Kunigunde, Erzherzogin von Österreich und Herzogin von Bayern-München (1465-1520) Eine Biographie


Witwenzeit im Pütrich-Regelhaus zu München (1508-1520)



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12. Witwenzeit im Pütrich-Regelhaus zu München (1508-1520)
12.1 Die Entwicklung des Hauses und erste Kontakte der Herzogin zu den
Schwestern des Regelhauses
Das alte Münchner Pütrich-Regelhaus, von dem sich nicht einmal die Grundmauern
erhalten haben, befand sich bis zur Säkularisation im Jahre 1803 an der ehemaligen vor-
deren Schwabinger Gasse, das heißt, am heutigen Max-Josephs-Platz an der Ecke Resi-
denz- und Perusastraße.
747
 Dort stand schon vor der Mitte des 13. Jahrhunderts eine
kleine, dem heiligen Christopherus geweihte Kirche, an die ein Seelhaus, eine
Niederlassung der ein gemeinschaftliches Leben führenden regulierten Terziarinnen
angrenzte.
748
 Als im Jahr 1284 Franziskanermönche von ihrer ursprünglichen Klo-
steranlage am Anger in einen ebenfalls am heutigen Max-Josephs-Platz gelegenen Neu-
bau  übersiedelten, unterstellten sich die im Seelhaus lebenden Schwestern der geist-
lichen Aufsicht der Patres. Im gleichen Jahr wurde im Seelhaus neben der Christo-
pherus-Kirche die Regel des dritten Ordens des heiligen Franziskus von Assisi einge-
führt; die dort lebenden Schwestern waren aber noch keine Klosterfrauen im kirchen-
rechtlichen Sinn, da sie die drei Ordensgelübde zur Armut, Keuschheit und zum Gehor-
                                                           
746
Vgl. A
RNPECK
, Chronica, S. 420.
747
Vgl. Max Josef  H
UFNAGEL
, Das Franziskanerinnenkloster der Pütrichschwestern zum heiligen
Christopherus in München, in: Bavaria Franziscana antiqua, Bd. 3. München 1957, S. 273-307, hier S.
274f.
748
Seelhaus ist eine der zahlreichen anderen mittelalterlichen Bezeichnungen für Regelhaus. Vgl. Michael
B
IHL
: Regelhäuser, in: LThK, Bd. 8. 2. Aufl., Freiburg i. Br. 1936, Sp. 708.

167
sam nicht ablegen mußten.
749
 Die Annahme dieser neuen Ordnung führte zu einer ersten
Blüte des Regelhauses, die große Zahl der beigetretenen Frauen machte schon bald eine
erste bauliche Erweiterung notwendig.
750
Als stützende Hand, ohne die kein mittelalterliches Kloster oder Stift auskommen
konnte, stellte sich um die Mitte des 14. Jahrhunderts die bedeutende Münchner Patri-
zierfamilie der Pütrich zur Verfügung,
751
 die dem Regelhaus nicht nur den Namen gab,
sondern dieses mit zahlreichen Stifungen auch außerordentlich förderte.
752
 Zu dieser
Zeit widmeten sich die Schwestern, die 1387 auf Betreiben der Brüder Heinrich und
Hans Pütrich eigene Statuten erhielten, vor allem dem Gebet und Wercken der
Barmhertzighkeit,
753
 zu denen neben Krankenpflege und Unterstützung von Sterbenden
auch die Freigiebigkeit gegenüber Bedürftigen zählte.
754
Nachdem Herzog Albrecht im Jahr 1480 die Glaubensgemeinschaften der Münchner
Franziskaner und Clarissen reformiert hatte, wollte er einige Jahre später die Pütrich-
Schwesternschaft sogar gänzlich aufheben, obwohl man den Bewohnerinnen keine
großen Verfehlungen nachweisen konnte. Der Freisinger Bischof Sixtus von Tannen-
berg konnte den Herzog jedoch überzeugen, das Stift nicht aufzulösen, sondern wirk-
                                                           
