7.7 Die endgültige Regelung der Mitgiftfrage Kunigundes
Noch länger als die Aussöhnung des bayerischen Herzogspaares mit Kaiser Friedrich III.
zog sich die endgültige Klärung der Frage hin, wie mit der Mitgift Kunigundes zu
verfahren sei. Aufgrund der unerwünschten Heirat und des fehlenden Erbverzichts war
der Kaiser selbstverständlich nicht bereit, die bereits in der Heiratsabrede vom 30.
August 1486 festgelegte Mitgift für seine Tochter zu bezahlen. Die Lösung dieses Pro-
blems war also selbstverständlich Teil der Verhandlungen, die zwischen 1488 und 1492
zwischen der Partei Kaiser Friedrichs und den bayerischen Gesandten Herzog Albrechts
geführt wurden. Schon im November 1488 wurde die Mitgiftfrage in einer Instruktion
des Herzogs für seine Gesandten, den Hofmeister Jörg Eisenhofen und Dr. Balthasar
Hundertpfund, angesprochen, die mit dem kaiserlichen Hofmeister Sigmund Prüschenk
und dem Kaiser über die Normalisierung der Verhältnisse verhandeln sollten. Dabei
sollten die bayerischen Gesandten besonders herausheben, daß der Herzog die Rückgabe
415
Vgl. H
EGI
, Geächtete Räte, S. 66f.
416
Vgl. BayHStA, Fürstensachen 212, fol.19ff. In einer Instruktion vom 29. Mai 1487 für den
königlichen Rat Jörg Rottaler ließ König Maximilian seinem Schwager unter anderem ausrichten, daß
er sich demnächst zum Kaiser nach Nürnberg begeben wolle, um dort mit ihm über die Anerkennung
der Heirat zu verhandeln.
92
der Stadt Regensburg als unpillich empfände. Des weiteren verlange Albrecht die
Belehnung mit der Herrschaft Abensberg sowie die Herausgabe der fahrenden Habe
Eleonores von Portugal an seine Frau. Die Gesandten sollten weiter mitteilen, daß der
Herzog bereit sei, dem Kaiser bezüglich des Nachlasses der Kaiserin entgegen zukom-
men, wenn er die Reichsstadt Regensburg lebenslang behalten könne und Abensberg
ihm überlassen werde.
417
Mit dieser Haltung zeigte der Münchner Herzog ganz deutlich,
daß er bereit war, zugunsten eines territorialen Gewinns für sein Herzogtum auf die
berechtigten Interessen seiner Frau, die den kostbaren Schmuck der Mutter, der immer-
hin einen Schätzwert von 20.000 Gulden hatte, sicher gern erhalten hätte, zu verzichten.
Einige Monate später, im April 1489 wiederholte der Münchner seinen Standpunkt in
einer Instruktion für eine weitere Gesandtschaft zu Verhandlungen mit König Maxi-
milian, die diesmal aus Balthasar Hundertpfund und Burkhard von Knöringen
bestand.
418
Nachdem sich der Konflikt zwischen dem Kaiser und seinem ungeliebten Schwieger-
sohn im Frühjahr 1492 derart zugespitzt hatte, daß sogar eine bewaffnete Auseinander-
setzung direkt bevorzustehen schien, gelang es König Maximilian gewissermaßen in
letzer Sekunde, eine Einigung zwischen beiden Parteien zu erreichen.
419
Im Vertrag von
Augsburg, der als Ergebnis der Bemühungen Maximilians am 25. Mai 1492 verkündet
wurde, wurden auch einige Regelungen bezüglich Kunigundes Heiratsgutes getroffen.
Voraussetzung für dessen Inkrafttreten war, daß die bayerische Herzogin die lange
geforderte Erbverzichtserklärung unterzeichnete, was einen Tag später auch geschah.
Als Gegenleistung für Kunigundes Erbverzicht sicherte Maximilian zu, daß die Hälfte
des ihr zustehenden Heiratsgutes binnen eines Jahres gezahlt werde. Außerdem ver-
sprach Maximilian mit Zustimmung des Kaisers, daß die Restsumme der geforderten
32.000 Gulden des Heiratsgutes in Höhe von 16.000 Gulden entrichtet werden würde,
nachdem der Tiroler Erzherzog Sigmund bereits 16.000 Gulden in bar gezahlt hatte. Als
Pfand bis zur Bezahlung dieser Summe sollte Herzog Albrecht die von ihm besetzte
Herrschaft Abensberg behalten dürfen.
420
König Maximilian und Herzog Albrecht
einigten sich nach dem Tode Kaiser Friedrichs schließlich im Dezember des Jahres 1493
417
Vgl. Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I., Bd. 3: 1488-1490. Bearb. v. Ernst Bock (Deutsche
Reichstagsakten, Mittlere Reihe, Bd. 3). Göttingen 1972.
418
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 753.
419
Vgl. unten Kap. 8.3.
420
Vgl. HHStA Wien, Familienurkunden 817/1; TLA Innsbruck, Max. IVa, 91, fol. 126
r
-128
r
(Konzept
vom 26. Mai 1492). Druck bei u.a. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 160-165. Zur Sondervereinbarung
über die Herrschaft Abensberg vgl. HHStA Wien, Reichsregister FF, fol. 109f.
93
darauf, die Herrschaft Abensberg dem Wittelsbacher für den Preis von 32.000 rheini-
schen und 20.000 ungarischen Gulden, also der Summe von Kunigundes Heiratsgut, zu
verkaufen. Maximilian behielt sich allerdings das Recht auf Wiederlösung vor, falls
Albrecht ohne männliche Nachkommen sterben sollte.
421
Die Mitgiftproblematik beschäftigte Maximilian auch nach dem Augsburger Schiedstag
weiter; so wandten sich der Stadthalter und die Räte von Innsbruck im September dieses
Jahres mit der Botschaft an den König, daß man gemäß seinen Anordnungen die Herren
Fuchs von Fuchsberg und Dr. Johann Greudner nach Bayern geschickt habe. Sie sollten
dort Urkunden über eine jährliche Versorgung Kunigundes in Höhe von 10.000 Gulden
abschließen.
