GLIEDERUNG:
I Terminologie
Anatomie und Topographie
Physiologie
Untersuchungsmethoden
II HERZERKRANKUNGEN
> Diskrimination nach Funktionsstörungen:
A) HERZINSUFFIZIENZ
B) HERZRHYTHMUSSTÖRUNGEN
C) HERZKLAPPENFEHLER
D) FUNKTIONELLE HERZBESCHWERDEN
> Diskrimination nach ätiologischen Kriterien:
KORONARE HERZKRANKHEIT (KHK)
Anhang: MYOKARDINFARKT
III
Präventivmedizin
Was ist
„Evidence based Medicine“
?
Grundlagen der Gendermedizin
VORLESUNG KARDIOLOGIE
TERMINOLOGIE:
Mediastinum
Perikard
Epikard
Endokard
Myokard
Koronargefäße
Atrium
Ventrikel
Septum
Systole
Diastole
Schlagvolumen
Reizleitungssystem
Membranpotenzial
Depolarisation
Repolarisation
Refraktärzeit
Elektrokardiographie
Echokardiographie
Koronarangiographie
Dyspnoe
Orthopnoe
Nykturie
Tachykardie
Bradykardie
Extrasystolie
AV-Blockierung
Präexzitation
Carotissinus-Syndrom
Palpitationen
Synkope
Defibrillation
Kardioversion
Klappenstenose
Klappeninsuffizienz
Antikoagulation
Valvuloplastie
Risikofaktoren
Perkutane transluminale coronare Angioplastie
Aorto-coronare-Venen-Bypass-Operation
Thrombozytenaggregationshemmer
Aneurysma
Thrombolyse
Stentimplantation
Bioprothese
Intravaskulärer Ultraschall
Ejektionsfraktion
Relaxationsstörung
Endokarditisprophylaxe
Perikardiozentese
ANATOMIE UND TOPOGRAPHIE DES HERZENS:
Das gesunde Herz hat etwa die Größe der Faust seines Inhabers. Das Gewicht ent-
spricht 0,5 % des Körpergewichtes, d. h. bei einem 70 kg schweren Menschen etwa
350 g.
Es liegt im vorderen Mediastinum direkt hinter dem Brustbein und sitzt dem Zwerch-
fell auf. Die Herzspitze lädt nach links aus. Die Herzbasis mit der Ventilebene weist
nach rechts-oben-hinten. Hier münden und entspringen die großen Gefäße, Venen
und Schlagadern.
Der Perikardbeutel umschließt das Herz vollständig. Er ist an der Innenseite mit ei-
nem einschichtigen Epithel ausgekleidet. Durch eine geringe Menge Flüssigkeit
wird die Reibung bei der Bewegung des Herzens herabgesetzt.. Das Herz selbst
besitzt ebenfalls einen Perikardüberzug, das viszerale Blatt oder Epikard.
Subepikardial verlaufen die großen herzversorgenden Gefäße, die Koronargefäße,
eingebettet in lockeres Bindegewebe und Fett.
Das Herz ist durch ein längs verlaufendes Septum gegliedert in eine rechte und eine
linke Herzhälfte mit jeweils einem Vorhof (Atrium) und einer Kammer (Ventrikel).
Vorhof und Kammer werden jeweils durch Segelklappen getrennt: links durch die
Mitralklappe (Valvula mitralis), rechts durch die Trikuspidalklappe (Valvula tricuspi-
dalis). Durch Sehnenfäden, die an fingerförmigen Papillarmuskeln ansetzen, wer-
den die Segelklappen daran gehindert, bei der Herzkontraktion in den Vorhof zurück-
zuschlagen.
Am Ausgang der Herzkammern befinden sich dreizipfelige Taschenklappen: die
Aortenklappe (Valvula aortalis) und die Pulmonalklappe (Valvula pulmonalis). Der
durch vorspringende Muskeltrabekel wild zerklüftete Herzinnenraum ist im sog.
Ausflußtrakt, direkt unterhalb der Taschenklappen, glatt und eben.
