Kunigunde, Erzherzogin von Österreich und Herzogin von Bayern-München (1465-1520) Eine Biographie


Herzog Albrecht IV. von Bayern-München, seine politischen Ziele



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6. Herzog Albrecht IV. von Bayern-München, seine politischen Ziele
und die Beziehungen zu Erzherzog Sigmund von Tirol
Der spätere Herzog Albrecht IV. von Bayern-München wurde am 15. Dezember des
Jahres 1447 in München als dritter Sohn des damaligen Herzogs Albrecht III.
238
 und
                                                           
236
Vgl. TLA Innsbruck, Sigm. IVa, fol. 208: ...aine sein Tochter, in ewr frawenzymer aufzunemen,
derselben swester wir dann auch aine in unnserm frawenzymmer haben... Vgl. auch C
ARAMELLE
,
Katharina, S. 195.
237
Vgl. TLA Innsbruck, Max. IVa 86, fol. 10: ... bitten auf das freuntlich, ewr lieb welle ine umb unnsern
willen gnediclich und dermassen bevolhen, dardurch er dis unnser fürbete schimperlich empfinde...
238
Zu Herzog Albrecht III. vgl. Gerhard S
CHWERTL
: Albrecht III., der Fromme, in: LdM, Bd. 1. München
1980, Sp. 315 sowie Hans R
ALL
: Albrecht III., der Gütige (der Fromme), in: NDB, Bd. 1, Berlin 1953,
S. 156f.

51
seiner Frau Anna, der Tochter des Braunschweiger Herzogs Erich, geboren.
239
 Dieser
Ehe entsprangen insgesamt drei Töchter und sieben Söhne geboren, von denen fünf
ihren Vater überlebten, der am 29. Februar 1460 starb: Albrecht, seine älteren Brüder
Johann und Sigmund sowie die jüngeren Brüder Christoph und Wolfgang. Über die
frühe Kindheit Albrechts ist nur wenig bekannt, spätestens ab 1455 wurde er jedoch,
wie auch die übrigen Söhne Albrechts III., von Ulrich Greimold unterrichtet, der 1452
als Prinzenerzieher an den Münchener Hof gekommen war. Dieser hatte an der Univer-
sität Wien studiert und brachte den Söhnen Albrechts III. nicht nur die Grundlagen des
Lesens, Schreibens und Rechnens bei, zum Unterrichtsstoff gehörten auch die Anfänge
der lateinischen Grammatik sowie das Lesen lateinischer Texte.
240
Nach dem Tod des Vaters übernahmen die beiden ältesten Söhne Johann und Sigmund,
die schon in Albrechts letzten Lebensjahren gemeinsam mit dem Vater regiert hatten,
die Regierung im Herzogtum,
241
  während die Erziehung ihrer jüngeren Brüder in
Wolfratshausen zunächst fortgesetzt wurde.
242
 Kurze Zeit später aber verließen
Albrecht, Christoph und Wolfgang die Stadt Wolfratshausen, um einige Zeit in Italien
bei ihrer Schwester Margaretha zu verbringen, die mit dem Markgrafen von Mantua
verheiratet war. Albrecht und seine Brüder sollten durch ein Studium in Italien auf eine
spätere geistliche Laufbahn vorbereitet werden, um so weitere Teilungen des
bayerischen Herzogtumes zu vermeiden.
243
 Schon ab 1458 hatte Albrecht III. versucht,
                                                           
239
Eine neuere Biographie zu Herzog Albrecht IV. von Bayern-München fehlt leider. Vgl. jedoch
allgemein: Gerhard S
CHWERTL
: Albrecht IV., der Weise, in LdM, Bd. 1, Sp. 315f.; Andreas K
RAUS
:
Sammlung der Kräfte und Aufschwung (1450-1508), in: Max Spindler/Andreas Kraus (Hg.):
Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 2: Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des
12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. 2. überarbeitete Aufl. München 1988, S. 268-
294; Hans R
ALL
: Albrecht IV., in: NDB, Bd. 1. Berlin 1953, S. 157f.; R
IEZLER
, Vermählung, S. 375-
394