422
Diesen sei zur Antwort gegeben worden, daß sich der Herzog mit seinem
Schwager über diese Angelegenheit bereits unterhalten habe und daß er die Entschei-
dung dem Kaiser überlassen wolle. Wenn dieser ein Urteil gefällt habe, wolle Albrecht
seiner Gemahlin aus sonnder lieb und treu, so er zu seiner gemahl trag, sy nach notdurft
zuversehen, doch sovil der heyratgutz sei [...]; die veranschlagte Summe in Höhe von
10.000 Gulden erscheine dem bayerischen Herzog jedoch zu hoch.
423
Die Absender des
Briefes fuhren fort, daß weder sie noch die beiden Gesandten über das Heiratsgut der
Herzogin besonders gut informiert seien; zudem habe der Herzog behauptet, er habe
neben den versprochenen 40.000 Gulden von Erzherzog Sigmund und die 16.000 Gul-
den, für die Abensberg als Pfand diene, weitere Zusagen. Da sie über Einzelheiten der
Morgengabe, der Widerlage und auch über die Meinung Kaiser Friedrichs nicht infor-
miert seien, könnten sie in dieser Angelegenheit vorerst nichts unternehmen. Daher rie-
ten sie dem König, sich über die Vereinbarungen bezüglich des Heiratsguts zu informie-
ren und dann weitere Gesandte nach Bayern zu senden, da es nötig sei, die Schwester
des Königs rasch zu versorgen, damit die Angelegenheit nicht verschleppt werde:
[...] so man dann der heyratgut, morgengab und wiederlegung bericht ist, mag
man lauter mit seiner gnaden handln, dann die notdurft ervordert, damit euer
königliche Majestät darein sehe, daß derselben swester, unnser gnedige fraw,
versehen und die sachen nicht angehenngkt werden [...].
424
421
Vgl. HHStA Wien, AUR (Familienurkunden 816 (1492 V 26)); BayHStA, Kurbayern-Urkunden
19841; TLA Innsbruck, Maximiliana IV a 91, fol. 122
r
-123
r
(undatiertes Konzept) sowie R
IEZLER
,
Baiern, Bd. 3, S. 552. Druck: H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 166-170. Eine kurze Schilderung der
Ereignisse bietet auch F
ÜETRER
, Bayerische Chronik, Benediktbeurer Fortsetzung, S. 229.
422
Vgl. TLA Innsbruck, Kopialbücher Ältere Reihe, O/15 (1492), fol. 87: [...] e wr königliche Majestät
hat her unns geschriebn und bevollen, etlich ewr königlichen Mejestät rät zuverordnen zu unnserm
gnedigen herrn, hertzog Allbrechten von Bayrn, umb versorgnus ewr königlichen Majestät swester,
seiner gemahl, unnser gnedigen frawen, und nemblich umb zehn tausent guldein järlicher gult und auf
zwen furstensytz ir gnad zuversehen [...] sowie WMR 92/IX/6 (d).
423
Vgl. TLA Innsbruck, Kopialbücher Ältere Reihe, O/15 (1492), fol. 87.
424
Vgl. TLA Innsbruck, Kopialbücher Ältere Reihe, O/15 (1492), fol. 87
v
.
94
In den folgenden Monaten erfahren wir nichts mehr über den Fortlauf der oben ange-
sprochenen Verhandlungen. Erst im Dezember des folgenden Jahres, wenige Monate
nach dem Tod Kaiser Friedrichs III., kam es zu einer Einigung zwischen Herzog
Albrecht und seinem Schwager bezüglich der Mitgift Kunigundes. Durch die Bereit-
schaft Maximilians, seinem Schwager die Herrschaft Abensberg um den Preis von
Kunigundes Heiratsgut zu überlassen, gelang es dem Münchner Herzog, die von ihm so
sehr gewünschte territoriale Ausdehnung seines Herzogtums zumindest teilweise zu
erfüllen..
425
Mit dem Verkauf der Herrschaft Abensberg an den Bayernherzog waren die Versor-
gungsangelegenheiten Kunigundes allerdings noch immer nicht restlos geklärt; vielmehr
finden sich auch in den folgenden Jahren immer wieder Hinweise, daß Herzog Albrecht
noch weitere Forderungen an seinen Schwager stellte; auch Maximilian beschäftigte
sich gelegentlich mit der Heiratssteuer Kunigundes und seiner Tochter Margarete. So
bestätigte Maximilian im Mai 1496 seinem Schwager, daß er dessen Schreiben der
hochgepornen Kunigunden, geborne ertzhertzogin zu Osterreich, pfaltzgravin bei Rein
und hertzogin in Bayern, unser lieben swester und furstin, deiner gemahel, versorgknus,
widems und vermachts halben erhalten habe.
426
Da er sich zur Zeit aber mit anderen
dringenden Geschäften befassen müsse, habe er dem Statthalter und den Räten in Inns-
bruck befohlen, an seiner Stelle mit dem Herzog zu verhandeln. Albrecht solle, wenn
diese es wünschten, bevollmächtigte Räte nach Innsbruck senden.
Auch im folgenden Jahr hatte sich König Maximilian mit der Heiratssteuer seiner
Schwester zu beschäftigen, wie ein Eintrag im Innsbrucker Kopialbuch des Jahres 1497
belegt. Ein undatiertes Memorial enthält neben vielen anderen Dingen auch den Eintrag
des vermächts halben unnser gnedigen frawen von Bayern etc.
427
Da an dieser Stelle
keine weiteren Angaben gemacht werden, muß offen bleiben, ob und was Maximilian in
diesem Jahr mit seinem Schwager wegen der Versorgung Kunigundes verhandelte.
Möglicherweise glaubte Albrecht, wie auch das obige Schreiben Maximilians belegt,
noch immer Ansprüche stellen zu können.
425
Vgl. HHStA Wien, AUR (Familienurkunden ),Nr. 831 ; BayHStA, Kurbayern-Urkunden 19841 sowie
R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 552 und W
IESFLECKER
, Hermann: Regesta Imperii, Bd. XIV: Ausgewählte
Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I., 1493-1519. Bd. 1, 1. Teil: Maximilian I. 1493-1495
(Hrsg. v. d. Kommission für die Neubearbeitung der Regesta Imperii bei der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften). Wien u.a. 1990, Nr. 218.
