- 55 -
mit Julius Friedrich, Barbara mit dem erst dreizehnjährigen,
aber durch Größe und Fülle des Körpers bemerkbaren
Friedrich Achilles, und die siebenjährige Anna mit dem
neunjährigen
Magnus,
deren
unbefangene
kindliche
Fröhlichkeit
die
Zuschauer
sehr
ergötzte.
Nach
althergebrachter Sitte begleiteten vier Adelige mit Windlichtem
jedes Paar. Vor allem schauten die fürstlichen Eltern auf die
munteren, blühenden Kinder, wie sie in gemessenem Takte
sich bald gegeneinander, bald wieder rückwärts bewegten und
die kunstreichen Verschlingungen und Entwicklungen des
Tanzes so zierlich und genau ausführten. Hierauf wurde der
Tanz allgemein. In langer Reihe, sagt Cellius, saßen die edlen
Fräulein da, Göttinnen und Nymphen gleich, mit Gesichtem
wie Milch und Blut, geschmückt mit kostbaren Kleidern,
goldenen Ketten und Halsbinden, Armspangen und Ringen, auf
die Tänzer harrend, welche sie ehrerbietig aufforderten und
in
die
Reihen
der
Tanzenden
führten.
Fremde
und
Einheimische, Adelige und Hofleute nahten sich der Damen
blühendem Kreis und manchem Paare sah man es an, daß
nicht allein das Vergnügen des Tanzes, sondern auch ein
innigeres Gefühl es zusammengeführt hatte. Während der
Pausen boten reichgekleidete Diener Erfrischungen hemm,
überzuckerte Mandeln, eingemachte Früchte und allerlei
Backwerk, auch Wein in vergoldeten Pokalen. Der Ball endete
wie er begonnen hatte, mit einem Tanze des englischen
Gesandten mit der Herzogin, des Ordensherolds mit ihrer
ältesten
Tochter.
Nun
erst
legte
der
Herzog
seine
Ordenskleidung ab und das Abendessen fing an, wobei ein
Teil des Gefolges des englischen Gesandten die Geschichte der
Susanna unter großem Beifall aufführte. Am nächsten Tage,
nach genossenem Frühmahl, rief der Klang der Hörner
- 56 -
Einheimische und Fremde zur Jagd im Schönbuchwalde. Im
Schlosse zu Waldenbuch übernachtete der Herzog mit seinen
Gästen, wo sie den kunstreich in Gestalt einer Buche
gearbeiteten Willkommbecher austrinken mußten. Am 8.
November wurde die Jagd fortgesetzt und die Fremden
verwunderten
sich
besonders
über
die
Menge
von
Wildschweinen, welche dabei erlegt wurden. Das Schloß zu
Tübingen bot ein bequemes, geräumiges Nachtlager und der
nächste Tag wurde der Besichtigung des Collegium illustre,
jener
vom
Herzog
Ludwig
begonnenen,
von
Friedrich
vollendeten
Bildungsanstalt
für
junge
Adelige
und
Fürstensöhne,
und
andern
Merkwürdigkeiten
der
Stadt
gewidmet. Von hier führte der Herzog seine Gäste über
Nürtingen nach Kirch-heim und kehrte am 12. November mit
ihnen nach Stuttgart zurück. Hier verteilte er reiche
Geschenke unter sie, silberne und goldene Pokale und andere
Gefäße, Ketten, an welchen sein Bildnis hing, und an die
Dienerschaft
neugeprägte
wirtenbergische
Dukaten.
(Die
Geschenke wurden auf 12000 Gulden, die für den Gesandten
allein auf 5000 Gulden geschätzt; der Ordensherold erhielt
neben des Herzogs Kleidung, Schwert und Dolch noch 1000
Taler, sein Sohn einen goldenen Becher mit 100 Talern.) Als
hierauf am 14. November die Gesandtschaft die Heimreise
antrat, gab Friedrich ihr noch das Geleite bis Hohenasperg,
einige Hofleute und Adelige aber mußten sie bis Speier
begleiten.