H
ASSELHOLDT 
- S
TOCKHEIM
, Albrecht IV.; S
ILBERNAGL
, Albrecht IV.;
 
H
EFNER
, Geschichte der
Regierung. Zu einzelnen Aspekten seiner Regierung vgl. zuletzt S
TAUBER
, Staat und Dynastie, S. 539-
565; W
EINFURTER
, Einheit, S. 225-242; S
CHMID
, Albrecht IV. und Regensburg, S. 143-160.
240
Vgl. B
ASTERT
, Münchner Hof, S. 103f. sowie  Friedrich S
CHMIDT
: Geschichte der Erziehung der
bayerischen Wittelsbacher. Berlin 1892, S. XXII.
241
Vgl. H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 235.
242
Vgl. B
ASTERT
, Münchner Hof, S. 103f. und S
CHMIDT
, Erziehung, S. XXIV.
243
Vgl. F
ÜETRER
, Bayerische Chronik, Wessobrunner Fortsetzung, S. 222:  Nach seins vattern, hertzog
Albrechts, abgen reigierten sein elltist zben prüeder, hertzog Johans und hertzog Sigmund, und die
schikten in und mit im [gemeint ist Albrecht] sein jünger prüeder, hertzogen Cristoffen und
Wolfgangen, ad studyumb in wälsche landt gen Pafya in willen in geistlich und ainen pischoff zu
machen. Nach H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 236f., war von einem „gewissen Meister
Thomas“ der Vorschlag gemacht worden, Albrecht entweder die Stellung eines Dechanten im
Straßburger Dom oder ihn nach Vereinigung der Klöster Diessen und Andex, zum Probst in diesem
Stift zu machen. Zu Herzog Albrechts Aufenthalt in Italien und dem Bemühen, die jüngeren Söhne
Albrechts III. mit Pfünden zu versorgen, vgl. auch Erich M
EUTHEN
: Nikolaus von Kues und die
Wittelsbacher, in: Pankraz Fried/Walter Ziegler (Hg.): Festschrift für Andreas Kraus zum 60.
Geburtstag (Münchener historische Studien, Abteilung bayerische Geschichte 10). Kallmünz/Opf.
1982, S. 95-113, bes. S. 113.

52
Domherrenpfründen für den jungen Albrecht zu erlangen, um so dessen Versorgung
sicherzustellen. Auch Johann und Sigmund bemühten sich, allerdings erfolglos, nach
dem Tode ihres Vaters um eine Fortsetzung dieser Politik.
244
 Auf Rat des Thomas
Pirckheimer wurden die Geschwister schließlich an verschiedene italienische
Hochschulen gesandt;
245
 auf diese Weise lernten die Brüder Pavia, Siena und Rom
kennen. Auch wenn der Aufenthalt in Italien nicht primär den Studien der jungen
Herzöge gedient haben sollte, wie Bastert feststellt,
246
 sollte man die auf der Reise nach
Italien entstandene Erweiterung des Horizontes nicht unterschätzen. Albrecht könnte
sehr wohl in Italien mit den Lehren der Humanisten in Kontakt gekommen sein und
seine Kenntnisse später in der Heimat erweitert haben.  Immerhin dringt durch die
spöttische Bezeichnung „Doktor“, die die jüngeren Brüder für Herzog Albrecht
gelegentlich verwendeten, auch eine gewisse Anerkennung für die vergleichsweise hohe
Bildung des Älteren.
247
Nach dem Tode des ältesten Bruders Johann, der im November 1463 vermutlich an der
Pest starb, kam Albrecht möglicherweise nach München zurück, um seine Ansprüche
auf die Mitregierung in Bayern anzumelden; dieses Vorhaben war zunächst allerdings
noch nicht von Erfolg gekrönt.
248
 Nach einem weiteren kurzen Aufenthalt in Rom, wo
er zu Beginn des Jahres 1464 weilte, kehrte Albrecht gegen Ende dieses Jahres wohl
endgültig nach München zurück.
249
 Schon vor seinem 18. Geburtstag begann er im
Frühjahr 1465 erneut Ansprüche auf die Mitregierung in Bayern-München geltend zu
machen, was Herzog Sigmund jedoch ablehnte. Nach längeren Auseinandersetzungen,
während derer Albrecht sich nicht nur an seine Vettern Friedrich von der Pfalz und
Ludwig von Bayern-Landshut wandte, um Unterstützung zu erhalten, sondern auch an
Kaiser Friedrich III. appellierte, konnte schließlich eine für Albrecht positive Einigung
zwischen den Brüdern erzielt werden. Am 10. September 1465 hatte Albrecht sein erstes
Ziel, die Mitregierung in Bayern-München, schließlich erreicht.
250
 Zusätzlich
verständigten sich die beiden Herzöge mit den jüngeren Brüdern Wolfgang und
Christoph, das väterliche Erbe nicht weiter aufzuteilen. Schon kurze Zeit später kam es
                                                           