426
Vgl. HHStA Wien, Max. Kasten 5/3b/2, fol. 139 sowie WMR 96/V/2 (a) (Schreiben König
Maximilians an Herzog Albrecht vom 2. Mai 1496).
427
Vgl. TLA Innsbruck, Kopialbücher Ältere Reihe, T/20 (1497), S. 303-308, hier S. 307 sowie WMR 97
(i).
95
Auch in der Zeit zwischen 1498 und 1500 finden sich gelegentlich Hinweise darauf, daß
Maximilian noch immer unter den finanziellen Folgen der Heirat seiner Schwester zu
leiden hatte. So befahl er im September 1498 unter Berufung auf eine alte Tradition, der
zufolge bei der Heirat der Tochter des regierenden Fürsten die Landschaft Steuern zu
entrichten hätten, verschiedenen Würdenträgern der Steiermark, diese Steuern zu
bezahlen. Dabei berief er sich nicht nur auf die Heirat seiner Tochter Margarete mit dem
spanischen Infanten Juan, sondern auch darauf, daß bei der Heirat Kunigundes, der
Tochter des damals regierenden Friedrich III., diese Abgaben nicht bezahlt worden
seien.
428
Eine ähnliche Aufforderung erging knapp zwei Monate später an den Landtag
von Kärnten, als Maximilian von den Ständen für die Heiraten Margaretes und Kuni-
gundes 8.000 ungarische Gulden zur Bezahlung einiger Schulden einforderte. In diesem
Fall war der König recht erfolgreich, da die Vertreter Kärntens ihm tatsächlich 7.000
rheinische Gulden als Unterstützung gewährten.
429
In einem Schreiben Maximilians an
Ulrich von Weißpriach, den Landeshauptmann von Kärnten, wurde ebenfalls Bezug auf
die Heiratssteuern für Kunigunde und Margarete genommen: Maximilian befahl am 2.
Oktober des Jahres 1499, daß die Landschaft von Kärnten ein Hilfsgeld zugesagt
habe.
430
Im selben Jahr wurden zudem alle Prälaten, Adeligen, Städte und Märkte der
Krain zur Zahlung einer Hubsteuer anläßlich der Heiraten Margaretes und Kunigundes
verpflichtet. Auch diesmal begründete er diese Forderung mit der oben angeführten
alten Tradition, sicherte aber zu, daß in Zukunft weder er noch seine Erben weitere For-
derungen erheben würden.
431
Selbst im Jahr 1506 war die Versorgung Kunigundes noch immer Gegenstand der Ver-
handlungen zwischen König Maximilian und Herzog Albrecht, der seinerseits zwar am
4. Januar 1487 eine Urkunde ausgestellt hatte, in der die Verschreibungen auf Heirats-
gut, Widerlage und Morgengabe Kunigundes festgelegt worden waren. Mit der Einlö-
sung dieses vertraglich festgelegten Versprechens hatte es der Wittelsbacher offenbar
aber nicht so eilig, wie Maximilian beinahe zwei Jahrzehnte später feststellte und
bemängelte. Daher mußten Sigmund von Rohrbach, der Hauptmann von Regensburg,
428
Vgl. W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 2,1, Nr. 6664. Im Januar des Jahres 1500 versicherte Maximilian
schließlich den Bischöfen und dem Adel der Steiermark, daß die von ihnen sowie von den Städten und
Märkten bezahlten Heiratssteuern für seine Schwester und seine Tochter als freiwillige Gaben die
verbrieften Rechte nicht beeinträchtigen würden. Vgl. W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 3,1, Nr. 9714.
429
Vgl.
W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 2,2, Nr. 8932.
430
Vgl. W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 3,1, Nr. 9440. Zur Heiratssteuer, die für Kunigunde und Margarete
in Kärnten erhoben wurde, vgl. auch Vgl. W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 3,2, Nr. 13830, 13884 und
13904.
431
Vgl. W
IESFLECKER
, Regesten, Bd. 3,1, Nr. 9585 und 9586.
96
Hans von Peffenhausen, der Hofmeister der bayerischen Herzogin, Jörg Eisenreich, der
Probst zu St. Peter in München und Kaspar Winzerer, der Pfleger zu Diernstein,
432
als
bevollmächtigte Räte und Gesandte Herzog Albrechts am 18. Januar 1506 unter ande-
rem bestätigen, daß Albrecht binnen eines Jahres die noch immer nicht getätigte Ver-
schreibung in Höhe von 10.000 Gulden, die Kunigunde als Wittum dienen sollte, aus-
stellen würde.
433
In der Tat hielten die bayerischen Herzöge Albrecht und Wolfgang
diese Versicherung ein. Nur einen knappen Monat später stellten sie eine Urkunde aus,
in der bekräftigt wurde, daß die Herzöge in Vollzug des Kölner Spruches unter anderem
binnen eines Jahres das Heiratswidem Kunigundes um 10.000 Gulden erhöhen wür-
den.
434
Diese Erhöhung des Widems könnte man als eine Art späte Wiedergutmachung
Maximilians an seiner Schwester werten, da der bayerische Herzog in seiner Urkunde
vom 4. Januar 1487 die Widerlage, das Heiratsgut und die Morgengabe eigenmächtig
und offenbar ohne Rücksprache mit Erzherzog Sigmund von Tirol um 40.000 Gulden
auf 90.000 Gulden gekürzt hatte.
8. Konflikt und Versöhnung – Das Verhältnis zu Kaiser Friedrich und
König Maximilian 1487-1492
8.1 Politische Verhältnisse
Zu Beginn des Jahres 1487 stand Kaiser Friedrich III. der gegen seinen Willen geschlos-
senen Ehe seiner Tochter und besonders seinem Schwiegersohn ablehnend gegenüber.