Im
April
1604
erschien
dann
eine
wirtenbergische
Gesandtschaft beim Ordensfest in Windsor, um dem König
jakob zugleich den Dank des Herzogs für die Aufnahme in
den erlauchten und berühmten Orden des Hosenbandes
abzustatten. Friedrich selbst aber beging das Ordensfest jedes
- 57 -
Jahr zu Stuttgart mit großen Feierlichkeiten.
Die Goldmacher und die Juden
In einem Gemache des alten Schlosses saß zomfunkelnden
Blickes Herzog Friedrich, und vor ihm stand zitternd ein
Mann mit grauen Haaren, welche sein tiefgefurchtes, von
Leiden und Kummer entstelltes Antlitz beschatteten. Es war
der Goldmacher David Bürkheimer, welcher mit drei Gehilfen
im Frühling 1596 in Stuttgart angekommen war und dem
Herzoge seine Dienste angeboten hatte. »Betrogen habt Ihr
mich!« rief Friedrich; »Ihr gebt Euch für einen großen
Künstler aus und versprecht mir, aus jeder Mark Silbers acht
Lot Gold zu liefern, und was habt Ihr geleistet? Aber Ihr sollt
mir dafür büßen!«
»Gnade! Gnade!« flehte auf die Knie sinkend der Alchymist,
»ich selbst bin betrogen worden; ich war ein wohlhabender
Mann und konnte gemächlich leben, da kam der verruchte
Johann Hasenbüchler und beredete mich, Gold mit ihm zu
machen. Mein Vermögen ging in Rauch auf, der böse Schalk
aber wußte mich immer noch im Wahne zu erhalten, als ob
an seiner vorgeblichen Kunst etwas Wahres sei und
überredete mich, mit ihm zu Euer Durchlaucht zu gehen, die
als ein Liebhaber der edlen, vortrefflichen Kunst der Alchymie
uns gut aufhehmen würden. Jetzt hat er sich mit seinen
beiden Genossen heimlich entfernt und mich allein als Ziel
des gerechten Zornes Euer Durchlaucht überlassen.«
»Ihr schmäht noch die Kunst«, entgegnete der Herzog, »da
doch nur Eure und Eurer Spießgesellen Unwissenheit schuld
ist am Mißlingen Eurer Versuche. Wenn ihr nichts verstandet,
- 58 -
warum wolltet Ihr denn mich betrügen? Meint Ihr, jeder
Landstreicher dürfe kommen und ungestraft meine Gnade
mißbrauchen? Fort mit Euch; im Kerker sollt Ihr erkennen
lernen, daß Ihr ein unwissender Betrüger seid! Morel«, sprach
er, zu seinem Leibdiener sich wendend, »sorgt dafür, daß
dieser Mensch wohlverwahrt ins Gefängnis gebracht wird.«
Der bestürzte Goldmacher ließ sich ohne Widerstand
fortführen; Morel übergab ihn der Wache im Vorzimmer
draußen, deren Anführer er die schärfste Wachsamkeit
anempfahl, damit der Gefangene nicht entwische, und kehrte
dann wieder zu seinem Herrn zurück. »Euer Durchlaucht
hatten ganz recht«, sprach er, »daß Sie den Kerl einen
unwissenden
Betrüger
nannten;
ich
hab’s
ihm
gleich
angesehen, daß er nichts versteht; aber heute ist einer zu
Stuttgart angekommen, der scheint mir der rechte Mann zu
sein.«
»Wb ist er und wie heißt er?« unterbrach ihn hastig der
Herzog.