244
Vgl. B
ASTERT
, Münchner Hof, S. 106.
245
Vgl. H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 236.
246
Vgl. B
ASTERT
, Münchner Hof, S. 107ff.
247
Vgl. H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 237.
248
Vgl. K
RAUS
, Sammlung der Kräfte, S. 271.
249
Vgl. B
ASTERT
, Münchner Hof, S. 107.
250
Vgl. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 466 und H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 239-242 mit einem
Protokoll des Vertrages.

53
jedoch wiederum zu Streitigkeiten zwischen den Brüdern. Am 3. September 1467 zog
sich Herzog Sigmund, der ohnehin kein allzu großes Interesse an der Regierungsarbeit
besaß, auf Druck der Landstände ganz aus der Regierung zurück, so daß Albrecht im
Alter von zwanzig Jahren die Alleinherrschaft über das Herzogtum Bayern-München
übernehmen konnte,
251
  während die jüngeren Brüder Christoph und Wolfgang immer
wieder - allerdings erfolglos - ihren Anteil an der Regierung einforderten.
252
Das Hauptziel der Politik Herzog Albrechts, das er während seiner gesamten Regie-
rungszeit verfolgte, war die Ausdehnung des eigenen und des gesamt-wittelsbachischen
Herrschaftsbereichs. Während sich Herzog Georg von Bayern-Landshut eher auf die
schwäbischen Nachbarterritorien konzentrierte, versuchte Albrecht bevorzugt, sein
Gebiet auf Kosten Erzherzog Sigmunds von Tirol zu erweitern, um so den bayerischen
Einfluß in Tirol wiederherzustellen.
Zwischen den beiden Nachbarterritorien Bayern und Tirol war es im Spätmittelalter
zwar zu einer raschen politischen Entfemdung, enge Beziehungen bestanden aber wei-
terhin auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Die engen wirtschaftlichen Bezie-
hungen, die vor allem im Im- und Export von Nahrungsmitteln und Handwerkserzeug-
nissen bestanden, waren ebenso Zeichen der engen nachbarlichen Beziehungen, wie der
rege Austausch von Handwerkern und Musikern. Auch der Adel beider Länder lebte
zuweilen  „grenzüberschreitend“; bei den großen Festen trafen sich Adel und Bürger
sowohl aus Bayern als auch aus Tirol. Einige ältere Ministerialengeschlechter gehörten
dem bayerischen und dem Tiroler Adel gleichermaßen an, einige Adelige arbeiteten
zeitweise für beide Länder, vor allem, wenn sie aus dem Grenzgebiet stammten.
253
 Der
Tiroler Erzherzog Sigmund förderte zudem den Kontakt mit seinen bayerischen Nach-
barn, indem er seinen Dienern und Bürgern die Teilnahme an Turnieren in Bayern
ermöglichte; diese Erlaubnis galt im Gegenzug auch für Bayern am Hof zu Innsbruck.
254
In den Jahren bis etwa 1475 war allerdings die politische Bedeutung der Münchner
Linie im Vergleich zu Bayern-Landshut unter Herzog Ludwig dem Reichen eher zweit-
                                                           
