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sah, daß Friedrich einige Zeichen von Ungeduld blicken ließ,
worauf er sich an ihn wendete und sprach: »Wenn Eure
Durchlaucht es erlauben, so geb’ ich nur eine kleine Probe
meiner Kunst; in dem Kölbchen habe ich etwas von meinem
Goldpulver, dort liegt ein Stück Blei und hier sind ja Tiegel
genug bei der Hand.« Wohlweislich aber ergriff Honauer
seinen eigenen Tiegel, legte das Blei hinein, schüttete das
Pulver darauf und zündete ein Kohlenfeuer darunter an.
Darm bat er Friedrich und alle Anwesenden, das Gemach zu
verlassen, schloß dieses ab und überreichte den Schlüssel
dem Herzog, auf welchen die Ruhe und Kaltblütigkeit des
Alchymisten großen Eindruck machte. Er wandelte mit ihm
einige Zeit im Garten auf und ab, bis Honauer ihn erinnerte,
daß jetzt die Verwandlung vorgegangen sein werde. Der
Herzog selbst schloß die Türe wieder auf und trat rasch zum
Tiegel, aus welchem ihm ein Stückchen Gold entgegenglänzte,
Keppler mußte es sogleich prüfen und versicherte, daß es
vom reinsten Gehalt sei. Friedrich war hocherfreut; »Ihr dürft
mich sobald nicht verlassen, Herr von Grabenschütz«, sprach
er, »es soll Euch bei mir gewiß so gut gefallen, als in
Spanien! Ihr seid von jetzt an mein Gast und was Ihr wünscht
oder begehrt, sollt Ihr erhalten.« Der schlaue Goldmacher
machte anfangs einige Schwierigkeiten, entsprach jedoch
zuletzt des Herzogs Wunsche, welcher nun sogleich einigen im
Schloß wohnenden Räten und adeligen Dienern auszuziehen
befahl, damit Honauer ja eine recht stattliche Wohnung
erhalte. Auch stellte er ihm für sich und alle die Seinigen
einen Schirm- und Freibrief aus, schloß mit ihm einen
Vertrag, daß beide Verlust und Gewinn gleich teilen wollen
und gebot Keppler, alles nötige herbeizuschaffen, sonst aber
sich nicht in des Alchymisten Sache zu mischen.
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Am Abend des verhängnisvollen Tages saßen der Freiherr
und sein Stallmeister gar traulich beieinander in einem
schönen Gemache des Schlosses und freuten sich ihrer
gelungenen List, wobei sie übrigens auch an einen Rückzug
für den Fall der Not dachten.
Wahrend dieser säubern Unterhaltung klopfte es an der Tür
und herein trat Morel; er trug zwei goldene Ketten mit
Medaillen, worauf des Herzogs Bild zu sehen war, in der
Hand; die eine mit Edelsteinen verzierte übergab er Honauer,
die
andere
dessen
Stallmeister
und
sprach:
»Seine
Durchlaucht läßt Euch Ihren gnädigen Gruß entbieten und
übersendet Euch diese Ketten als ein kleines Andenken.«
»Seine Durchlaucht beweisen uns zuviel Gnade«, antwortete
der
Goldmacher,
»ich
werde
derselben
aber
meinen
untertänigsten Dank persönlich abstatten.«
»Ja«, fuhr Morel fort, »der durchlauchtigste Fürst ist ein gar
generöser Herr, wenn es gilt, Männer von wahrem Verdienst
zu belohnen; nur gegen Pfuscher, Stümper und Betrüger zeigt
er sich scharf. Daß aber Eure Gnaden dies nicht sind, naben
Sie heute bewiesen. Wenn ich das Geheimnis wüßte, ein
solches Pulver zu verfertigen, ich machte mir einen ganzen
Haufen davon, schaffte etlich tausend Zentner Blei an und
wollte dann herrlich und in Freuden leben, wiewohl ich mit
meiner jetzigen Lage auch nicht unzufrieden bin.«
»Ei! Herr Leibdiener«, entgegnete der Alchymist, »man muß
auch an seinen Nebenmenschen denken; das ist eben ein
Beweis
unserer
edlen
vortrefflichen
Kunst,
daß
wir
Alchymisten unsere geheimen wunderbaren Kenntnisse auch
anderen mitteilen. Was Ihr bisher gesehen habt, ist nur eine
Kleinigkeit; ich vermag noch viel größeres zu leisten. Wenn
ich Zeit bekomme, will ich demnächst Euch einmal wieder
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aurutn potabile verfertigen; das ist eine Arznei von solchem
Vermögen und solchen Kräften, dergleichen kein Mensch
auszusprechen vermag. Auch den lapidem philosophieum oder
den Stein der Weisen, das große Magisterium oder die rote
Tinktur genannt, versteh’ ich zu verfertigen, wiewohl das eine
nicht nur schwierige, sondern auch langwierige und kostbare
Sache ist; wenn man ihn aber einmal hat, so ist man für alle
Mühen und Kosten auch genug belohnt; denn dieser Stein
besitzt die wunderbarsten Kräfte, er heilt alle Krankheiten und
verwandelt alle Metalle in Gold.« Nach diesen Reden, deren
Eindruck auf den Leibdiener dem Alchymisten nicht entging,
verbreitete sich derselbe über andere Mittel, Gold und
dergleichen zu bereiten und gab die Rezepte dazu an.
