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früher begonnenen Erzählung fort:
»Nun, wie ich sagte, so ist’s, aus mehr als einer schweren
Gefahr hat Gott unseren Herrn und Gebieter gnädiglich
errettet, aus den Händen der Meuchelmörder und aus den
Klauen eines grimmigen Bären, den Seine Durchlaucht mit
eigener Hand erlegte. Und wie war es nur, als wir 1592 nach
England reisten, da hat es uns an Gefahren zu Wasser und
zu Land nicht gefehlt. Denkt euch nur, ihr Herren, als wir
am 5. August (ich weiß es noch, als wär’s gestern erst
geschehen) zu Oldesloe, dem lumpigen Nest in Friesland,
übernachteten, da verriet der Schuft von Wirt etlichen
Schnapphahnen unsere Gegenwart, und wie wir nun im besten
Schlafe lagen, erhob sich auf einmal ein gräulicher Lärmen.
Unser Herr war der erste auf den Beinen und in den Waffen;
wir andere, nur zehn an der Zahl, hatten uns kaum erst
ermuntert, da drangen die Räuber schon ins Haus ein; ein
grimmiger Kerl riß die Türe zu des Herzogs Zimmer auf und
ruft: >Ergebt euch!< Unser mutiger Gebieter aber stieß ihn
zurück, warf die Türe zu und rief: >Schnell Kästen, Tische
und Bänke daher und die Gewehre geladen!< Ihr könnt euch
denken, wie wir uns beeilten; die draußen gaben sich zwar
alle Mühe, durchzubrechen, aber vergebens; da stießen sie
einen Laden auf, doch das war uns eben recht; kaum zeigte
sich einer, so gab ich Feuer und kopfüber stürzte der Kerl
hinab, die andern aber schossen unter die Räuber hinaus,
welche schreiend auseinanderstäubten. Nun ward es eine
Zeitlang ruhig und wir benützten diese Frist, um alle Gewehre
zu laden, deren wir genug hatten. Auf einmal klopft’s an der
Tür: wer war’s? der Hund von einem Wirt, der mit vielen
jämmerlichen Wehklagen eine Lügengeschichte zu erzählen
anhub, wie die Räuber ihn selbst unversehens überfallen
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hätten und nun sein Rattennest anzuzünden drohten, wenn
wir uns nicht ergeben. >Ein Fürst von Wirtenberg ergibt sich
solchem Gesindel nichts ent-gegnete unser Herr, >sie sollen’s
nur versuchen und sollen stürmen, wir sind wohlgerüstet.< -
>Aber doch ein Lösegeld<, ertönte des Wirts klägliche Stimme
von neuem. >Nichts von Lösegeld! Räubern kauf ich mein
Leben nicht ab!< ->Doch einen Trunk?< - >Nun meinetwegen,
laßt sie auf des Grafen Friedrich von Wirtenberg Gesundheit
trinken, bis sie voll und toll werden; aber jetzt entfernt euch
schnelle Der Wirt ließ sich das nicht zweimal sagen und bald
sahen wir beim Scheine des anbrechenden Morgens, wie er
ein großes Faß mit Bier und etliche mächtige Krüge mit
Branntwein in den Hof schleppte, wo nun die Schelme, deren
es wohl dreißig sein mochten, sich lagerten und tüchtig
soffen.