251
Vgl. F
ÜETRER
, Bayerische Chronik, S. 223. Zum Verzicht Herzog Sigmunds vgl. außerdem H
EFNER
,
Geschichte der Regierung, S. 243 - 247 und K
RAUS
, Sammlung der Kräfte, S. 271.
252
Zu den Auseinandersetzungen Herzog Albrechts mit seinen Brüdern Christoph und Wolfgang vgl.
R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, passim; K
RAUS
, Sammlung der Kräfte, S. 271f. sowie H
EFNER
, Geschichte der
Regierung, S. 235-259. Zu Herzog Christoph vgl. August A
LCKENS
: Herzog Christoph der Starke von
Bayern-München. Mainburg 1975
253
Vgl. Robert G
ISMANN
: Die Beziehungen zwischen Tirol und Bayern im Ausgang des Mittelalters.
Sigmund der Münzreiche und die Wittelsbacher in Landshut und München von 1439 bis 1479. Diss.
Masch. Innsbruck 1976, hier S. 24.
254
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 23.

54
rangig.
255
 Zu Beginn von Albrechts Alleinregierung waren die politischen Kontakte zwi-
schen München und Innsbruck so gut wie gar nicht vorhanden; das anfänglich kühle und
reservierte Verhältnis zwischen Albrecht und Erzherzog Sigmund lag wohl vor allem in
den Auseinandersetzungen um die Regierungsgewalt in Bayern-München begründet;
Erzherzog Sigmund seinerseits suchte einen starken Fürsten als Bundesgenossen, den er
in Herzog Ludwig von Bayern-Landshut gefunden zu haben glaubte.
256
 Zwar pflegte der
Habsburger auch Kontakte zu den Münchner Wittelsbachern, seine Sympathien lagen
aber eher bei Albrechts Brüdern Sigmund
257
 und Christoph denn bei Albrecht
258
, wobei
der Konflikt zwischen den Brüdern die Beziehungen zwischen den Höfen in München
und Innsbruck zunehmend belastete.
259
Zu welchem Zeitpunkt es zu einem Wandel im Verhältnis zwischen Herzog Albrecht
und Erzherzog Sigmund kam, ist nicht genau zu klären. Möglicherweise begann
Albrecht schon zu Beginn der 1470er Jahre, sich die Dienste einiger einflußreicher Per-
sonen am Hof Sigmunds von Tirol zu sichern.
260
 Über den genauen Verlauf der Annä-
herung zwischen beiden Fürsten ist wenig bekannt, sicher ist jedoch, daß im März 1478
scheinbar plötzlich ein relativ wichtiges Bündnis zustande kam, das aus zwei einseitigen
Willenserklärungen bestand.
261
Der Vorteil dieser gegenseitigen Zugeständnisse lag sicher auf Seiten Herzog Albrechts
von Bayern-München, da seine Zusicherungen sehr weit gefaßt und damit praktisch
                                                           