»Nun,
diesen
Morgen«,
fuhr
Morel
fort,
»als
Euer
Durchlaucht mich zum Herrn von Bouwinghausen schickte,
sah ich die Leute zusammenlaufen, und als ich mich
erkundigte, was es gebe, sagte man mir, da sei eben ein
vornehmer Herr mit starkem Gefolge den besetzten Weg
heruntergeritten, man wisse nicht, sei es ein Graf oder gar
ein Prinz. Nachdem ich daher meinen Auftrag ausgerichtet
hatte, begab ich mich in den Adler, wo, wie ich erfuhr, der
Fremde abgestiegen war. Ich erkannte bald, daß man mich
nicht falsch berichtet hatte; ich erblickte da sechs oder
sieben Diener in kostbaren Livreen, und hörte, daß der
fremde Herr etlich und zwanzig Pferde, zum Teil mit reicher
Ladung, gebracht und auch seinen eigenen Stallmeister habe.
- 59 -
Den suchte ich nun sogleich auf und fand an ihm einen recht
freundlichen, gefälligen Mann. Er ist vom Adel und heißt
Johann von Werden; sein Herr aber, wie er mir sagte, ist der
berühmte Alchymist Georg Honauer, Freiherr zu Brunhof und
Grabenschütz, der gerade auf einer Reise nach Madrid, wohin
ihn seine königliche Majestät von Spanien berufen haben,
begriffen ist.«
»Das wäre ein Mann für mich!« rief der Herzog, von seinem
Sitze aufspringend, »den soll mir der König von Spanien nicht
wegschnappen. Geh’, Morel, erkundige Dich näher nach dem
Fremden; er wird wohl Stuttgart nicht verlassen wollen, ohne
das Schloß und den Lustgarten zu sehen.«
»Euer Durchlaucht kennen mich«, sprach der Leibdiener,
»ich habe deswegen schon auf den Busch geklopft, ganz
behutsam natürlich und schlau, und so weiß ich denn, daß
der Freiherr von Grabenschütz Eurer Durchlaucht gerne auch
die Aufwartung machen würde, wenn er nur wüßte, ob
dieselben ihm die Gnade erweisen wollen, und ihm eine
Audienz gewähren.«
»Wenn er darum, wie sich’s gebührt, anhält, warum nicht?«
sagte der Herzog, und Morel versprach, die Sache gehörig
einzuleiten.
Indes saßen im Adler der Freiherr und sein Stallmeister in
eifrigem Gespräch begriffen beieinander. »Du wirst doch«,
sprach ersterer zum letzteren, »bei Deinem Gespräch die
nötige Vorsicht nicht vernachlässigt haben?«
»Sei ohne Sorgen, Georg«, erwiderte dieser, »es wird nicht
lange anstehen, so kommt er wieder und berichtet mir, daß
der Herzog Dich zu sprechen wünsche; spiel nur Du Deine
Rolle gut, dann dürfen wir hoffen, hier eben so guten Fang
zu tun, als beim Herzog von Teschen.«
- 60 -
»Es ist mir diesmal bei der Sache doch nicht ganz wohl
zumute«, sagte der Freiherr; »der Herzog von Wirtenberg,
hab’ ich mir sagen lassen, ist ein gar kluger Herr und läßt
überdies nicht mit sich spaßen. Soeben erzählte mir der Wirt,
man habe vorhin einen Goldmacher ins Gefängnis geführt,
weil er den Herzog durch falsche Vorspiegelungen von seiner
Kunst betrog.«
»Das wird so ein Lump gewesen sein«, entgegnete der
Stallmeister, »wie wir sie wirklich zu Dutzenden herumlaufen
sehen, der alle seine Habe im Wanderbündel trug, ein
einfältiger Teufel, welcher nicht Schlauheit genug zu seinem
Handwerk besitzt. Pfui, schäme Dich, Georg, mit solchem
Menschen Dich zu vergleichen.«
»Du hast recht«, erwiderte dieser, »es war schwach von mir,