So
weihte
der
Alchymist
den
Leibdiener
in
seine
geheimnisvollen wunderbaren Künste ein und dieser unterließ
nicht,
dessen
große
Kenntnisse
dem
Herzog
gehörig
herauszustreichen. Sobald der philosophische Turm fertig
war, begann Honauer, anscheinend mit großem Eifer, seine
Arbeit und Friedrich besuchte ihn fleißig dabei. Der listige
Goldmacher wußte diese Besuche klug zu benützen, um seine
Gunst immer mehr zu gewinnen, seine Begierde immer höher
zu entflammen; dafür erhielt er von Zeit zu Zeit reiche
Geschenke von Friedrich und wurde mit seinem Gefolge aufs
beste traktiert. Die stolzesten Hofleute bewarben sich um
seine Gunst und er ging mit ihnen wie mit seinesgleichen um,
trank auch »auf den Dauz« mit ihnen und unterhielt sie mit
mancherlei Kunststücken. Einmal legte er mittags ein Ei in
Sonnenschein,
welches
sich
zur
Verwunderung
aller
Zuschauer frei in die Luft erhob; ein andermal beschüttete er
die Wurzeln eines Apfelbaumes mit einem gewissen Pulver
und nach kurzer Zeit fiel ein Apfel nach dem andern vom
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Baum; er bewirkte, daß Fische in einem Teich ihm von selbst
zuschwammen, fing sie und bereitete sie in einer papiemen
Pfanne zu. Bei den Hoffräulein empfahl er sich, indem er die
Sommersprossen vertreiben und eine schöne Schminke
bereiten lehrte. Bald war ganz Stuttgart voll vom Lob des
großen Tausendkünstlers, in Gesellschaften und Wirtshäusern
erzählte man die unglaublichsten Dinge von ihm, und sein
Stallmeister - denn ihn selbst sah man nur in der
Gesellschaft von Adeligen und Hofleuten - der mit Morel die
Zusammenkünfte der Bürger besuchte, trug durch seine
Erzählungen treulich dazu bei, die hohe Meinung, welche man
von seinem Herrn hatte, noch mehr zu steigern.
Aber der Krug geht so lange zum Wasser; bis er bricht; die
Wahrheit dieses Sprichworts sollte auch Honauer erfahren. Er
beeilte sich natürlich bei seinem Hauptwerke nicht sehr;
obwohl der Herzog der Beendigung desselben mit gespannter
Erwartung entgegensah; denn nicht weniger als fünf Zentner
Hei-denheimer Eisen sollten dadurch in Gold verwandelt
werden. Friedrich wurde ungeduldig und als Honauer alle
andern Ausflüchte und Entschuldigungen erschöpft hatte,
erklärte er auf einmal, das Heidenheimer Eisen sei zu weich,
er müsse anderes aus Mömpelgard haben.