Zuletzt
kam
gemach
der
Hauptmann,
dankte
untertänigst
und
entschuldigte
sich,
sie
ständen
in
holländischen Diensten und hätten uns nur angegriffen, weil
sie uns für Spaniolen gehalten. Der Graf ließ ihm auch ein
Geschenk reichen und jubelnd zog die Schar, ihre toten
Genossen mittragend, davon. Ich muß gestehen, daß es mir
damals nicht wohl zumute war; aber größere Angst noch
stand ich aus, als uns bald nach unserer Abfahrt von Emden
ein gewaltiger Sturm überfiel. Ja! ihr Herren, das ist eine
ganz andere Sache, als wenn man nur so eine Handvoll
lumpiger Räuber vor sich hat; da wird der größte Eisenfresser
fromm wie ein Lamm; gewiß in meinem ganzen Leben hab’
ich nicht so viel gebetet, wie damals. Aber der Wind warf
unser Schiff auch hin und her, als wär’s nur eine Eierschale
und mit dem verdammten Meerwasser überschüttete er uns,
daß wir am ganzen Leibe keinen trockenen Faden hatten. Da
hat sich mehrmals einer auf sein letztes Stündlein gefaßt
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gemacht, nur unser Herr allein blieb gefaßt. Nun, wir kamen
auch mit der Angst davon, sonst säß’ ich heute nicht
wohlbehalten und guter Dinge im Hirsch zu Stuttgart. In
England ging’s uns gut; aber als hätt’ es der plumpe Tölpel,
der Sausewind, auf uns ganz besonders abgesehen gehabt,
faßte er uns auf der Rückreise noch einmal und womöglich
noch tüchtiger als das erstemal. Da hob er mit dem Schiff
einen Tanz an, den ich mein Leben lang nicht vergessen
werde; bald schwebte es so hoch oben, daß ich meinte, seine
Masten würden eines der Himmelsfenster einstoßen, bald war
es wieder so tief unten, daß einer, wenn er’s nur gemocht,
Kieselsteine aus dem Meeresgründe hätte heraufholen können
und wir alle wurden auf einmal tüchtige Wiedertäufer.«
»Wie meint Ihr das, Herr Morel?« unterbrach ihn einer der
Zuhörer.
»Wie ich’s meine?« entgegnete der Leibdiener; »nun, wir
erhielten damals die zweite Tauf und die fiel noch reichlicher
aus, als die erste. Selbst der Schiffspatron geriet in schwere
Angst; er ließ die Stricke und Segel abschneiden, Geschütz
und Waren über Bord werfen, und da alles nichts helfen
wollte, trat er mit betrübter Miene zum Grafen und sprach:
>Erlaucht, die Hoffnung auf Rettung ist dahin.< Dieser aber
tröstete ihn und sagte: >Erschreckt nicht so sehr, Patron;
solch einen Sturm haben wir schon einmal mit der Hilfe des
barmherzigen Gottes glücklich überstanden; er wird uns auch
diesmal aus der Gefahr helfen/ So war es auch. Am andern
Morgen, es war der siebente September, kamen wir zu
Mittelburg in Seeland an und sieben Wochen nachher saß ich
wieder wohlbehalten im Schlosse zu Mömpelgard.«
Hier endete Morel seine Erzählung und tat einen tiefen,
langen Zug aus dem vor ihm stehenden silbernen Becher.
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Diese Pause benutzte einer der Anwesenden und sprach:
»Aber erlaubt, Herr Morel, ist wirklich etwas Wahres daran,
daß Seine Durchlaucht die Reise nach England machten, um
zum reformierten Glauben überzugehen?«
»Das sagen ihm schlechte Leute nach«, entgegnete unwillig
Morel, »es ist aber ein dummes, verlogenes Geschwätz; mein
Herr ist ein so guter lutherischer Christ als irgendeiner; aber
er läßt sich freilich von den Pfaffen nicht im Barte kratzen,
wie der selige Herr. Hab’ ich mich doch, wie ich vor
anderthalb Jahren mit meinem Herrn zum letzten Male hier
war, nicht genug wundem können, was alles der Osiander auf
der Kanzel vor dem Ohre des Herzogs schwatzen durfte; weil
die Hofleute, sagte er, so gut sündigten wie die Bauern,
müsse man sie strafen, und das tat er denn auch mit sehr
scharfen Ausdrücken. Mein Herr sagte nachher: er habe
schon mehrmals einen Hofprediger gehört, aber noch nie
einen so unhöflichen und hochstrebenden, da doch die
Hofprediger höflicher und bescheidener sein sollten, als die
gemeinen Dorfpfaffen. Damm möcht’ ich dem Osiander