Alle Herzklappen arbeiten wie Rückschlagventile und erlauben bei intakter Funktion
nur eine Strömungsrichtung.
Ähnlich wie die Blutgefäße durch das Endothel, ist auch das Cavum cordis durch
ein einschichtiges Plattenepithel, das Endokard, ausgekleidet. Zwischen Endokard
und Epikard liegt das Myokard, der Herzmuskel.
Entsprechend der Leistungsanforderung ist die Wand des linken Ventrikels am
kräftigsten (bis 12 mm), während die rechte Herzkammer nur eine Wandstärke von
4 mm aufweist und die Vorhöfe nur eine sehr dünne Muskelwandung besitzen.
Die Herzmuskelfasern nehmen in Aufbau und Funktion eine Mittelstellung zwischen
der quergestreiften Skelettmuskulatur und der autonomen glatten Muskulatur ein.
Die Skelettmuskeln sind für kurze und schnelle Hochleistung ausgelegt, die glatten
Muskeln für langsame Dauerleistung.
Die Herzmuskelzellen zeigen eine hohe Dauerbelastbarkeit bei gleichzeitiger
Spitzenbelastung.
Bei mehr als 100 000 Kontraktionen pro 24 Stunden werden 8 - 10 000 Liter Blut
durch den Organismus gepumpt. Während eines 70jährigen Lebens schlägt das
Herz ca. 2,5 Milliarden mal und bewegt dabei ~ 180 Millionen Liter Blut.
Die Blutversorgung des Herzens erfolgt über zwei Hauptkoronargefäße, die aus
der Aortenwurzel, dem Sinus aortae, entspringen. Die großen Gefäße verlaufen
noch an der Herzoberfläche; die Versorgung der einzelnen Muskelfasern wird durch
die Arteriolen und Kapillaren sichergestellt, die senkrecht die Herzwand durch-
stoßen.
Das venöse Herzblut mündet im Sinus coronarius an der Rückseite des rechten
Vorhofes. Limitierend für die Blutversorgung des Herzens sind die Abgänge (Osti-
en) der Arteria coronaria dextra und sinistra aus der Aortenwurzel.
PHYSIOLOGIE DES HERZENS:
Die mechanische Herzaktion unterscheidet zwei Funktionszustände. Die Phase der
Kontraktion entspricht der Systole, die Phase der Erschlaffung der Muskelfasern
der Diastole.
Über die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior et inferior) fließt dem rech-
ten Vorhof verbrauchtes, sauerstoffarmes Blut aus der Körperperipherie zu. Der lin-
ke Vorhof wird durch das sauerstoffreiche Blut der Lungenflügel über jeweils 4 - 6
Lungenvenen gefüllt.
Nach Abfall des systolischen Ventrikeldruckes (Spitzendrucke links > 100 mmHg,
rechts < 20 mmHg) werden die Segelklappen passiv geöffnet, und venöses Blut
strömt in die entleerten Kammern ein. Am Ende der Diastole führt die Kontraktion der
Vorhofmuskulatur zu einer zusätzlichen Füllung des linken Ventrikels von ~ 15 % des
Herzschlagvolumens.
Aktionsphasen der mechanischen Herztätigkeit:
Systole
I
Anspannungsphase
II
Austreibungsphase
Diastole
III
Entspannungsphase
IV
Füllungsphase
In der Anspannungsphase kommt es zu einem intraventrikulären Druckanstieg bei
gleichbleibendem Volumen (isovolumetrisch). Dieser führt zum Schluß der Segel-
klappen.
In der Austreibungsphase kommt es unter weiterer Drucksteigerung zur Öffnung der
Taschenklappen und zur Entleerung des Kammerinhaltes. Das normale Schlagvo-
lumen umfaßt 60 - 90 ml und entspricht etwa 60 % der enddiastolischen Kammer-
füllung.
Durch die nachlassende Spannung der Myokardfasern kommt es zu einem Druck-
abfall, der zum Schluß der Taschenklappen führt (Entspannungsphase).
