragenden Bearbeitung ist ein Werk entstanden, das sowohl dem interessierten Laien gerecht wird als auch der Fachwelt von großem Nutzen ist.

Den Essays dient als Ausgangpunkt die rote Rose, die den Leser bei der Lektüre stets begleitet und die den Band – im Rankenwerk der Ritterrüstung und im Symbol des Jubiläums – eröffnet und –als Hintergrundverzierung des hinteren Buchdeckels – beschließt. Der roten Rose ist auch der erste Aufsatz „The Rožmberks Rose“ von Peter Pavelec gewidmet. Am Beispiel mehrerer Kunstwerke wird gezeigt, wie die allgemein bekannte reiche Symbolik der roten Rose für die Ausformung der Familienidentität adaptiert wurde. Die reiche Bebilderung mit der Darstellung von Kunst- und Architekturobjekten unterstützt den Text.

Dieser kurzen Einführung folgt der umfangreichste Beitrag zur Geschichte des Geschlechts. Der von Jaroslav Pánek, Robert Šimůnek und Vratislav Vaníček verfasste Text zu „The Lords of Rožmberk: An historical study“ wird von zahlreichen Abbildungen gestützt, beigegeben sind acht Katalogeinschübe. Der Orientierung in diesem knapp 90 Seiten umfassenden Text dient eine klare Struktur, die sich auch in zwei Überschriftebenen spiegelt, sich aber bedauerlicherweise nicht im Inhaltsverzeichnis wiederfindet.

Auch der dritte Beitrag bezieht sich auf die Einbandgestaltung. „The Rožmberk Rider“ von Jiří Kuthan und Petr Pavelec ist dem zweiten Symbol der Familie Rosenberg, dem Reiter, gewidmet. Einem äußerst knappen historischen Abriss zur Verwendung dieser Darstellung in Böhmen folgt die Vorstellung der spezifischen Aspekte in der Anwendung dieses Symbols durch die Rosenberger. Sorgfältig ausgewählte Fotos von bspw. Siegeln begleiten die Ausführungen.

Die beiden folgenden Texte vervollständigen das Bild der Rosenberger durch die Darstellung der familienspezifischen Kultur. Robert Šimůnek stellt mit „The family traditions of the Lords of Rožmberk” die Traditionen der Familie vor. Eliška Fučíková setzt sich in ihrer Studie zu „The Rožmberk cultural environment at the dawn of the modern period“ mit den kulturellen Einflüssen, die die Rosenberger aufnahmen, auseinander, die sich in Bau, Umbau und Ausstattung der Familienresidenzen im 16. Jahrhundert zeigen.

Die letzte Studie gilt der aktuellen Wahrnehmung der Rosenberger. Wie gegenwärtig die Familie im heutigen Tschechien noch immer ist, veranschaulicht Martin Gaži mit einer Anekdote über ein Gespräch in einem Zug, die seinen Beitrag unter dem Titel „The Rožmberk in the literary and theatre ‘memory’ of the 19th and 20th centuries“ eröffnet. Als der Zug sich Schloss Kratochvile (Kurzweil) näherte, begann ein Fahrgast zu erzählen, wie der letzte der Rosenberger, Peter Vok, dieses Schloss zu seinem eigenen Vergnügen habe erbauen lassen und dass in jedem der kleinen Häuser in der Nachbarschaft des Schlosses eine Dame wohnte. Dass das Schloss tatsächlich von Peters Bruder erbaut wurde und die Quellen über das weibliche Personal schweigen, waren in diesem Gespräch nicht von Belang. Das aktuelle Interesse aber, von dem diese Erzählung für die lang erloschene Familie zeugt, überrascht nach der Lektüre dieses Beitrags nicht. Denn Gaži kann zeigen, wie umfangreich die Geschichte der Familie in der Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts rezipiert wurde bis hin zu ihrer Bearbeitung in Oper, Theater und Literatur.

Nicht nur die Bedeutung des kollektiven Gedächtnisses, sondern auch das ganz individuelle Verhältnis des Einzelnen zu den Rosenbergern wird zum Schluss des Bandes noch einmal besonders unterstrichen. So erscheint auf dem hinteren Buchdeckel ein Detail aus einem Porträt Peter Voks, des letzten Vertreters der Familie. Und dieses Detail ist ein Ordenszeichen in Form einer goldenen Schleife mit der Inschrift „Memento mori“, an der ein goldener Totenkopf hängt. In diesem Sinn beschließt als eine Art Postscriptum von eindrücklicher Aktualität ein Ausschnitt aus dem Testament des Peter Vok den Band, hier in der englischen Übersetzung: „It is my entire and ideal intention for all Estates to hereby be bequeathed by this my last will…, all the incomes from these domains for compassionate deeds; meaning for schools and academies, churches and hospitals, for funding scholarschips… also for professors‘ expenses, and to make the sum form this obligatory every year.“
Anna Paulina Orlowska, Kiel


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