wohlmeinend raten, daß er künftig einen andern Ton
anstimmt. Doch ihr bringt mich da ganz von dem ab, was ich
eigentlich sagen wollte. Unser Herrgott, mein’ ich, hat Seine
Durchlaucht nicht umsonst mehr als einmal gnädiglich aus
Lebensgefahren errettet. Herzog Friedrich ist gewiß zu großen
Dingen bestimmt und ich hoff es noch zu erleben, ihn in
höherem Stand und Würde zu erblicken. Das Regiment des
Herrn Melchiors und des alten Landhofmeisters aber wird nun
freilich aufhören; denn beim Regieren läßt sich mein Herr
nicht dreinreden. Ich hab’ ihn mehr als einmal sprechen
hören: Wir sind der Herr, die Räte die Diener, darum müssen
sie tun, was Wir wollen und sollen’s nur Uns verantworten
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lassen/ Auch die Herren von der Landschaft mögen sich in
acht und das Maul nicht zu voll nehmen. Der Herzog weiß
schon selbst, was er tun und lassen muß.«
Über diese Äußerungen des Leibdieners erhob sich ein
ziemlich lebhafter Wortwechsel. Die Landschaft, behaupteten
die Bürger, sei berechtigt, bei der Regierung des Landes auch
mitzuraten und zu sprechen; dieses Recht verleihen ihr der
Tübinger Vertrag und andere Landesverträge und die
früheren Herzoge alle hätten es anerkannt. Morel dagegen
meinte, an die Verträge sei der Herzog nicht gebunden, da er
kein Nachkomme des Herzogs Ulrich, sondern dessen
Brudersohn sei, und die Pfaffen und Bürgermeister, welche in
der Landschaft säßen, hätten ihm in seine Regierung nichts
dreinzureden. Als der Streit heftiger zu werden drohte, sprach
ein greiser Bürger: »Was wollt ihr da länger hadern? Dort
sitzen die beiden Herren Landschaftsadvokaten, die können
uns darüber den besten Bescheid geben.«
Broll und Bidembach waren dem Gange des Gesprächs mit
Aufmerksamkeit
gefolgt,
hatten
mehrmals
einander
bedeutsame
Blicke
zugeworfen,
auch
einigemal
leise
miteinander gesprochen. Nun erhob sich der erstere, trat vor
den Tisch, an dem die Bürger saßen, und sagte: »Seine
Durchlaucht haben noch bei Lebzeiten des seligen Herrn
feierlich versprochen, Prälaten und Landschaft bei ihren
Privilegien und Freiheiten zu lassen und zu handhaben, dies
Versprechen werden sie auch halten; darum beruhigt euch,
liebe Freunde, und fangt keinen unnützen Streit an, sondern
bedenkt, daß heute ein Tag der Freude und des Friedens ist.«
Hierauf winkte Broll seinem Gefährten und beide verließen die
Gesellschaft.
Morel brummte etwas vor sich hin, war jedoch zu klug und
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zu vorsichtig, als daß er den Streit weiter fortgesetzt hätte
und das Gespräch nahm bald eine andere Wendung. Es kam
auf des Herzogs Vorliebe zu geheimen Künsten, namentlich
zur Alchymie, und der Leibdiener hatte seinen Unmut bald
wieder vergessen; denn nach dem Sprichwort: wie der Herr,
so der Diener, hatte auch er eine hohe Meinung von jener
wunderbaren Kunst, welche sich rühmte, unedle Metalle in
Gold verwandeln zu können. Er erzählte davon solche
Wunderdinge,
daß
die
Anwesenden
Mund
und
Ohren
aufsperrten;
endlich
aber,
als
es
auf
dem
großen
Stiftskirchenturm 8 Uhr schlug, sprach er: »Ja! ich sag’s
euch, ihr Herren, und daß ich wahr gesprochen, werdet ihr
bald selbst erfahren; es wird ein ganz neues Leben in eure
Stadt kommen und auch ihr werdet großen Nutzen davon
haben; der Herzog ist ein prachthebender, freigiebiger Herr,
er hält etwas darauf, eine stattliche Hofhaltung zu haben; er
wird eure Stadt mit schönen Bauwerken schmücken und euch
selbst durch mancherlei Feste etwas zu schauen geben. Nun
aber, gute Nacht, ich möcht’ nicht zu spät ins Schloß
kommen; so gnädig auch der Herr gegen seine Diener und
vornehmlich gegen mich gesinnt ist, so kann er’s doch nicht
leiden, wenn sie ihre Pflicht vernachlässigen.« Morel erhob
sich und verließ das Wirtszimmer, das nun sich allgemach
leerte, da die ehrsamen Bürger den Nachtimbiß zu Hause
nicht versäumen wollten.
