In meiner Bakkalaureatsarbeit werde ich mich mit zwei Literaturwerken von Anna Seghers beschäftigen. Einerseits behandelt diese Arbeit den weltbekannten Roman Das siebte Kreuz. Ein Roman aus Hitlerdeutschland und andererseits die Novelle Der Treffpunkt aus der Geschichtensammlung Sonderbare Begegnungen.
Beide Werke stammen aus der Zeit Hitlerdeutschlands, wie schon der Titel des ersten Buches andeutet, bzw. aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg und beide enthalten eine gemeinsame Thematik und Problematik. Das bewog mich dazu, den Versuch zu machen, sie zu vergleichen. Obwohl der Roman Das siebte Kreuz im Jahre 1942 erschien und die Novelle Der Treffpunkt erst 1971 herausgegeben wurde, kann man zahlreiche Zusammenhänge finden.
Mein Ziel besteht darauf, aufgrund der einstudierten Literatur und mit Hilfe der Sekundärliteratur diese zwei Werke zu vergleichen, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, die gemeinsamen Motive herauszufinden.
Dabei stellt die damalige politische Situation die Grundlage dar, damit man beide Werke verstehen kann. Deshalb ist es wichtig, die politischen Umstände aufzuklären. Was für uns noch wesentlich ist, ist die Tatsache, dass man gewisse Parallelen in Anna Seghers Werk und in ihrem Leben entdecken kann, was uns bestimmt viel verraten kann. Anna Seghers´ Bücher reagierten immer auf eine aktuelle politische Situation und gingen immer von den gesellschaftlichen oder staatlichen Problemen aus. Ihre literarische Tätigkeit war nämlich eng mit ihrer politischen, aber auch moralischen Überzeugung verknüpft. Diese Verbindung macht ihre Arbeit noch interessanter und realer, weil sie ihre Erfahrungen und Gefühle auf ihre literarischen Figuren anwendet.
2Anna Seghers´ Lebensgeschichte
„Anna Seghers wurde am 19. November 1900 in Mainz geboren. Ihr Geburtsname ist Netty Reiling.“1 Ein Einzelkind des Vaters Isidor Reiling, der ein bekannter Kunsthändler und Verwalter der Kunstsammlungen des Mainzer Domes war, und der Mutter Hedwig (geboren Fuld). Netty bekam eine humanistische Erziehung, schon in ihren Kinderjahren kam sie in Berührung mit Kunst und Literatur, vor allem dank ihrem Vater. Sie hatte die klassischen deutschen Dichter als Vorbild, wie zum Beispiel J.W. Goethe, F. Schiller oder H. Heine, aber sie kannte auch die Literatur anderer Nationen. Diese Kenntnisse führten sie zur Begeisterung für die deutsche Sprache.
Sie konnte sich auch frei entscheiden, wofür sie sich interessieren werde und alle diese Umstände wurden für ihr weiteres Leben bestimmend.
In ihren Studienjahren beschäftigte sie sich mit den französischen und russischen Realisten wie Gogol oder Balzac, aber vor allem die Werke von Tolstoi beeinflussten ihre dichterische Entwicklung. Letztendlich wurde Netty aber eher durch die gesellschaftliche und politische Realität als durch Literatur geprägt. Das erste Ereignis, von dem sie stark getroffen wurde, war der erste Weltkrieg, den sie durchlebte und den sie hassen lernte wegen der Gewalt und der Plünderung anderer Länder. Die Nachkriegsjahre unterstützten noch ihre Unsicherheit und trugen zu ihrem größeren Einfühlungsvermögen für soziale Probleme und Unterschiede bei. Die Jahre 1917 und 1918 brachten weitere Geschehnisse mit sich, dank denen sich Netty Reilings eigene politische Einstellung bildete. Hierbei handelte es sich um die Vorgänge mit einem revolutionären Charakter in Russland.
Aber sehr schnell habe ich darüber nachgedacht, und sehr schnell war dieses Ereignis für mich verbunden mit einem neuen ..., starken, unerhörten Begriff von Gerechtigkeit... Ich hatte zum ersten Mal voll und ganz verstanden..., daß es ein Oben und Unten, ein Hoch und Niedrig gibt. Das, was wir heute einfach Klassen nennen...2 Nach dem abgelegten Abitur auf dem Gymnasium folgte 1919 das Studium der Kunstgeschichte, der Geschichte, Sinologie und Philosophie zuerst an der Universität in Köln, später in Heidelberg. An der Universität kam sie mit vielen revolutionär gesinnten Studenten zusammen und fühlte, dass sie sich für eine Partei entscheiden musste. Sie schloss sich der Arbeiterklasse an, anschließend wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands.
Das Studium beendete sie mit der Doktorarbeit unter dem Titel Jude und Judentum im Werke Rembrandts, sie interessierte sich für diesen Stoff auch wegen ihrer eigenen jüdischen Herkunft. Sie stellte die Darstellung der Juden in Rembrandts Werk und das wirkliche Leben der damaligen Juden in Frage. Schon in ihrer Doktorarbeit kann man erkennen, dass die Wirklichkeit und Realität für Netty Reiling eine Priorität war, natürlich später auch in ihren eigenen Büchern.
Ihr erstes veröffentlichtes Buch war 1924 Eine Sage aus dem Holländischen. Nacherzählt von Antje Seghers – Die Toten von der Insel Djal. Hier erschien unter anderem zum ersten Mal der Name ‚Seghers’. Das erste Werk, das unter diesem Pseudonym herausgegeben wurde, war Aufstand der Fischer von St. Barbara (1928). Schon in diesem ersten Buch erschien die Unzufriedenheit der Menschen, beziehungsweise der Fischer, die gegen die schlechten Arbeitsbedingungen protestieren. Darüber hinaus wird hier die Natur so plastisch beschrieben, genauso wie es für Anna Seghers in allen anderen Büchern typisch ist. Dank diesem Buch wurde die Autorin noch im selben Jahr mit dem Kleistpreis ausgezeichnet.
Inzwischen im Jahre 1925 heiratete (in dieser Zeit immer noch Netty Reiling) einen ungarischen Kommunisten und Soziologen Lászlo Radvanyi, bekannt als Johann-Lorenz Schmidt.
1932 erschien ihr erster Roman Die Gefährten. Die Inspiration für dieses Buch waren die Emigranten aus Polen, Ungarn, Bulgarien, Italien oder China, die Anna Seghers an der Universität kennenlernte. Der Roman beschäftigt sich gerade mit den Schicksalen dieser Menschen, die auf der Seite des Proletariats kämpften.