daß ich dadurch mich schrecken ließ; aber ich weiß nicht, wie
diese plötzliche Furcht an mich kam, besitze ich doch sonst
eine gehörige Portion von Unverschämtheit.«
»Das ist das wahrste Wort, das ich Dich je sprechen hörte«,
sagte der Stallmeister lachend; jener aber fuhr fort: »Ist alles,
was wir brauchen, gehörig vorbereitet?«
»Alles«, war die Antwort, »Goldpulver, nämlich Kreide und
Schwefel, haben wir in hinreichender Menge und Tiegel sind
auch einige zugerüstet, die Bodendecke von Blei ist gar
künstlich eingefügt und darunter liegt ein Stück feines Gold
von der Kette, welche der Graf von Holstein Dir verehrte,
zum Dank dafür, daß Du ihn nur um weniges betrogst.«
»Die Reihe wird auch noch an ihn kommen«, sprach der
Freiherr; »Du weißt aber, wie es gegenwärtig mit uns steht;
wir müssen einen tüchtigen Fang tun, wenn wir unser lustiges
Leben fortsetzen wollen.« Da hörte der Stallmeister die
Stimme Morels unten. »Horch! der Leibdiener kommt, ich will
- 61 -
ihn sogleich empfangen und morgen schon soll unser
Geschäft angehen.« Nach kurzer Zeit kam er mit Morel
zurück, der dem vermeintlichen Freiherm große Ehrfurcht
bewies und mit welchem die beiden Betrüger nun die Art und
Weise, wie Honauer um eine Audienz anhalten sollte,
abmachten. Sie luden ihn zu einem Vespertrunk ein und
wußten listig von ihm des Herzogs Charakter und seine
Schwächen zu erforschen. Morel aber, welcher seine Freunde
im Hirsch durch einen neuen Zweig seiner ausgebreiteten
Kenntnisse überraschen wollte, sagte: »Gnädiger Herr! ich
versteh’ zwar auch ein wenig von Eurer edlen Kunst und
habe oft zugeschaut, wenn sie im alten Lusthaus laborierten,
aber nehmt’s nicht übel, wenn ich Euch als einen so
hochgelehrten Meister bitte, mir noch weitere Belehrung
darüber zu erteilen.«
»Das tue ich herzlich gerne, Herr Leibdiener«, entgegnete
Honauer; »für jetzt will ich Euch darüber etwas im
allgemeinen sagen; wir werden schon noch Gelegenheit haben,
weiter über diesen Gegenstand zu sprechen.« Hierauf hob er
so ernsthaft, als er nur immer vermochte, an zu sprechen:
»Die Alchymie ist eine solche Kunst, durch deren Hilfe man,
als von den Anfängen der Natur herrühret, ein jegliches
Metall in gutes und rechtes Gold und Silber verwandeln kann.
Diese heimliche und verborgene Kunst hat gleichsam einen
lebendigen Atem und Seele; denn sie kann verwandeln und
gibt ihresgleichen von sich. Auch ist sie ein prindpium
vegetabile
oder
ein
ernährender
Anfang,
was
daraus
genügsam abzunehmen ist, daß sie verwandelt. Überdies ist
auch das gewiß, daß die Vegetation und Animation Werke und
Geschäfte dieser Heimlichkeit sind, nicht zwar eigentlich und
für sich selbst, sondern subjeäive oder als Dinge, damit sie
- 62 -
fümehmlich umgeht. Und zwar so hat diese Wirkung der
heimlichen Kunst mehr nicht als eine einige eigene Qualität
oder Eigenschaft, die andern Geschäfte aber subjeäive als
Werke, damit sie umgeht; denn was vegetiert, transmutiert
oder verwandelt und miniriert, das ist ja ein subjectum
vegetatum, animatum und mineratum. Sonsten aber hat sie
auch ihre passiones, so mit den actionibus oder Wirkungen
Übereinkommen,
als
da
sind:
die
vegetata,