Nach weiterer Drucksenkung auf fast 0 mmHg öffnen die Segelklappen wieder, die
Füllungsphase beginnt.
Die mechanische Herzaktion wird durch die elektrische Herzaktion koordiniert.
Generation und Leitung der elektrischen Impulse geschieht im sog. Reizleitungs-
system durch spezielle Muskelfasern.
Bestandteile des Reizleitungssystems:
Sinusknoten:
Schrittmacher der Impulsfrequenz, im rechten Vorhof
gelegen.
Vorhoffasern:
Verbindung zwischen Sinusknoten und atrioventriku-
lärem Knoten.
Atrioventrikular- 2 - 3 cm lange Muskelbrücke zwischen Vorhöfen und
knoten:
Kammern gelegen.
His'sches Bündel:
Im Kammersystem gelegenes Faserbündel, welches
die elektrischen Signale in die Kammerebene leitet.
Tawara-Schenkel:
Reizleitungsfasern, die die beiden Herzkammern erre-
gen und sich bis in die
Purkinje-Fasern:
verzweigen, die ein haarfeines Geflecht von Leitungs-
bahnen bilden, mit dem jede Muskelzelle erreicht
wird.
Die Reizbildung und -übertragung erfolgt durch eine sehr rasche Verschiebung von
Ionen aus dem Extrazellulärraum in den Intrazellulärraum. Dadurch wird die elek-
trische Ladung, das Membranpotential, vorübergehend aufgehoben. Ausgelöst wird
diese sog. Depolarisation durch spontane oder exogene Minderung des Ruhepoten-
tials unter einen kritischen Schwellenwert. Die Erregungsausbreitung wird durch
Natriumionen vermittelt. Die Muskelkontraktion als Resultante der Faserverkür-
zung der Myofibrillen geschieht durch den Einstrom von Calciumionen.
Die Calciumionen erfüllen die Funktion einer Mittlersubstanz zwischen den elek-
trischen Phänomenen an der Faseroberfläche und den kontraktilen Reaktionen
im Inneren der Muskelfaser.
Den Wiederaufbau des Membranpotenzials ermöglichen energieverbrauchende
Ionenpumpen, die die eingeströmten Natriumionen zellauswärts befördern und
gleichzeitig die hohe Kaliumkonzentration im Zytoplasma wieder herstellen.
Diese Vorgänge der Repolarisation laufen vergleichsweise langsam ab. Erst
dann, wenn das Membranpotential wieder aufgebaut ist, kann die betreffende
Muskelfaser wieder aktiviert werden. Bis dahin bleibt sie durch neue Reize oder
Impulse unerregbar (refraktär).
Neurohumorale Mechanismen steuern die Herzleistung nach Bedarf:
1) Nervenverbindungen zum Erregungsbildungs- und -leitungssystem haben
Einfluß auf die Herzfrequenz (Fasern des sympathischen und parasympa-
thischen Nervensystems).
2) Streßhormone (Adrenalin, Noradrenalin) beinflussen über Rezeptoren die
Kontraktionskraft des Myokards, die Herzfrequenz sowie die Weite der Koro-
nargefäße.
3) Natriuretische Peptide (ANP,BNP) aus Herzzellen steuern das zirkulieren-
de Blutvolumen durch Vasodilatation und Diuresesteigerung in den Nieren
(A = Vorhof, B = Ventrikel, zuerst im Hirn (Brain) nachgewiesen).
Weiterhin nehmen extrakardial angreifende Regulationssysteme Einfluß auf die
Herzfunktion:
> Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)
> Mediatorsysteme (z. B. Prostaglandine).
Die kontinuierliche, allerdings pulsierende Strömung in den Gefäßen des großen
und kleinen Kreislaufs wird durch die Windkesselfunktion der Arterien ermöglicht.
Elastische Fasern der Gefäßwand - während der Austreibungsphase des Herzens
wie Gummibänder gedehnt - halten den Blutdruck aufrecht, so daß Blut im arteri-
ellen System weiter in die Peripherie fließt.