Im Schlosse hatte indes eine geräuschvolle Tätigkeit
geherrscht; man packte ab, ordnete und richtete sich ein, die
Diener liefen geschäftig umher, die Hofbeamten sahen bald
da, bald dort nach, ob ihre Befehle auch gehörig vollzogen
würden. So ging es fort, bis die Glocke zur Abendmahlzeit
rief. Nach deren Beendigung, als sich die herzogliche Familie
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schon
in
ihre
Gemächer
zurückgezogen
hatte,
saßen
Degenfeld und Firks noch beieinander und jener sprach:
»Nun, wie gefällt’s Euch hier in Stuttgart, Herr Hofrat?«
»Gar nicht so übel«, antwortete dieser, »ich bin diesen
Nachmittag mit dem Hauptmann Escuyeres in der Stadt
herumgeritten; in ihrem Innern sind nun freilich viele enge
und krumme Gäßlein und schmutzige Winkel, in welche wir
uns gar nicht hineinwagten; aber die obere Vorstadt hat recht
schöne, gerade Straßen, auch sahen wir manches stattliche
Gebäude; was uns aber am meisten erfreute, war der Anblick
so vieler hübscher Dirnen, mit frischen roten Wangen,
munteren Äuglein und reichem blonden und braunen
Lockenhaar.«
»Das glaub’ ich«, erwiderte Degenfeld lachend, »schon eine
einzige schöne Dirn könnte Euch manchmal den Kopf
verwirren, wieviel mehr noch der Anblick so vieler.«
»Von Kopfverwirren war bei mir wohl noch nie die Rede«,
erwiderte Firks etwas empfindlich; Degenfeld aber fuhr fort:
»Nun, werdet doch nicht gleich so heftig, ’s war ja nur
Scherz, aber im vollen Emst sag’ ich Euch, hofft bei der
weiblichen Jugend Stuttgarts nicht auf so viele und zu leichte
Siege; diese Mädchen sind nicht nur schön, sie sind auch
tugendsam und gegen euch Fremde hegen sie einen
besonderen Widerwillen.«
»Das wird sich schon geben«, antwortete Firks, »ich darf
mich rühmen, schon manche spröde Tugend besiegt zu
haben. Gegenwärtig aber hab’ ich’s nur auf eine abgesehen,
ein Mädchen, sag’ ich Euch, schön wie ein Engel!«
»Wer ist denn diese Göttin, die Euer Herz so schnell in
Flammen zu setzen vermochte?« fragte Degenfeld.