255
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 352.
256
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 393f.
257
Immerhin erklärten sich Erzherzog Sigmund und seine erste Frau Eleonore von Schottland zur
Unterstützung Herzog Albrechts von Bayern-München bereit, als dieser sich mit Louise de Laval,
einer Verwandten des französischen Königs vermählen wollte. Trotz dieser Hilfe kam die angestrebte
Ehe aber nicht zustande, was wohl vor allem an der ungewissen Zukunft des Münchners gelegen haben
dürfte. Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 358ff.
258
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 394.
259
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 381.
260
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 368f. Zu Herzog Albrechts Tirol-Politik vgl. auch N
IEDERSTÄTTER
,
Jahrhundert der Mitte, S. 334-337.
261
Am 1. März sicherte Herzog Albrecht dem Tiroler eine Hilfe von 300 Reisigen im Kriegsfall zu.
Außerdem bot er dem Habsburger an, dessen Gesandtschaften an den Kaiser und die verschiedenen
Könige zu übernehmen. Weiterhin sicherte er Sigmund und dem Land Tirol das Recht zu,
uneingeschränkt Nahrungsmittel in Bayern erwerben zu können, und verzichtete auf alte Rechte
Bayerns, die noch an Tirol bestanden. Eingeschränkt wurden die Aussagen des Dokumentes allerdings
durch einige Ausnahmeregelungen. Im Gegenzug und als Zeichen seines Dankes verschrieb Erzherzog
Sigmund am 5. März dem Münchner 24.000 Gulden auf die Schlösser und Ämter von Fragenstein und
Landeck. Gültig sollte diese Verschreibung nur sein, wenn der Erzherzog sterben sollte, ohne legitime
Söhne zu hinterlassen. Falls Herzog Albrecht vor Sigmund ohne Söhne sterben sollte, würde die
Verschreibung ungültig werden. Vgl. hierzu G
ISMANN
, Beziehungen, S. 397 sowie Albert J
ÄGER
:
Geschichte der Landständischen Verfassung Tirols. Bd. 2,2: Die Blütezeit der Landstände Tirols von
dem Tode des Herzogs Friedrich mit der leeren Tasche 1439 bis zum Tode des Kaisers Maximilian I.
1519. Neudr. der Ausgabe Innsbruck 1885. Aalen 1970, hier S. 307f. Zu den verschiedenen Verträgen

55
wertlos waren, während Sigmund konkrete, wenn auch nicht sofort realisierbare Ange-
bote gemacht hatte. Für Bayern war außerdem die Lage der versprochenen Ämter
äußerst günstig. Allerdings muß einschränkend gesagt werden, daß die Urkunden bei
den beteiligten Fürsten unterschiedliches Gewicht besaßen: Sigmund, der zahlreiche
illegitime Nachkommen besaß, hatte die Hoffnung auf einen legitimen Erben, dessen
Geburt die Verschreibungen ungültig gemacht hätte, zu diesem Zeitpunkt noch nicht
aufgegeben, Herzog Albrecht dagegen, der Sigmunds wichtigstes Problem, die ständige
Finanznot, erkannt hatte, sah in dieser Verschreibung den ersten Schritt für sein großes
Projekt, das durch die Rückgewinnung Tirols abgeschlossen werden sollte.
262
Im folgenden Jahr kam es zu einer weiteren Intensivierung der Beziehungen zwischen
Bayern-München und Tirol, als Herzog Albrecht dem Habsburger gestattete, sich bei der
Lösung des immer noch akuten Problems der Ansprüche Herzog Christophs zu
beteiligen. Zudem gelang es Albrecht nach dem Tode Herzog Ludwigs von Bayern-
Landshut (†1479), eine vorläufige Einigung zwischen dessen Sohn und Nachfolger
Georg und Sigmund in Bezug auf die schwäbischen Gebiete zu erreichen.
263
 Als
Gegenleistung für diesen Einsatz sah sich Erzherzog Sigmund schon im März 1479 zu
einer zweiten großen Verschreibung zugunsten Albrechts veranlaßt.
264
 Nach mehreren
Besuchen Albrechts in Innsbruck gelang ihm im Sommer des gleichen Jahres ein noch
weitaus besserer Schachzug, als ihm Erzherzog Sigmund auf 100.000 Gulden sowohl
das Schloß und die Herrschaft Freundsberg als auch das Bergwerk von Schwaz ver-
schrieb.
265
 Interessant ist hier die Begründung Sigmunds, der ziemlich naiv ausführt, als
Gegenleistung werde ihn Herzog Albrecht vor einer Vertreibung aus seinem Herzogtum
schützen. Offenbar war es Albrecht bei seinen Besuchen in Innsbruck gelungen, den
Habsburger davon zu überzeugen, daß ihn seine Verwandten, der Kaiser und dessen
                                                                                                                                                                              