Sogleich erging dorthin der Befehl, alles im Zeughaus
daselbst vorrätige Eisen nach Stuttgart zu liefern und der
Goldmacher gewann eine neue Frist, welche er wohl zu
benützen wußte. Vom Herzog hatte er neben den reichen
Geschenken mehrere Edelsteine erhalten, welchen er einen
schönen Glanz verschaffen zu können sich rühmte; sein
Stallmeister aber hatte da und dort bei wohlhabenden Bürgern
der Stadt unter allerlei Vorwänden Geld entlehnt, von einigen,
welche eine so gewinnreiche Kunst, wie das Goldmachen,
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auch lernen wollten, Vorschüsse empfangen und so brachten
die beiden Betrüger über 20 000 Gulden an Geld und
Geldeswert zusammen. Ihre Pferde hatten sie bis auf drei
verkauft und ihre Diener beschlossen sie, bis auf einen,
welcher auch in den Betrug eingeweiht war, ihrem Schicksal
zu überlassen. Ehe noch das Eisen aus Mömpelgard
angekommen war, bat Honauer den Herzog um die Erlaubnis,
einen Ritt nach Reutlingen machen zu dürfen; sie wurde ihm
nicht verweigert; denn er ließ ja mehrere schwere Kisten von
beträchtlichem Umfang zurück, von denen der Stallmeister
dem Leibdiener und andern ganz im Vertrauen mitgeteilt
hatte, daß neben andern kostbaren Sachen auch eine
beträchtliche Quantität des berühmten Goldpulvers darin
enthalten sei. Ganz wohlgemut verließ Honauer mit seinem
Stallmeister und einem Diener an einem trüben Novembertage
Stuttgart, hielt sich aber in Reutlingen nicht lange auf,
sondern eilte weiterzukommen. Als er zu lange ausblieb, ließ
der Herzog sich nach ihm erkundigen und so wurde der
ganze Betrug entdeckt. In den Kisten fand man nichts, als
Sand,
Steine
und
anderes
unnützes
Zeug;
die
zurückgelassenen Diener aber wußten über ihren entflohenen
Herrn nichts anzugeben, da dieser sie erst kurz vor seiner
Ankunft in Stuttgart angenommen hatte, und man ließ sie
daher nach kurzer Haft frei.
Als Friedrich sich so arg betrogen sah, geriet er in heftigen
Zorn und schwur, den Goldmacher bis in die fernsten Länder
Europas verfolgen zu lassen. Der Kloster-Hofmeister zu Weil,
Daniel Müller, der mit den Personen der Entflohenen wohl
bekannt war, und Georg Porcell, Amtsknecht zu Knittlingen,
welcher die Niederlande schon mehrmals bereist hatte,
wurden sogleich abgeschickt, mit dem Befehl, den Land- und
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Leutebetrüger, wo sie ihn treffen, »niederwerfen zu lassen«,
mit einem offenen Briefe an alle Stände und Obrigkeiten,
welche gebeten wurden, den Abgesandten alle Hilfe zu leisten,
damit sie Honauer, dessen Person genau beschrieben wurde,
einfangen könnten (den 17. November 1596).
Sie zogen lange umher, bis sie endlich die Spur der
Entwichenen auffanden und erfuhren, daß diese sich zu dem
Grafen Adolf von Holstein und Schaumburg begeben hatten.
Sogleich wurde nun Benjamin von Bouwinghau-sen an den
Grafen geschickt, um Honauers Auslieferung zu begehren. Der
gewandte Betrüger aber hatte diesen schon so sehr für sich
zu gewinnen gewußt, daß der Graf die Auslieferung geradezu
verweigerte. Jetzt begehrte der Herzog vom Kaiser ein Mandat
zur Auslieferung Honauers, schrieb auch an den Herzog von
Braunschweig und an den Landgrafen von Hessen und bat sie
ihm hiebei behilflich zu sein.
Hierauf ward Bouwinghausen zum zweitenmal zum Grafen
von Holstein geschickt. Diesmal hatte die Sendung auch einen
besseren Erfolg; das kaiserliche Mandat und die Vorstellungen
der beiden Fürsten machten den Grafen nachgiebiger und er
lieferte nach kurzen Unterhandlungen Honauer aus, welcher
nun nebst seinem Stallmeister auf einen Wagen geschmiedet
und unter starker Bedeckung nach Stuttgart geführt wurde,
wo er im März 1597 ankam. Die Untersuchung, die man nun
anstellte, und die im Ausland gemachten Nachforschungen
zeigten, daß der angebliche Freiherr der Sohn eines
Goldschmieds aus Olmütz und ein gar arger Betrüger war, der
seine falschen Künste schon an manchen Orten in Polen und
Deutschland ausgeübt, und namentlich den Herzog von
Teschen und einen Freiherm von Dietrichstein um große
Geldsummen geprellt hatte. Man machte daher ihm auch ohne
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weiteres den Prozeß und das Stadtgericht zu Stuttgart tat den
Ausspruch:
Honauer
solle
wegen
seiner
vielfältigen
Betrügereien und Diebereien, auch wegen Meineids und
anderer schlechten Handlungen, dem Nachrichter übergeben,
ihm von diesem auf dem Schloßplatz die Hand abgehauen und
er hierauf gehängt werden.
Den Galgen aber, welcher zur Hinrichtung des Betrügers
bestimmt wurde, ließ der Herzog aus dem von Mömpelgard
herbeigeführten
Eisen
verfertigen.
Er
war
schön
rot
angestrichen, 18 Fuß hoch und erhob sich aus einem
Fußgestell von starken Quadersteinen.