Dennoch schien eine rasche Lösung des Konfliktes mit Herzog Albrecht dank der
Bemühungen Maximilians, der im Gegensatz zu seinem Vater die Heirat seiner Schwe-
ster billigte, zu diesem Zeitpunkt durchaus noch möglich. Voraussetzung dafür wäre ein
Innehalten der vor allem gegen die Tiroler und schwäbischen Besitzungen des Hauses
Habsburg gerichteten Expansionspolitik der Wittelsbacher Herzöge gewesen. Der im
politischen Bereich sonst so besonnen handelnde Herzog Albrecht dachte aber nicht
daran, seinen Einfluß auf den Tiroler Erzherzog nach der Eheschließung mit Kunigunde
aufzugeben, sondern schloß in den folgenden Monaten mehrere Abkommen und Ver-
träge mit Erzherzog Sigmund, die den Kaiser vollends gegen seinen unerwünschten
Schwiegersohn aufbrachten. So kam es bereits am 28. Januar 1487 zu jener verhängnis-
vollen Abmachung zwischen den Nachbarn, sich gegenseitig eine Million Gulden auf
432
Zur Familie Winzerer vgl. L
IEBERICH
, Landstände, S. 132.
433
Vgl. WMR vom 18. Januar 1506.
434
Vgl. WMR vom 24. Februar 1506.
97
das Land desjenigen zu verschreiben, der als erster ohne eheliche männliche Nachkom-
men sterben würde.
435
Im Gegensatz zu Sigmund, der bereits in zweiter Ehe kinderlos
verheiratet war, konnte sich der frischvermählte Albrecht von seiner Gemahlin eine
zahlreiche Nachkommenschaft erhoffen. Dieser Vertrag, der einen eindeutigen Bruch
der habsburgischen Hausgesetze darstellte, hätte im Ernstfall also den Übergang Tirols
an Bayern-München bedeuten können, da die festgelegte Summe von einer Million
Gulden praktisch nicht aufzubringen war.
436
Schon kurze Zeit später kam es zu einem
weiteren, für das Haus Österreich ebenso gefährlichen Vertrag, als Erzherzog Sigmund
im Mai desselben Jahres die Verwaltung über die habsburgischen Vorlande für einen
Zeitraum von sechs Jahren den bayerischen Herzögen Albrecht und Georg übertrug; am
19. Juli 1487 ließ er sich gar dazu bewegen, die gesamten Vorlande für einen extrem
niedrigen Preis von 50.000 Gulden an die beiden Wittelsbacher zu verkaufen, um so den
geplanten Krieg gegen Venedig finanzieren zu können, zu dem ihm sowohl seine pro-
bayerischen Räte als auch der Münchner Herzog geraten hatten.
437
Um sich gegen einen
schnellen Rückkauf der Vorlande durch den Tiroler Erzherzog abzusichern, bestand
Herzog Albrecht nicht nur auf einer strikten Geheimhaltung des Vertrages vor Kaiser
und König, sondern auch auf einem Zusatzvertrag. Erzherzog Sigmund mußte gegen
eine Summe von weiteren 84.000 Gulden versichern, die Vorlande nicht wieder zu
erwerben, bevor die oben genannte Summe als zusätzliches Heiratsgut Kunigundes
gezahlt sei. Damit hatte Albrecht, vermutlich ohne Wissen Kunigundes, den Habsbur-
gern die Wahl gelassen, entweder die besagte Summe von 84.000 Gulden an den
Münchner und seine Ehefrau auszubezahlen oder auf die Vorlande zu verzichten.
438
Mit
435
Zu den Vorgängen in Tirol vgl. allgemein J
ÄGER
, Landständische Verfassung, Bd. 2,2 sowie J
ÄGER
,
Übergang. Zum Verschreibungsvertrag vom Januar 1487 vgl. L
ICHNOWSKY
, Haus Habsburg, Bd. 8,
Regest Nr. 923, wo als Höhe der Verschreibung allerdings die Summe von 100.000 Gulden angeben
wird; J
ÄGER
, Übergang, S. 326, Anm. 2; W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 253 sowie Ernst B
OCK
:
Die Doppelregierung Kaiser Friedrichs III. und König Maximilians in den Jahren 1486-1493. Ein
politisch-historisches Generationsproblem, in: Aus den Reichstagen des 15. und 16. Jahrhunderts
(Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd.
5). Göttingen 1958, S. 283-340, hier S. 303.Vgl. ferner R
IEZLER
, Baiern, Bd 3, S. 513 (mit falscher
Datierung 28. Januar 1488).
436
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 303.
437
Vgl. u.a. L
ICHNOWSKY
, Haus Habsburg, Bd. 8, Regest Nr. 981, J
ÄGER
, Übergang, S. 326f. (13. Juli),
B
OCK
, Doppelregierung, S. 303 (12. Juli). Der Vertrag beinhaltete nicht nur die genaue Aufzählung
aller zu den Vorlanden gehörigen Gebiete, sondern auch verschiedene Beschränkungen, von denen die
wichtigste war, daß Sigmund oder seinen Erben erst nach Ablauf von sechs Jahren das Recht auf
Wiederkauf zugestanden wurde. Diese Klausel wurde allerdings später in ein Wiederlösungsrecht auch
innerhalb der nächsten sechs Jahre umgewandelt, da sich die Wittelsbacher der prekären Finanzlage
Sigmunds durchaus bewußt waren und daher ein Rückkauf von Seiten Erzherzog Sigmunds nicht zu
erwarten war. Vgl. J
ÄGER
, Übergang, S. 328. Kurz ohne Nennung der Verkaufssumme: F
ÜETRER
,
Bayerische Chronik, Benediktbeurer Fortsetzung, S. 227f.
438
Vgl. J
ÄGER
, Übergang, S. 329 sowie J
ÄGER
, Landständische Verfassung, Bd. 2,2, S. 314.
98
dem Verkauf der Vorlande war nicht nur die Geduld der Tiroler Landstände, sondern
auch die des Kaisers, an den sich die Landstände mit der Bitte um Hilfe wandten,
erschöpft. Unverzüglich wurden Maßnahmen gegen die Entfremdung habsburgischer
Besitztümer eingeleitet. Kaiser Friedrich beorderte eine Gesandtschaft nach Innsbruck,
die Sigmund mit dem Hinweis auf die Unveräußerlichkeit der habsburgischen Erblande
dazu bewegen sollten, alle Verschreibungen zurückzuziehen, die er zugunsten der Wit-
telsbacher getätigt hatte.