zwischen den Wittelsbachern und Erzherzog Sigmund vgl. außerdem: S
TAUBER
, Herzog Georg, S.
181-289, bes. S. 191-199.
262
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 398f.
263
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 401. Zu den Verträgen zwischen Erzherzog Sigmund und Herzog
Georg vgl auch Friedrich H
EGI
: Die geächteten Räte des Erzherzogs Sigmund von Österreich und ihre
Beziehungen zur Schweiz 1487-1499. Beiträge zur Geschichte der Lostrennung der Schweiz vom
Deutschen Reiche. Innsbruck 1910, S. 56f.
264
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 401f. Sigmund verschrieb Albrecht gegen 60.000 Gulden die
Schlösser und Ämter Rottenburg und Hörtenberg, falls er ohne Söhne sterben sollte. Im Gegenzug
verschrieb Albrecht dem Habsburger wenige Tage später am 19. März insgesamt 60.000 Gulden auf
Tölz und Wolfratshausen. Vgl auch H
EGI
, Geächtete Räte, S. 51.
265
Im Unterschied zu den vorherigen Verschreibungen sollte es in diesem Fall Herzog Albrecht erlaubt
sein, nach dem Tode Sigmunds selbst die Pfandsumme aus den Bergwerken herauszuholen. Vgl.
G
ISMANN
, Beziehungen, S. 402f. sowie H
EGI
, Geächtete Räte, S. 51f.

56
Sohn, aus Tirol vertreiben wollten, um das Herzogtum dem restlichen Besitz der Habs-
burger hinzuzufügen.
266
Bei diesen Aufenthalten Albrechts am Hof zu Innsbruck wurden aber auch andere ehr-
geizige Projekte zwischen den beiden Fürsten erörtert. So ist beispielsweise eine
Instruktion Sigmunds für einen Gesandten an den Kaiserhof überliefert, in welcher der
Erzherzog dem Kaiser vorschlug, falls er sich nicht für Maximilian oder einen anderen
Habsburger als seinen Nachfolger entscheiden könne, dann könne er doch Herzog
Albrecht dafür in Betracht ziehen.
267
 Weitaus phantastischer als eine eventuelle Nach-
folge Albrechts auf dem Kaiserthron ist ein Versprechen, das Albrecht in diesem Som-
mer seinem neuen Freund Sigmund machte: Falls es Albrecht gelänge, die Herrschaft
über das Herzogtum Mailand zu erlangen, werde er Sigmund eine Summe von 50.000
Gulden als jährliches Leibgedinge zukommen lassen.
268
 Wie und warum Albrecht den
Plan faßte, das Herzogtum Mailand in seinen Besitz zu bringen, ist bisher in der For-
schung noch nicht geklärt, obwohl der Münchner immerhin einige verwandtschaftliche
Beziehungen zur ehemaligen Herrscherfamilie Visconti aufzuweisen hatte.
269
 Dem
Wittelsbacher war es vermutlich relativ schnell gelungen, das Interesse Erzherzog Sig-
munds an diesem Projekt zu wecken, da dieser bereits zweimal selbst Ansprüche auf
Mailan angemeldet hatte, die jedoch abgeschlagen wurden. Trotz des Scheiterns dieser
Pläne behielt Herzog Albrecht in den folgenden Jahren diese Stadt dennoch im Auge,
wie sein vergebliches Werben um Blanca Maria Sforza in den Jahren 1484/85 zeigt.
Dieser politische Fehlschlag konnte aber die engen Beziehungen zwischen München
und Innsbruck in den folgenden Monaten nicht zerstören, es herrschte weiterhin ein leb-
hafter Kontakt zwischen beiden Höfen. Nachdem Herzog Albrecht erfolgreich zwischen
Erzherzog Sigmund und seinem Vetter Georg von Bayern-Landshut in den Streitigkei-
ten beider wegen der schwäbischen Herrschaft Burgau vermittelt hatte, plante der
Münchner, letzteren mit in seine Tirol-Politik einzubeziehen, indem er mit Georg am 6.
Januar 1480 einen Geheimvertrag abschloß, in dem auch die weiteren Pläne Albrechts
                                                           