Oben auf ihm stand ein zweiter, 13 Fuß hoher Galgen, der
gleich einer Wetterfahne vom Wind herumgetrieben werden
konnte.
An dem zur Hinrichtung bestimmten Tage, den 2. April
1597, sah man von allen Seiten her Scharen Neugieriger nach
Stuttgart strömen, in Wagen, zu Roß und zu Fuß, von nah
und fern, selbst aus Ulm, Nürnberg und Augsburg; die Wirte
bekamen einen guten Tag, der Goldmacher aber einen desto
schlimmem. Zuerst führte man ihn aufs Rathaus und
publizierte ihm das Urteil; da schwand aller Trotz, den er bis
dahin gezeigt hatte; demütig flehte er um Gnade, und da all
sein Flehen umsonst war, fing er an zu weinen und zu
jammern; allein er fand wenig Mitleid unter den Zuschauern,
selbst als man auf dem Schloßplatz ihm zwei Finger abhieb.
Der Hofprediger Osiander, der ihn zur Richtstätte begleitete,
hatte große Mühe, ihn daliin zu bringen, daß er sich nur
einigermaßen faßte. »Herr Gott! in Deine Hände befehl’ ich
meinen Geist!« waren die letzten Worte des Verbrechers; still
bestieg er hierauf die Leiter und bald hing am obem Galgen
die Leiche des Herrn zu Brunnhof und Grabenschütz, gar
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stattlich
mit
einem
Federhut
und
einem
Kleide
von
Goldschaum geziert, wie der Herzog es, um Honauers
doppelten Betrug dadurch anzudeuten, befohlen hatte. Unten
an den Galgen hin kam folgende Inschrift:
Hier hangt der Bösivicht weit bekannt,
Georg Honauer ist er genannt,
Aus Mährenland kam er hieher.
Betrug und Hochmut übte er;
Aus Eisen wollt er machen Gold,
Welches doch niemand ihm glauben Sant’,
Er hat verleugnet seinen Stand,
Wollt’ sein ein großer Herr genannt.
Hoffärtig’s G’müt, leichtfertig’s Herz
Fand sich bei ihm nur wie ein Scherz.
Fürsten und Herrn hat er betrogen,
Daß er auch Land und Leute belogen,
Groß’ Büberei hat er begangen,
Also hat er sein Lohn empfangen.
Er war nicht wert, daß er auf Erd’
Sollt haben sein Begräbnis wert,
Sondern da hangen in der Luft
Zwischen Himmel und Erdenkluft,
Zur wohlverdienten Straf und Lohn,
Andern zu einem Exempel schon.
Drum wer hier vorübergeht,
Dies Exempel ihm vor Augen steht,
Er sei jetzt gleich frei oder Knecht,
Der soll bedenken: Gott ist gerecht,
Der läßt kein Übel ungerochen.
Daß kein Urteil werd’gesprochen,
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Dafür behüt uns Gott allsammen;
Wer hier vorübergeht, sprech: Amen
Der eiserne Galgen stand in der Wolframshalde bei der von
ihm benannten Galgensteig und wurde erst 1748 abgebrochen.
Der letzte Verbrecher, welchen man daran aufhängte, war der
berüchtigte Jude Süß.
Honauers Stallmeister wußte anfangs alle Mitschuld von sich
abzuwälzen; nach weiteren Erkundigungen fand sich aber
dann, daß derselbe sich fälschlich für einen Edelmann
ausgegeben, vielmehr ein Juwelier sei, dessen Namen man
wegen mannigfacher Betrügereien schon früher in Ungarn an
den Galgen geschlagen hatte. Jetzt machte man wenig
Umstände mit dem edlen Herrn von Werden, er wurde an den
neben dem eisernen stehenden hölzernen Galgen aufgehängt.
Durch diese abschreckenden Beispiele aber wurden andere
Betrüger ebensowenig gewitzigt, als der Herzog selbst durch
den Schaden, welcher ihm von Honauer zugefügt worden war.
Der nächste Goldmacher, welcher den Galgen zierte, war der
blinde Johann Heinrich Neuscheler von Zürich, auf ihn folgten
Peter Montanus und Johann Heinrich Müller. Dieser letztere,
aus Wasseln-heim im Elsaß gebürtig, seines Gewerbes ein
Barbier, welcher früher in der benachbarten Reichsstadt
Eßlingen in Diensten gestanden und auf der Wanderschaft zu
Florenz die Alchymie erlernt hatte, übertraf Honauer noch an
Klugheit und List. Kaiser Rudolf, damals einer der eifrigsten
Freunde der Alchymie, erhob den geschmeidigen, mit
körperlichen und geistigen Vorzügen in nicht geringem Maße
ausgestatteten Mann unter dem Namen von Mühlenfels in den
Adelstand und Herzog Friedrich, der von seinem großen Rufe
hörte, berief ihn im Jahre 1603 zu sich. Mühlenfels trat noch
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großprahlerischer auf als Honauer.