Eine diskontinuierliche Strömung wird in eine kontinuierliche umgewandelt.
Die sogenannte Molekularkardiologie erforscht die Grundlagen der Regulation bio-
logischer Prozesse am Herzen und sucht nach sicheren Selektionskriterien für
Risikopatienten.
Die Störungen molekularbiologischer Prozesse an den Zellen der Herz-Kreislauforgane
umfassen:
1) Zellzyklus
2) Myogenese
3) pränatale Herzentwicklung
4) Regulation von Ionenkanälen
5) Apoptose
UNTERSUCHUNGSMETHODEN:
> Moderne Diagnostik gewährleistet schnelle, umfassende und wenig belastende
Klärung medizinischer Sachverhalte
1) Erhebung der Vorgeschichte (Anamnese)
2) Körperliche Untersuchung
(Inspektion, Palpation, Auskultation, Perkussion)
3) Apparative Diagnostik
a) Bestimmung des Körpergewichtes
b) Druckmessungen
> Unblutige oder blutige Messung des peripheren Arteriendrucks
> Im kleinen Kreislauf (Rechtsherzkatheter)
> Im großen Kreislauf (Linksherzkatheter)
c) Elektrokardiographie (EKG), elektrophysiologische Untersuchungen (EPU)
> Ruhe-EKG
> Belastungs-EKG
> Langzeit-EKG
>
Intrakardiales „Mapping“
> programmierte Ventrikelstimulation
d) Echokardiographie (transthorakal und transösophageal)
> Eindimensional
> Zweidimensional
> Dreidimensional
> kombiniert mit Flußmessungen über Herzklappen und Herzhöhlen
(Beurteilung von Geschwindigkeit und Richtung)
In Entwicklung: Intravaskulärer Ultraschall (IVUS)
e) Röntgendiagnostik
> Thoraxfernaufnahme in zwei Ebenen
> Angiographie der Herzkammern (Ventrikulographie)
> Angiographie der Koronargefäße (Koronarangiographie)
> Computertomographie (CT)
f) Nuklearmedizinische Verfahren
> Radionuklid - Ventrikulographie
> Myokardszintigraphie
g) Ergänzende Untersuchungsverfahren z. Zeit von untergeordneter Bedeutung
> Phonokardiographie
> Pulskurvenmessung
> Messung der Sauerstoffsättigung im Blut
(zentral, peripher, transkutan)
> Kernspintomographie (NMR)
> Myokardbiopsie
Elektrokardiogramm:
= Kurvenbild, welches durch den zeitlichen Verlauf der Ladungsdifferenzen bei der
Erregungsausbreitung und -rückbildung im Herzen entsteht.
Echokardiogramm:
= Bildgebendes Verfahren, welches durch Ultraschallwellen die Herzaktion dar-
stellt.
M-Mode
=
"motion" Modulation
Eindimensionale Darstellung einer Schnittfläche durch das Herz, die sich herz-
zyklusabhängig verändert.
2-D-Mode
=
Zweidimensionale Modulation
Zweidimensionale Darstellung eines Schnittbildes durch das Herz in definier-
ten Ebenen.
Die dreidimensionale Echokardiographie basiert auf einer computergestützten
Rekonstruktion von 2D-Schnittbildern in definierten Schichtabständen.
II HERZERKRANKUNGEN
Def.:
Krankheitszeichen durch das Mißverhältnis von benötigter Herzleistung
und kardialer Leistungsfähigkeit durch gestörte Pumpfunktion.
Urs.:
> Kontraktionsstörungen des Herzmuskels
(Schlagvolumen
)
> Herzrhythmusstörungen
(Frequenz
)
> Herzklappenfehler
(Pendelblut, Füllungsbehinderung)
> Herzbeutelerkrankungen
(Füllungsbehinderung)
> Extrakardiale Ursachen
(Anämie, Hyperthyreose, arteriovenöse Fistel)
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