»Als wir über den Markt ritten«, sprach Firks, »schaute das
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Mädchen nur verstohlen aus dem Fenster eines Hauses, als
aber mein Blick sie traf, trat sie erschrocken zurück Das
Haus hab’ ich mir wohl gemerkt, es steht an der Ecke einer
engen Gasse und ist mit den Steinbildnem der Mutter Gottes
und des heiligen Christoph geschmückt.«
»Da wohnt ja der Landschaftsadvokat Broll«, entgegnete
Degenfeld, »und das Mädchen wird wohl seine Tochter sein,
deren Schönheit ich schon früher rühmen hörte, aber ich
kann Euch hier von Eurer Liebeswerbung wenig Erfolg
versprechen; der Vater ist ein alter; deutscher Bär, der Euch,
wenn er Eure Absicht merkt, kurz abfertigen wird; überdies
ist seine Tochter mit seinem Amtsgenossen, dem jungen
Bidembach versprochen und der läßt auch nicht mit sich
spaßen.«
»Je schwieriger der Kampf, desto glorreicher der Sieg«,
sprach Firks, »ich lasse mich dadurch nicht abschrecken.«
»Nun, so versucht denn Euer Glück«, sagte Degenfeld,
»denkt aber doch ein wenig über die Sache nach und jetzt
schlaft wohl!«
Degenfeld hatte richtig geurteilt; dem schönen Liefländer,
der
sonst
sich
so
manches
leichten
Siegs
über
Mädchenherzen zu rühmen wußte, wollte es bei Marie Broll
nicht gelingen. Er ritt fleißig am Hause vorbei und gab hier
seine besten Reitkünste preis, aber das Mädchen zeigte sich
nie am Fenster; nur die Gassenbuben und die Marktleute
staunten den gewandten Reiter an und stoben rasch
auseinander, wenn dieser im Zorn auf sie losritt. Beim
Kirchgang war Marie entweder von ihrer Mutter oder von
einer alten Dienerin begleitet und schlug, wenn sie ihren
ungebetenen Liebhaber erblickte, sittsam die Augen nieder. Da
sann Firks auf ein anderes Mittel, sich ihr zu nähern; dem
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Hofrat,
dem
Günstling
des
Herzogs,
konnte
der
Landschaftsadvokat seine Türe nicht verschließen und so trat
denn einmal der Edelmann ganz unerwartet in Brolls
Familienzimmer ein. Er wußte sich gar fein zu benehmen;
einen so angesehenen und seiner Verdienste wegen so
geachteten Mann, sprach er, habe er längst auch persönlich
zu kennen gewünscht; er erzählte von seinen Reisen, von den
Merkwürdigkeiten fremder Länder und gab sich alle Mühe,
seine Liebenswürdigkeit ins rechte Licht zu stellen. Auch hatte
er, nach Degenfelds Rat, seine gewöhnliche Leichtfertigkeit
völlig bemeistert und so erschien er denn auch wirklich als
ein bescheidener, einnehmender junger Mann. Die Besuche
wurden, zum großen Ärger Brolls, der ihren Zweck bald
merkte, fortgesetzt und Firks erschien dabei immer als der
vollendetste
Stutzer
seiner
Zeit
gekleidet.
Seine
von
Wohlgerüchen duftenden Haare waren zierlich gekräuselt, der
Bart über der Oberlippe und am Kinn gar sorgfältig geordnet;
er trug einen seidenen, mit Goldborten besetzten Mantel, ein
enganschließendes Wams von schwarzem Samt, auf dem eine
schwere goldene Kette glänzte; die Beinkleider von Atlas
waren mit Kniebändem von Goldstoff versehen, die Strümpfe
von glänzend weißer Seide und die Schuhe waren fein
geschlitzt. So stand der fremde Edelmann vor Marien und
suchte mit süßem Geschwätz ihr Herz zu betören, wurde ihr
aber dadurch immer noch widerwärtiger. Sie klagte auch dem
Bräutigam ihre Not und dieser beschloß, der zudringlichen
Bewerbung ein Ende zu machen. Dazu fand sich bald
Gelegenheit.
Eines Tages, als Broll eben in Landschafts-Angelegenheiten
verreist war, saß er im traulichen Gespräche mit seiner
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Verlobten da, als Firks hereintrat; daß beide Männer gerade
nicht die freundlichsten Blicke wechselten, läßt sich denken.