439
Die Tiroler Landstände reagierten mit einer Versammlung
im August 1487 auf die drohende Gefahr des Übergangs Tirols an Bayern. Dort konnten
sie unter anderem die Ausführung der zuletzt mit den Wittelsbachern geschlossenen
Verträge verhindern, die Herrschaft der sogenannten „bösen Räte“ beenden und eine,
dem Kaiser und dem römischen König Maximilian treu ergebene Regierung unter
Leitung des Dr. Konrad Stürtzel einsetzen. Mit Hilfe des Kaisers, der zu Beginn des
Jahres 1488 selbst nach Innsbruck kam, wurde schließlich die Ächtung der pro-
bayerisch gesinnten Räte Sigmunds erreicht. Erzherzog Sigmund, der von seinen
Landständen auf dem zweiten Landtag des Jahres 1487 im November praktisch in den
Ruhestand geschickt worden war, mußte am 1. Februar 1488 die zugunsten Herzog
Albrechts getätigte Millionenverschreibung aus dem vergangenen Jahr feierlich
widerrufen.
440
Währenddessen war auch der Kaiser nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden im
Sommer 1487 nicht untätig geblieben. Er war, wie schon erwähnt, nicht nur persönlich
an der Entfernung der „bösen Räte“ vom Hof und deren Ächtung beteiligt, sondern
konnte auch, unter tatkräftiger Mithilfe des Grafen Haug von Werdenberg, die schwäbi-
schen Reichsstände, die sich durch die Expansionsbestrebungen der Wittelsbacher schon
länger bedroht fühlten, im Februar 1488 zum Schwäbischen Bund vereinen.
441
Zunächst
439
Vgl. F
UGGER
/B
IRKEN
, Ehrenspiegel, S. 963f. sowie J
ÄGER
, Übergang, S. 333.
440
Letztendlich bildeten die beiden Landtage des Jahres 1487 und das rasche, energische Eingreifen der
Tiroler Landstände sogar die Grundlage für den Regierungsverzicht Erzherzog Sigmunds zugunsten
König Maximilians im März 1490. Zu den Vorgängen in Tirol und zum Regierungsverzicht Erzherzog
Sigmunds vgl. die ausführlichen Darstellungen bei J
ÄGER
, Übergang, S. 299-448; J
ÄGER
,
Landständische Verfassung, Bd. 2,2, S. 325-374; H
EGI
, Geächtete Räte, S. 82-118 und S. 131-350,
sowie W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 254f. (Eingreifen der Landstände und des Kaisers) sowie
S. 258-264 (Übergabe Tirols an König Maximilian).
441
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 304. Zur Gründung des Schwäbischen Bundes, dessen Geschichte
und Verfassungen vgl. Ernst B
OCK
: Der Schwäbische Bund und seine Verfassungen (1488-1534). Ein
Beitrag zur Geschichte der Zeit der Reichsreform (Untersuchungen zur deutschen Staats- und
Rechtsgeschichte, AF 137). Neudr. der Ausgabe Breslau 1927. Aalen 1968; Helmo H
ESSLINGER
: Die
Anfänge des Schwäbischen Bundes. Ein Beitrag zur Geschichte des Einungswesens und der
Reichsreform unter Kaiser Friedrich III. Ulm 1970
.;
Andreas R
ANFT
: Ritterbünde, -gesellschaften, in:
LdM, Bd. 7, München 1994, Sp.876f.; zuletzt: Horst C
ARL
: Der Schwäbische Bund (Schriften zur
südwestdeutschen Landesgeschichte, Bd. 24). Leinfelden-Echterdingen 1999.
99
aber verzichtete Friedrich III. auf eine Auseinandersetzung mit den bayerischen Herzö-
gen, weil er erneut in die Niederlande reisen mußte, um seinem Sohn Maximilian beizu-
stehen, der im Januar 1488 in Brügge gefangengenommen worden war.
442
Die Wittelsbacher nutzten die Atempause, die ihnen durch die Gefangennahme König
Maximilians beschieden war, um ihrerseits um Verbündete für die drohende Auseinan-
dersetzung mit dem Kaiser und seinem Sohn zu werben. Schon im Mai des vergangenen
Jahres hatten die Herzöge Georg und Albrecht die Möglichkeit eines Anschlusses an die
Gegner des Kaisers, also an Ungarn, Frankreich und die Eidgenossen in Erwägung
gezogen, wobei besonders der Landshuter über ausgezeichnete Verbindungen zum
ungarischen König Matthias Corvinus verfügte. Obwohl sich die Verhandlungen mit
den Ungarn über längere Zeit bis ins Jahr 1488 hinzogen, scheiterte die angestrebte
Bundesgenossenschaft, vermutlich, weil die bayerischen Forderungen zu hoch waren.
443
Auch ein Neutralitätsbündnis, das die Wittelsbacher von den Eidgenossen zu erreichen
suchten, kam erst im August 1491 zustande, obwohl ein erster Entwurf, den Erzherzog
Sigmund vermittelt hatte, schon vier Jahre zuvor vorgelegen hatte.
444
Albrecht und
Georg hatten sich aber auch in den Reihen der wittelsbachischen Verwandtschaft nach
möglichen Verbündeten umgesehen. So war es schon im Juni 1487 in Ingolstadt zu
einem Vertrag zwischen den Herzögen Albrecht und Georg sowie dem pfälzischen
Kurfürsten Philipp gekommen, in dem sich die Wittelsbacher für den Fall der Bedro-
hung gegenseitig militärische Unterstützung zusagten. Bekräftigt wurde das Bündnis
zwischen Albrecht und Philipp knapp zwei Jahre später, als die kaum einjährige Sido-
nie, die erstgeborene Tochter Kunigundes und Albrechts, mit Ludwig (*1478), dem
Sohn des pfälzischen Kurfürsten, verlobt wurde.
445
Trotz all dieser Versuche, sich mit den Feinden des Kaisers zu verbinden, wagten die
Wittelsbacher zu diesem Zeitpunkt aber den offenen Bruch mit dem Kaiser noch nicht.
Auf dessen Ansuchen um Hilfe für die Befreiung Maximilians erschienen Albrecht und
Georg zwar nicht persönlich, schickten aber immerhin Truppen zur Unterstützung, Her-
442
Vgl. W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 207-218.