animata,
transmutata und die minerata. Aus diesen actionibus oder
Wirkungen kommen die andern oder zweiten, als da ist, das
vegetare, transmutare und ani-mare und von diesen allen
entsteht die herrliche Kunst der Alchymie.« -
»Was Ihr Gnaden da sagen«, unterbrach hier Morel den
Alchymisten, »ist gar scharfsinnig und hochgelehrt, mir aber
noch nicht recht verständlich.« -
»Das ist eben der hohe Vorzug der Alchymie«, antwortete
Honauer, »daß sie anfangs so unverständlich erscheint; aber
wartet nur, Herr Leibdiener, sobald Ihr weiter in ihre
wundervollen
Geheimnisse
eindringt,
wird
Euch
alles
verständlich werden. Diejenigen, so sich in dieser Kunst der
Alchymie zu üben begehren, müssen nachfolgende 4 Stücke,
als ohne welche unmöglich ist, etwas ffuchtbarliches in
derselben auszurichten, an sich haben, nämlich, daß sie sich
keine Zeit dauern lassen, keine Mühe und Fleiß sparen,
geduldig sind und das Vermögen haben. Wenn ihnen nur ein
einziges dieser 4 Stücke mangelt, können sie nichts gutes und
löbliches ausrichten. Endlich erfordert diese Kunst auch
verständige und scharfsinnige Leute; denn die andern, so
eines geringen und groben Verstandes sind, erlangen nicht
allein keine Ehre, sondern tun auch der Kunst vielmehr eine
Schande an, indem sie dieselbige, als welche sie mit ihrem
- 63 -
Unverstand
nicht
erreichen
können,
als
falsch
und
unwahrhaftig und daß die Kunst, Gold und Silber zu machen,
anderes nichts als ein lauteres Lügenwerk und ungegründetes
Geschwätz sei, ausschreien und schmähen.«
»Ganz das nämliche«, sagte Morel, »hab’ ich Seine
Durchlaucht schon mehrmals sagen hören und einen solchen
unverständigen Pfuscher erst heute noch ins Gefängnis
spedieren helfen. Doch ist es Zeit, daß ich weitergehe, wir
werden aber noch mehr Gelegenheit haben, miteinander über
die Wunderkunst zu sprechen; denn ich zweifle sehr daran,
daß mein durchlauchtiger Herr Euch sobald wird weiterziehen
lassen, Herr von Grabenschütz.«
»Nur eins noch, werter Freund«, sagte Honauer, »über die
beste und bequemste Zeit, das große Werk zu beginnen.
Nachdem Ihr alles wohlpräpariert und angeordnet habt, fangt
es in Gottes Namen mitten im Herbstmonat an, damit Ihr es
ungefähr gegen die Mitte des April vollenden möget, in der
Stunde und am Tag des Merkurii oder Jovis, wenn der Mond
zwar in seinem Zunehmen, jedoch in keinem bösen Zeichen
ist. Die Sonne belangend muß dieselbe auch in einem guten
Zustande sein und keinen bösen Aspekt haben, in Summe,
der ganze Himmel soll und muß zu der Stunde, wenn Ihr es
anfangt, sich geneigt und günstig erzeigen; damit Ihr aber
noch sicherer und gewisser fahret, so fragt zuvor andere
wohlgeübte Alchymisten oder Astrologen um Rat, wie ihnen
der Zustand des Himmels bedünke, damit nicht etwa eine
böse Influenz Euch hindere. Denn wiewohl etliche törichte und
unerfahrene Tropfen Vorgehen, es sei hiebei von solchen
observationibus des Himmels-laufs nichts zu halten, so sage
ich doch, daß an denselben nicht wenig gelegen und weiß,
daß deren viel, so es aufs Ungefähr hineingewagt und den
- 64 -
Zustand der Gestirne nicht geachtet, all ihr Hab und Gut
damit hindurch gebracht.