Im Frühjahr 1606 kam der Alchymist Michael Sendivogius,
welchen der Herzog durch große Versprechungen aus den
Diensten des Königs von Polen in die seinigen gelockt hatte,
nach Stuttgart und wurde nach Neidlingen geschickt, um hier
gemeinschaftlich mit Mühlenfels zu laborieren. Diesem jedoch
war der neue Ankömmling gar nicht willkommen, weil er von
ihm, der wirklich große Kenntnisse in der Chemie wie in der
Alchymie
besaß,
eine
Entdeckung
seiner
Betrügereien
fürchtete. Daher suchte er ihn baldmöglichst fortzuschaffen,
was ihm dadurch gelang, daß er demselben eine gewaltige
Angst vor der Rache beizubringen wußte, welche ihn treffen
würde, wenn er die Hoffnungen und Wünsche des Herzogs
nicht schnell und genügend befriedige. Mühlenfels wußte es
dahin zu bringen, daß er verhaftet wurde, half ihm aber
selbst in der ersten Nacht aus dem Gefängnis zur Flucht.
Mühlenfels meldete dem Herzog alsbald seine Flucht und
dieser war über den Betrüger sehr erbost. Nach einiger Zeit
jedoch kam ein Schreiben des Königs von Polen, worin er
über die Behandlung seines ehemaligen Dieners bittere Klage
führte und nun fiels wie Schuppen von Friedrichs Augen.
Sogleich ward Mühlenfels verhaftet und nach Stuttgart
gebracht. Er leugnete zwar; aber die Folter brachte ihn bald
zum Geständnis, daß er ein Betrüger sei. Jetzt wurde er auch
verurteilt und, nachdem man ihm zuvor drei Finger
abgehauen hatte, ebenfalls an den eisernen Galgen gehängt.
Er verschmähte allen geistlichen Zuspmch und starb als
verhärteter Bösewicht (30.Junius 1606).
Das Laborieren im alten Lusthaus aber hörte deswegen
nicht auf und noch nach des Herzogs Tod wurde ein
Alchymist namens Schüler wegen seiner Betrügereien zur
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Strafe gezogen. Auch Abenteurer und Projektenmacher
anderer Art besuchten damals häufig den Hof zu Stuttgart,
wo des Herzogs Vorliebe für geheime Künste und seine
Begierde, sich schnell und leicht die Mittel zu seinen
hochfliegenden Plänen zu verschaffen, ihnen stets eine gute
Aufnahme versprach, wenn sie ihre Rolle nur einigermaßen
gewandt zu spielen wußten.
Im Jahre 1598 erschien hier einer dieser Menschen,
Abraham Calomo aus Ferrara, der große Judenkünstler
genannt, welcher den Wundermann mit viel Kühnheit und
Glück zu spielen wußte und in allerlei Gauklerkünsten trefflich
erfahren war. Wenn er mit seinem langen weißen Barte im
faltigen Talar, den ein mit wundersamen Zeichen gestickter
Gürtel zusammenhielt, auf der Straße erschien, liefen die
Kinder vor Schrecken laut aufschreiend davon, die alten
Mütterchen versteckten sich im nächsten Hause und die
Frommen, Verwünschungen vor sich hinmurmelnd, wandten
sich
schnell
auf
die
andere
Seite.
Denn
es
waren
schreckliche, wunderbare Dinge, welche man von ihm
erzählte; daß er einen Bund mit dem Teufel habe, war ganz
ausgemacht, auch sollte er sich mehrere Jahrhunderte in den
Pyramiden Ägyptens aufgehalten haben und hier in der
geheimen
Weisheit
des
großen
Hermes
Trismegistos
unterrichtet worden sein; einige hielten ihn sogar für den
leibhaften ewigen Juden. Seine geringsten Wundertaten waren,
daß er Wasser in Wein, Steine in Brot verwandelte und einen
Stab auf den Boden warf, der dann als zischende Schlange
umherfuhr, bis der Zauberer diese am Kopf faßte und so
wieder als einen Stab emporhob. Dem Herzog empfahl er sich
hauptsächlich dadurch, daß er seiner Versicherung nach aus
jeder unter freiem Himmel liegenden Erde einen trefflichen
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