266
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 403.
267
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 404.
268
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 404-407 sowie H
EGI
, Geächtete Räte, S. 52f. und R
IEZLER
, Baiern,
Bd. 3, S. 497.
269
Albrecht war ein Enkel der Elisabeth Visconti, die mit Herzog Ernst von Bayern-München verheiratet
war. Zudem hatte es in der Vergangenheit mehrere andere eheliche Verbindungen zwischen
Angehörigen des bayerischen Herzogshauses und der Familie Visconti gegeben. Im Jahre 1397 war
Herzog Ludwig VII., Sohn der Taddea Visconti, aus der zu Albrechts Zeiten schon ausgestorbenen
Linie Bayern-Ingolstadt zum Teilerben des Herzogtumes Mailand eingesetzt, dann aber übergangen

57
ausformuliert wurden.
270
 Wichtig für Albrecht war dabei, daß er durch sein Bündnis mit
dem Landshuter das durchaus bestehende Risiko dieser Politik teilen konnte; zudem war
es mit dem sagenhaften Landshuter Reichtum im Hintergrund wesentlich leichter, die
verschiedenen mit Erzherzog Sigmund geschlossenen Verschreibungen zu realisieren.
271
Als am 7. März 1480 in München ein geheimer Vertrag zwischen Albrecht und Sig-
mund geschlossen wurde, der ein Bündnis und Freundschaft auf Lebenszeit besiegeln
sollte, war der vorläufige Höhepunkt der albertinischen Rückgewinnungspolitik erreicht.
Erzherzog Sigmund wurde, auch bedingt durch weitere Darlehen des Münchners, in den
folgenden Jahren immer abhängiger von seinem bayerischen Nachbarn.
272
Erzherzog Sigmund band sich in diesen Jahren nicht nur vertraglich an Albrecht, auch
mit anderen Wittelsbachern ging er verschiedene Bündnisse ein. Im Jahr 1482 wurde
durch einen Vertrag zwischen dem Tiroler und Kurfürst Philipp von der Pfalz die alte
Bindung zwischen Tirol und den pfälzischen Wittelsbachern erneuert.
273
 Friedrich III.,
dem dieser Politikwechsel seines Vetters Sigmund nicht entgangen war, war allerdings
nicht bereit, einer eventuellen Übergabe habsburgischer Gebiete an Albrecht zuzustim-
men, weil das Vorgehen Sigmunds den Hausgesetzen der Habsburger widersprach, nach
denen Veräußerungen nur unter Zustimmung aller vorgenommen werden durften. Sig-
mund sah sich daher schon 1480 gezwungen, sich bei seinem kaiserlichen Vetter zu
entschuldigen. Dessen ständige Mahnungen waren schließlich zwei Jahre später von
Erfolg gekrönt, als Sigmund seinen Freund Albrecht bitten ließ, die geschlossenen Ver-
schreibungen wieder herauszugeben, was Albrecht aber durch eine geschickte Verzöge-
rungstaktik zu verhindern wußte.
274
                                                                                                                                                                              
worden, so daß sich tatsächlich eine gewisse Grundlage für Albrechts Ansprüche auf Mailand ergaben.
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 405.
270
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 407.
271
Vgl. G
ISMANN
, Beziehungen, S. 407.
272
Vgl. Albert J
ÄGER
: Der Übergang Tirols und der österreichischen Vorlande von dem Erzherzoge
Sigmund an den röm. König Maximilian von 1478-1490, in: Archiv für österreichische Geschichte 51
(1873), S. 297-448, hier S. 308 sowie G
ISMANN
, Beziehungen, S. 408.
273
Ein Jahr später wurde ein inhaltlich ähnliches Bündnis zwischen Sigmund und seinem Rivalen in
Schwaben, Herzog Georg von Bayern-Landshut, abgeschlossen, das zunächst auf fünf Jahre
beschränkt blieb. Albrecht hatte damit erreicht, daß der Habsburger vollständig in ein Netz
wittelsbachischer Bündnisse eingebettet war; als Belohnung für seine zahlreichen
Vermittlungsversuche, besonders zwischen Sigmund und Georg, wurde die Schwazer Verschreibung
von 1479 um 32.000 Gulden erhöht. Im Gegenzug mußten Albrecht und Georg geloben, den
Habsburger vor einer eventuellen Vertreibung aus seinem Tiroler Herzogtum zu verteidigen. Vgl.
J
ÄGER
, Übergang, S. 309, sowie Wilhelm B
AUM
: Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und
der habsburgischen Länder im Spätmittelalter (Schriftenreihe des Südtiroler Kulturinstitutes, Bd. 14).
Bozen 1987, S. 444-449.
274
Vgl. B
AUM
, Sigmund, S. 449.