Leset nur den Albertum Magnum, so werdet Ihr sehen, wie
fleißig derselbe die Gestirne wahrgenommen und wie trefflich
es ihm allezeit gelungen.«
Hier endigte der Alchymist seine Vorlesung und voll
Ehrfurcht vor seiner tiefen Weisheit verließ ihn Morel, um
dem Herzog den Erfolg seiner Sendung zu berichten, wobei er
die großen Einsichten Honauers gehörig herauszustreichen
nicht vergaß.
Am nächsten Morgen schon hatte der angebliche Freiherr
eine Audienz bei Friedrich und wußte diesen so für sich
einzunehmen, daß der Herzog ihm volles Vertrauen schenkte.
Er selbst führte ihn ins alte Lusthaus, wo sich die Werkstätte
der geheimen Kunst befand. Es war ein steinernes, gewölbtes
Gemach, welches für Uneingeweihte in der Alchymie einen
sonderbaren merkwürdigen Anblick bot. Da sah man Gefäße
von
mannigfacher
Gestalt,
krumme,
kürbisförmige
Brennkolben von Glas oder Zinn mit langen Hälsen und
Schnäbeln, zuckerhutförmige und rundliche Brennhelme vom
nämlichen Stoff, gläserne Destilliergefäße mit zwei Armen oder
sogenannte Pelikane, Schmelztiegel, Kristallkugeln und Spiegel,
auch sonst noch andere seltsame Gerätschaften. Große
Haufen von Kohlen und Sand, Stangen von Blei und Eisen
lagen da; in einem großen Kasten mit vielen Fächern aber
befanden
sich
mancherlei
andere
zu
alchymistischen
Versuchen notwendige Stoffe, Vitriol, Alaun, Salpeter, Salz,
Korallen, Schwefel, Arsenik, Glasgalle, Grünspan, Pech,
Drachenblut,
Weinstein,
Bolus,
Bleiweiß,
Spießglanz,
venetianische Seife und dergleichen. In der einen Ecke befand
sich ein turmähnlicher Ofen, von Backsteinen aufgemauert,
- 65 -
der in der andern Ecke stehende Ofen war von runder
Gestalt, und hatte einen mit vielen Öffnungen versehenen
Deckel; außer ihnen erblickte man auch noch einige Herde in
dem Gemach.
Honauer prüfte diese Gegenstände lange mit echter
Kennermiene; hierauf sagte er: »Euer Durchlaucht haben hier
ein schönes Laboratorium; nur eines vermiß ich, den
philosophischen Turm, einen gar kunstreichen, zu allen
Arbeiten sehr nützlichen Ofen, den ich zu Siena bei dem
großen Meister, Johann Baptist Birelli, gesehen habe.« - »Wißt
Ihr vielleicht, wie man ihn baut?« fragte der Herzog, und
erhielt zur Antwort: »Allerdings; zuerst wird ein hohles
Viereck von guten Backsteinen aufgeführt, an jede Seite
desselben fügt man dann einen schmalen runden Turm, um
die Destillierkolben darauf zu setzen; wenn man aber die
Kohlen auf den im Viereck befindlichen Rost schüttet und
anzündet, so brennt das Feuer mindestens zwölf Stunden
lang, sobald man nur den Ofen oben verschließt, und in den
Türmen steigt eine gewaltige Hitze empor.«
»Solch ein Ofen soll bald auch hier in der noch leeren Ecke
stehen«, sagte Friedrich, rief dem Aufseher über seine
Laboranten, Florian Keppler, und befahl ihm, sogleich
Anstalten zu treffen, daß unter der Leitung des Alchymi-sten
ein solcher philosophischer Turm gebaut werde.
»Ich habe auch«, fuhr Honauer fort, »eine neue gar
bequeme Art von Tiegeln bei mir, von denen ich einen
herschaffen ließ.« Zugleich nahm er den Tiegel aus den
Händen des Stallmeisters, erklärte dem Herzog dessen
Vorzüge und stellte ihn dann neben andere Gefäße derselben
Art.
Noch einmal betrachtete er hierauf die Gerätschaften, bis er
|