443
Vgl. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 520-522. Bei den Verhandlungen mit den Eidgenossen leistete Georg
von Werdenberg-Sargans, der in die Schweiz geflüchtete ehemalige Rat Erzherzog Sigmunds von
Tirol, den Wittelsbachern wertvolle Hilfe. Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 304f.
444
Vgl. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 523 (Erste Verhandlungen 1487) und S. 531 (Abschluß des
Neutralitätsvertrages zwischen den Eidgenossen, den Herzögen Albrecht und Georg sowie dem
Pfalzgrafen Philipp).
445
Vgl. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 520 sowie unten Kap. 10.2.
100
zog Albrechts Brüder Christoph und Wolfgang dagegen nahmen sogar am Feldzug in
den Niederlanden teil.
446
Nach der Freilassung König Maximilians am 16. Mai 1488 konnte Friedrich III. daran
gehen, die verworrene Lage in Süddeutschland zu klären. Zunächst allerdings
beschränkte er sich auf die endgültige Lösung der Tiroler Frage und bestätigte den
Schiedsspruch, den die Bischöfe von Augsburg und Eichstätt am 7. November 1488
zwischen Erzherzog Sigmund und den bayerischen Herzögen gefällt hatten. Bei den
Diskussionen im Vorfeld des Vertrags standen verschiedene Themen auf der Tagesord-
nung, wie eine Instruktion Erzherzog Sigmunds, die seine Gesandten für ihre Verhand-
lungen mit dem Kaiser erhielten, zeigt. Neben der Abensberger und der Regensburger
Frage war vor allem die Rückgabe der Verschreibungen, die Herzog Albrecht vom
Tiroler Erzherzog erhalten hatte, sowie der Verzicht des Münchners auf die Erban-
sprüche Kunigundes von großer Wichtigkeit.
447
Am Ende der Verhandlungen vermieden
es die beiden Bischöfe allerdings, den Wünschen, die der Kaiser im Vorfeld der Ver-
handlungen geäußert hatte,
448
in allen Punkten nachzugeben. So fällten sie unter
anderem keine Entscheidung im Streit zwischen den Familien der Wittelsbacher und der
Habsburger. Zwar ordneten sie an, daß alle zwischen Erzherzog Sigmund und Herzog
Albrecht aufgerichteten Verschreibungen zurückgegeben und ungültig gemacht werden
sollten, im Falle der umstrittenen Heiratsabrede Kunigundes wollten sie jedoch kein
endgültiges Urteil abgeben.
449
Die bayerischen Herzöge erklärten sich mit diesem
Schiedsspruch einverstanden, der Tiroler dagegen versuchte auszuweichen, da er nicht
nur die Kaufsumme für die Vorlande, sondern auch noch eine Entschädigung für die
übrigen Verschreibungen zahlen sollte.
450
Aus der Sicht der Habsburger war es zudem
problematisch, daß ausgerechnet die von Sigmund und Albrecht unterzeichnete Heirats-
abrede Kunigundes ihre Gültigkeit behalten sollte. Dabei wurden ausnahmsweise nicht
die darin übernommenen finanziellen Verpflichtungen als besonders drohend empfun-
446
Vgl. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 523f. sowie W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 265.
447
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 319-322 (Nr. 57a): Instruktion Erzherzog Sigmunds für seine Gesandten
Sigmund von Niedertor und Dr. Johann Fuchsmagen vom 9. September 1488 sowie S. 329-331 (Nr.
60a): Bericht der herzöglichen Räte Jörg von Eisenhofen, Dr. Johann Neuhauser u.a. an Herzog
Albrecht über den Verlauf der Augsburger Verhandlungen vom 24. Oktober 1488.
448
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 301. Kaiser Friedrich gestattete seinem Tiroler Vetter zwar die Einigung
mit den bayerischen Kontrahenten, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß das Haus Habsburg
keinen Schaden nähme. Nach dem Willen Friedrichs hatten die Wittelsbacher alle Verschreibungen
Sigmunds herauszugeben, die Markgrafschaft Burgau sollte unbedingt wieder eingelöst werden,
zudem sollte versucht werden, die zwischen Kunigunde und Albrecht geschlossene Heiratsabrede
zurückzuerhalten.
449
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 304 sowie Nr. 60a.
101
den, sondern vielmehr die Tatsache, daß Kunigunde noch immer nicht den üblichen
Erbverzicht geleistet hatte und Herzog Albrecht daher jederzeit Ansprüche an das Haus
Habsburg anmelden konnte.
451
Schon wenige Tage nach Bekanntgabe des Augsburger
Schiedsspruches versuchte der Münchner weiter, das Verhältnis zu seinem kaiserlichen
Schwiegervater zu normalisieren. Sein Hofmeister Jörg von Eisenhofen und der
Münchner Probst Dr. Balthasar Hundertpfund
452
sollten das Gespräch mit dem kaiser-
lichen Hofmeister Sigmund Prüschenk und dem Kaiser selbst suchen, nachdem Prü-
schenk dem Münchner seine Unterstützung im Kampf um die kaiserliche Gunst ange-
boten hatte.
453
Die Gesandten sollten dabei dem kaiserlichen Hofmeister die
Bereitschaft des Münchners zu einem persönlichen Gespräch mit dem Kaiser
übermitteln, allerdings unter der Voraussetzung, daß er vorher erfahre, woran er beim
Kaiser sei.
454
Für den Fall, daß Prüschenk Fragen über die weiteren Intentionen des
Herzogs stellen sollte, sollten die Gesandten unter anderem die Belehnung mit der
Herrschaft Abensberg sowie die Herausgabe des muterlich varnd gut an Kunigunde
verlangen. Zudem ließ Albrecht mitteilen, daß er die Rückgabe der Stadt Regensburg als
unpillich
455
empfände. Sollte es Prüschenk aber gelingen, daß Albrecht Regensburg auf
Lebenszeit behalten könne und ihm und seinen Erben zudem die Herrschaft Abensberg
verliehen werde, werde der Herzog dem Kaiser bezüglich des Nachlasses der Eleonore
von Portugal entgegenkommen. Außerdem erklärte sich der Münchner bereit, den
Augsburger Schiedsspruch anzunehmen. Dem kaiserlichen Hofmeister Prüschenk stellte
Herzog Albrecht im Falle erfolgreicher Verhandlungen zudem eine „Erfolgsprämie“ in
Höhe von 800 bis 1.000 Gulden in Aussicht.