58
In den folgenden Jahren suchte Sigmund bei den Bayern-Herzögen zwar immer wieder
um Kredite nach, weitere Verträge wurden allerdings nicht geschlossen. In München
und Landshut wollte man vermutlich abwarten, ob aus der 1483 geschlossenen zweiten
Ehe Sigmunds mit Katharina von Sachsen erbberechtigte Nachkommen hervorgehen
würden, die alle Verschreibungen des Habsburgers zugunsten Albrechts ungültig
gemacht hätten. Bis zum Jahr 1485 schien in Tirol noch alles auf einen reibungslosen
Übergang der Herrschaftsbereiche Sigmunds nach dessen Tod auf die kaiserliche Linie
hinzudeuten, was auch durch die mit den Ständen Tirols vereinbarte Landesordnung
vom Frühjahr 1485 bestätigt wurde.
275
 Kurze Zeit später aber versuchte Herzog
Albrecht erneut mit vollem Engagement, seinen Einfluß auf den Tiroler Fürsten zu
vergrößern. Vermutlich im Rahmen dieses Projektes kam er wieder häufiger zu
Besuchen nach Innsbruck, wo er vermutlich in diesem Zusammenhang Kunigunde
begegnete.
Von ihrer äußerer Erscheinung beeinflußt, begann sich Albrecht der Lösung eines weite-
ren Problems zu widmen; da weder er noch einer seiner Brüder verheiratet war, drohte
das Teilherzogtum Bayern-München nach dem Aussterben der Münchner Linie an Her-
zog Georg von Bayern-Landshut zu fallen, den Albrecht selbst als Erben eingesetzt
hatte.
276
 Herzog Albrecht hatte lange Zeit keine konkreten Heiratspläne gehegt; erst im
Alter von beinahe 40 Jahren hatte er begonnen, sich an den Höfen Europas nach einer
passenden Braut umzusehen. So strebte er gegen Ende des Jahres 1484 eine Verbindung
mit der Mailänderin Blanca Maria Sforza an, der späteren zweiten Gattin Kaiser Maxi-
milians; die Verbindung scheiterte aber an den zu hohen Forderungen des Bayern-
herzogs.
277
 Vermutlich hatte Albrecht den Gedanken an eine italienische Heirat bereits
gänzlich aufgegeben, als er bei einem seiner häufigen Aufenthalte in Innsbruck Kuni-
gunde traf. Eine mögliche Ehe mit ihr mußte dem Bayernherzog weitaus lukrativer
erscheinen als die mit der Mailänder Herzogstochter, so daß er beinahe unverzüglich
begann, um die Hand Kunigundes zu werben.
                                                           
275
Vgl. B
AUM
, Sigmund, S. 451.
276
Herzog Albrecht und sein Bruder Sigmund waren übereingekommen, Herzog Georg von Bayern-
Landshut als Erben einzusetzen, falls beide ohne männliche Nachkommen sterben sollten, um so die
Einheit Bayerns wieder herzustellen. Georg schloß allerdings keinen entsprechenden Vertrag ab,
sondern setzte später seinen Schwiegersohn als Erben ein. Vgl. K
RAUS
, Sammlung der Kräfte, S. 291f.
und H
EFNER
, Geschichte der Regierung, S. 259f.
277
Vgl. R
IEZLER
, Vermählung, S. 377.

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