»Ei!« sprach der Eingetretene spöttisch, »ich hätte nicht
geglaubt, daß Eure vielen und wichtigen Geschäfte, Herr
Landschaftsadvokat, Euch noch Zeit ließen, auch dem Dienste
schöner Damen Euch zu widmen. Nun, ich denke, Ihr sollt
bald noch mehr Muße dazu bekommen; denn mit dem
Pfaffen-und Spießbürgerregiment, das ihr Wirtenberger die
Landschaft nennt und auf das ihr so stolz seid, wird es bald
ein Ende haben. Seine Durchlaucht ist verständig genug, um
allein regieren zu können und braucht so lästige Mitregenten
nicht.«
»Herr Hofrat«, entgegnete Bidembach, »Euren Hohn über
Prälaten und Landschaften verzeih’ ich Euch, als einem
Fremden; was Ihr aber da von der Aufhebung unserer
Verfassung sprecht, ist ein leeres Geschwätz; wir haben sie
auf dem Wege des Vertrags erlangt und werden sie zu
verteidigen
wissen; übrigens hat unser durchlauchtiger
Landesherr sie ebensogut als seine Vorgänger bestätigt und
beschworen.«
»Mit Euch streit’ ich nicht darüber«, sprach Firks, den
Landschaftsadvokaten verächtlich anblickend, »aber entfernt
Euch
jetzt
und
geht
an
Euer
Geschäft;
bei
meiner
Unterhaltung mit der Dame hier ist Eure Gegenwart höchst
überflüssig.«
Unwillig erwiderte Bidembach: »Sie ist meine Braut und ich
werde sie gegen Eure Zudringlichkeit zu schützen wissen.«
»Ihr seid in der Tat ein trefflicher Beschützer!« lachte der
Hofrat, »wie ich Euch bald zeigen werde; Ihr sollt noch mehr
von mir hören.« Zürnend verließ er das Zimmer und nur zu
bald wurde seine Drohung wahr.
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Im Schlosse traf Firks auf Degenfeld, der ihm ein Schreiben
reichte mit den Worten: »Da seht selbst, welchen Ton sich die
Landschaft gegen unsem Gebieter erlaubt, und der, welcher
dies Schreiben aufgesetzt hat, ist kein anderer, aus Euer
Nebenbuhler bei der schönen Marie.« - »Bidembach, das ist ja
herrlich!« rief der Hoffat, »und paßt vortrefflich zu meinen
Absichten.« Er erzählte hierauf Degenfeld den Auftritt mit
Bidembach und beide waren bald mit ihrem Plane fertig.
Sie gingen ungesäumt zum Herzog, den die Beschwerden
und Wünsche, der Vorwurf, daß er die Fremden den
Landeskindem vorziehe, die Warnung, sich nicht in auswärtige
Kriege und Händel einzulassen und noch so manche andere
Stelle im landschaftlichen Schreiben sehr in Harnisch jagten.
Bei dieser Stimmung Friedrichs war es beiden, besonders da
Firks sich nicht scheute, zu behaupten, Bidembach habe in
der Unterredung mit ihm Drohworte gegen den Herzog
ausgestoßen, nicht schwer, diesen zu einem Gewaltschritte
gegen den Landschaftsadvokaten zu bewegen. Noch am Abend
desselben Tages wurde Bidembach verhaftet und in ein sonst
nur für Missetäter bestimmtes Gefängnis gesetzt. Diese Tat
erregte großes Aufsehen; der Vater des Gefangenen, Friedrich
Bidembach, Prälat in Bebenhausen, verfiel in Schwermut und
stürzte vom Turme seines Klosters herab; Marie, welche ihre
Eltern sogleich aus Stuttgart entfernt hatten, härmte sich in
der
ländlichen
Zurückgezogenheit
eines
fernen
Schwarzwalddorfes ab, und die Landschaft bat vergebens um
Gnade für ihren Advokaten, hiebei an die Verdienste seines
Vaters und seines mütterlichen Großvaters, des berühmten
Johann Brenz, erinnernd. >Solchen schädlichen Narren<,
sprach der Herzog, muß man mit Kolben lausen.< Erst als er
den schlimmen Eindruck, den sein Verfahren im Lande
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