456
Der Vorschlag Herzog Albrechts, für die
450
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 305f.
451
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 306.
452
Dr. Balthasar Hunderpfund († 23. Dez. 1502), Doktor der geistlichen Rechte, gehörte seit Mitte der
1470er Jahre zu den Räten Herzog Albrechts. Seit 1479 hatte er die Pfarrstelle zu Unserer Lieben Frau
in München inne, 1490 wurde er Probst zu St. Petersbug (Madron), im Jahre 1497 erster Stiftsdekan
der Kirche zu Unserer Lieben Frau in München. Vgl. Heinz L
IEBERICH
: Die gelehrten Räte. Staat und
Juristen in Bayern in der Frühzeit der Rezeption, in: ZBLG 27 (1964) (Land und Volk, Herrschaft und
Staat in der Geschichte und Geschichtsforschung Bayerns. Karl Alexander von Müller zum 80.
Geburtstag), S. 120-189, hier S. 173 sowie Kurt M
ALISCH
: Hundertpfund, Balthasar, in: BBB, S. 379.
453
Vgl. Bock, RTA 1488-90, S. 341-343. Instruktion Herzog Albrechts etwa vom 1. Dezember 1488. Zu
Prüschenks Stellung als Exponent der bayerischen Partei bei Friedrich vgl. H
EINIG
, Kaiser Friedrich,
passim. Auch zu Kunigunde hatte Prüschenk zu dieser Zeit gelegentlich Kontakt. So bedankte er sich
zum Beispiel im Jahr 1493 für ein Geschenk, das ihm die bayerische Herzogin übergeben ließ. Vgl
BayHStA, Fürstensachen 281 ½, fol. 130: ... und die hauben, si mir ewr fürstlich gnaden aus ewr
fürstlichen gnaden frawenzymmer geschickt, hab ich demütigklich empfangen, und sag ewwrn
fürstlichen gnaden, auch derselben frauenzimmer, unnderthennigen dannckh,... (Schreiben
Prüschenks aus Linz vom 12. Mai 1493). Vgl. auch R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 550f.
454
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 342.
455
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 342.
456
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 342.
102
Erweiterung seines Territoriums auf eine ihm zustehende Auszahlung, in diesem Falle
von Schmuck, zu verzichten, ist typisch für den Münchner Herzog. Unbekümmert der
Tatsache, daß seine Frau den ihr zustehenden Schmuck der Mutter vielleicht gerne als
eine Art Andenken erhalten hätte, war ihr Ehemann bereit, darauf zu verzichten und
diesen gewissermaßen gegen die Herrschaft Abensberg und den lebenslangen Besitz der
Stadt Regensburg einzutauschen. Daß Albrecht immer, wenn es ihm möglich schien,
versuchte, sein Herzogtum auszudehnen, zeigt sich auch einige Jahre später, als der
Herzog seinem Schwager Maximilian die Herrschaft Abensberg schließlich endgültig
abkaufte.
457
Die Auseinandersetzungen zwischen Herzog Albrecht und seinem Schwiegervater inter-
essierten mittlerweile nicht nur die direkt betroffenen Parteien, sondern waren in weiten
Teilen des Reiches Tagesgespräch, wie ein Schreiben des Nördlinger Ratsherren Jörg
Vetzer vom 16. Januar 1489 zeigt, in dem er den Bürgermeister seiner Heimatstadt
bezüglich der Wittelsbacher unterrichtete. Zwar steht die Versöhnung Herzog Georgs
mit dem Kaiser im Mittelpunkt seiner Berichterstattung, Vetzer erwähnte aber auch, der
Kaiser wolle seinen Schwiegersohn straffen vonwegen der ksl. Mt. dochter,
Regensburgs und ander sachen, wyder die ksl. Mt begangen.
458
König Maximilian, der im Frühjahr 1489 aus den Niederlanden ins Reich zurückkehrte,
versuchte nun seinerseits, die Lage in Süddeutschland zu beruhigen, um freie Hand für
seine außenpolitischen Pläne zu haben. Mit seinem Vater war er sich einig, daß man am
ehesten zu einer Lösung kommen würde, wenn es gelänge, die Einheit der Wittelsbacher
zu spalten, die seit der Eheschließung Albrechts mit Kunigunde ohnehin schon leicht
erschüttert war,
459
da durch die zu erwartende Nachkommenschaft Herzog Georgs
Chancen auf das oberbayerische Erbe gesunken waren.
460
Maximilian plante nun, den
Schwager auf seine Seite zu ziehen, allerdings nicht nur aus familiärer Zuneigung, son-
dern vor allem, weil die Möglichkeit bestand, daß der Münchner aufgrund der fehlenden
Erbverzichtserklärung Kunigundes verschiedene familienrechtliche Ansprüche erheben
würde oder sogar in Konkurrenz zu Maximilian bezüglich der Nachfolge in Tirol treten
könnte. Auch Herzog Albrecht war an einer Einigung mit dem Kaiser und seinem Sohn
457
Vgl. oben, Anm 421.
458
Vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 360.
459
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 309 sowie R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S.527.
460
Mit dem Vertrag von Erding (7. Juli. 1485) bestimmten die Herzöge Albrecht und Sigmund den
Landshuter Herzog Georg zum Nachfolger im Herzogtum Oberbayern, falls Albrecht keine ehelich
geborenen Söhne hinterlassen sollte, vgl. S
TAUBER
, Herzog Georg, S. 293 und B
OCK
,
Doppelregierung, S. 307.
103
interessiert, um so den jüngeren Brüdern Christoph und Wolfgang die Grundlage ihrer
ständigen Ansprüche auf die Teilung der Regierungsgewalt in Bayern und die damit
verbundene Unterstützung des Kaisers zu nehmen.
461
Dessen Taktik zielte zwar auch auf eine Spaltung der wittelsbachischen Herzöge, Fried-
rich war allerdings, wohl auch aufgrund persönlicher Kränkungen, die er von Albrecht
IV. erfahren hatte, darauf bedacht, eine Einigung mit dem Landshuter Georg zu erzielen.
Im Januar 1489 kam es als Folge der Bemühungen des Kaisers zu einer Reihe von
Abmachungen zwischen diesem und Herzog Georg, wobei sich der Landshuter neben
materieller Unterstützung des Kaisers im Kampf gegen den Ungarnkönig Matthias Cor-
vinus zu einem Verzicht auf die Markgrafschaft Burgau und aller weiteren Ansprüche
verpflichtete. Als Gegenleistung erwartete Herzog Georg vom Kaiser die Bestätigung
einiger umstrittener Kaufverträge, was schließlich auch erledigt wurde.
462
Möglicher-
weise wurde das neue Bündnis mit dem Kaiser dem Landshuter schon damals durch
erste Verhandlungen über eine Heirat seiner Tochter Elisabeth mit Maximilians ein-
zigem Sohn Philipp erleichtert. Eine Einigung mit Herzog Georg schien dem Kaiser
auch deshalb angeraten, weil aufgrund der unterschiedlichen Interessen Herzog Georgs
und des Schwäbischen Bundes bezüglich Schwabens ein Krieg zwischen den Kontra-
henten auszubrechen drohte. Die Kriegsgefahr wurde durch die Einigung Herzog Georgs
mit dem Kaiser jedoch noch verstärkt, da beim Bund zahlreiche Beschwerden von
Fürsten, die sich von Georg geschädigt glaubten, eingingen, und es zwischen dem
Kaiser und dem Bund zu einer langsam wachsenden Entfremdung gekommen war.
463
Wiederum war es König Maximilian, der sich daran machte, einen Ausgleich zwischen
den verfeindeten Parteien zu schaffen, was ihm schließlich mit dem im Juni geschlosse-
nen Vergleich von Dinkelsbühl bezüglich Herzog Georg und dem Schwäbischen Bund
auch gelang.
464
Obwohl die Chancen Maximilians und Albrechts auf eine Einigung äußerlich gut stan-
den, unter anderem auch deswegen, weil der Münchner, im Gegensatz zu Herzog Georg,
keine größeren Probleme mit dem Schwäbischen Bund hatte, scheiterte Maximilian mit
dem zweiten Teil seines Vorhabens, innerhalb des Reiches für Ruhe zu sorgen. Trotz
zweier Treffen Albrechts mit seinem Schwager, die im Frühjahr 1489 in Ulm und Mün-
461
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 307.
462
Vgl. W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 256f. sowie B
OCK
, Doppelregierung, S. 309f.
463
Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 310f.
464
Vgl. W
IESFLECKER
, Maximilian, Bd. 1, S. 257 sowie B
OCK
, Doppelregierung, S. 312-315.
104
chen stattfanden,
465
und zusätzlicher Verhandlungen zwischen dem römischen König
und Herzog Albrechts Gesandten in Innsbruck, konnte die von beiden angestrebte Eini-
gung nicht erzielt werden. Bei seinem Besuch Ende Mai in München, der offensichtlich
mit Billigung des Kaisers geschah,
466
wurde Maximilian von seiner Schwester, die er
seit etlichen Jahren nicht mehr gesehen hatte, schon an der Stadtbrücke, wohin sie sich
mit den Damen ihres Gefolges begeben hatte, freudig begrüßt.
467
In den zwei Tagen, die
er sich in München aufhielt, berichtete er, was er bei seinem Vater hatte erreichen kön-
nen. Nachdem sich Albrecht bei seinem ersten Treffen mit Maximilian bereit erklärt
hatte, sämtliche finanziellen Ansprüche auf Tirol und die Vorlande fallen zu lassen und
sogar auf die familienrechtlichen Ansprüche soweit zu verzichten, als seine Ehre und
Herkommen es zuließen,
468
wollte er im Gegenzug die Belehnung mit Abensberg durch
den Kaiser und eine längerfristige Überlassung der Stadt Regensburg durchsetzen. Diese
Vorschläge, die Maximilian seinem in Innsbruck weilenden Vater vortrug, wurden aber
vom Kaiser abgelehnt, der weiterhin auf der sofortigen Rückgabe Regensburgs an das
Reich bestand. Nach zähen Verhandlung gelang es Maximilian immerhin, seinen Vater
dazu zu bewegen, die Regensburger Angelegenheit vorläufig ruhen zu lassen, was wohl
vor allem einer neuerlichen Erkrankung Matthias Corvinus´ und der damit verbundenen
Chance auf die Rückgewinnung der von den Ungarn besetzten habsburgischen Gebiete
zu verdanken war.
469
Nachdem durch den Dinkelsbühler Ausgleich der Frieden in Süd-
deutschland auch ohne die Versöhnung zwischen dem Kaiser und seinem Schwieger-
sohn einigermaßen gesichert war, konnte sich Maximilian vorläufig wieder der Ungarn-
frage widmen, die nach dem Tod des Corvinen am 6. April 1490 oberste Priorität
gewonnen hatte.
470
465
Über den Inhalt der Verhandlungen zwischen König Maximilian und Herzog Albrecht am 3. oder 4.
April in Ulm vgl. B
OCK
, RTA 1488-90, S. 644f.
466
Maximilian besuchte den Münchner Hof auf seiner Reise von Innsbruck, wo er mit Kaiser Friedrich
verhandelt hatte, nach Dinkelsbühl, wo er den Frieden zwischen dem Schwäbischen Bund und Herzog
Georg sicherte. Vgl. B
OCK
, Doppelregierung, S. 315.
467
Zu Maximilians Besuch in München bei seiner Schwester Kunigunde vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde,
S. 201; A
RNPECK
, Chronica, S. 425, A
RNPECK
, Bayerische Chronik, S. 678;
F
UGGER
/B
IRKEN
,
Ehrenspiegel, S. 1021; L
ILIENCRON
, Volkslieder, Bd. 2, S. 187f, Verse 89-110. Der Verfasser des
Gedichts berichtet gar von einem Wiedersehen der Geschwister nach 18 Jahren, was übertrieben ist.
Allerdings gibt er einen Hinweis auf Kunigundes damaligen Aufentsort, da er erzählt, Maximilians
habe fraun Kunigunden und irem kind [...] in der alten burg seine Aufwartung gemacht. Vgl.
außerdem S
TAHLEDER
, Chronik, S. 536,
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