749
Die Schwestern des dritten Ordens, auch Terziarinnen genannt, begannen sich etwa zur Mitte des 13.
Jahrhunderts in Verbänden und Klöstern zu vereinigen. Teils lebten sie in Abhängigkeit regulierter
männlicher Terziaren, teil unterstanden sie, was gerade in Deutschland häufiger vorkam, einem
Kloster des Ersten Ordens. Die Häuser der Terziarinnen waren nicht einheitlich organisiert,
Unterschiede bestanden vor allem in Bezug auf Klausur und Gelübde, die nicht überall vorgeschrieben
waren. Vgl. Giulia B
ARONE
: Terziarier, in: LdM, Bd. 8. München 1997, Sp. 556-559 sowie Fidentius
VAN DEN 
B
ORNE
: Terziaren, in: LThK, Bd. 9. 2., völlig neu bearb. Aufl. Freiburg/Br. 1964, Sp. 1374-
1378. Vgl. ebenso Artikel „Terziaren“ in: Georg S
CHWAIGER
 (Hg.): Mönchtum, Orden, Klöster. Von
den Anfängen bis zur Gegenwart. Ein Lexikon. München 1994, S. 428f. sowie Max H
EIMBUCHER
: Die
Orden und Kongregationen der katholischen Kirche. Bd. 2. 3. neu bearb. Aufl., Neudr. der 1. Ausgabe
Paderborn 1934. München 1965, bes. S. 7-48.
750
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 276.
751
Die Familie Pütrich war einige Jahre zuvor aus Rain am Lech in die Stadt München gekommen. Sie
stellte in der Zeit zwischen 1350 und 1500 etliche Münchner Ratsherren. Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S.
276f. Die Pütrich zu Pasing, denen der zu Kunigundes Zeit älteste Vertreter der Familie angehörte,
waren in den Jahren zwischen 1300 und 1500 immer wieder im Münchner Rat vertreten, vgl.
L
IEBERICH
, Landstände, S. 60. Zur Familie Pütrich vgl. zuletzt: Helmuth S
TAHLEDER
: Beiträge zur
Geschichte Münchner Bürgergeschlechter im Mittelalter. Die Wilbrecht, Rosenbusch, Pütrich, in: OA
114 (1990), S. 227-281.
752
Im Jahre 1365 erfolgte durch Ludwig Pütrich die erste große Stiftung, mit der die wirtschaftliche
Grundlage des Regelhauses gesichert wurde, so daß schon kurze Zeit später weitere Umbau- und
Vergrößerungsmaßnahmen vorgenommen werden konnten. Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 278.
753
Vgl. B
ITTRICH
, S. 5.
754
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 278f. Die Statuten, eher eine Art „Hausordnung“, legten beispielsweise
fest, zu welchen Bedingungen eine Novizin aufgenommen wurde, und wie die Frauen über ihr
Vermögen verfügen konnten. Außerdem wurden Regelungen für das Verlassen des Hauses mit und
ohne Erlaubnis der Familie Pütrich und der Mitschwestern getroffen. Die Bewohnerinnen des Pütrich-
Regelhauses waren also noch keine Nonnen, sondern lediglich einfache oder weltliche
Terziarierinnen, die in Gemeinschaft lebten, ihnen war auch ein Verlassen des Hauses und sogar das
Heiraten gestattet. Vgl H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 280.

168
liche klösterliche Verhältnisse einzuführen und von den Schwestern das Ablegen der
drei franziskanischen Gelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam zu verlangen.
755
Obwohl Katharina Gebhard am 20. Mai 1484 als einzige Schwester die Gelübde abge-
legt hatte und das nunmehrige Kloster formell vom Papst bestätigt und den Franzis-
kanern der strengen Observanz übergeben worden war, erholte sich das Pütrich-Regel-
haus durch den Beitritt vieler Frauen aus den angesehensten Münchner Familien schnell
vom Auszug der übrigen Schwestern.
756
 Neben dem Gebet widmeten sich die Nonnen
zur damaligen Zeit der Handarbeit und erwarben ansehliche Einnahmen durch Baum-
wollspinnen, Wolkämpen, und Schlayrwirken.
757
Für den ersten großen Aufschwung und Mitgliederzuwachs des Hauses sorgte Agnes
Kiener, die erste Oberin nach der Reform von 1484, die „Würdige Mutter“ genannt
wurde. Agnes Kiener soll von Herzogin Kunigunde persönlich aus ihrem Ingolstädter
Kloster Gnadenthal nach München berufen worden sein. Da sie nur bis 1490 die Stel-
lung der Erwürdigen Mutter innehatte,
758
 muß Kunigunde schon sehr bald nach ihrer
Ankunft in München mit den Schwestern des Pütrich-Klosters in Kontakt gekommen
sein, da sich die Berufung einer neuen Oberin nicht sofort, sondern nur nach längeren
Formalitäten durchführen ließ.
759
 So hatten es die Pütrich-Schwestern wohl auch der
Förderung der Herzogin zu verdanken, daß sich nun immer mehr Wohltäter einfanden,
die es der dritten Mutter des Konvents, Clara Loderin (†1536), gestatteten, einen weite-
ren Ausbau der Klostergebäude vorzunehmen.
760
                                                           
755
Bischof Sixtus forderte die Schwestern am 2. Mai 1484 in Gegenwart der Brüder Anton und Bernhard
Pütrich zum Ablegen dieser Gelübde auf; bis auf Katharina Gebhard verweigerten dies jedoch alle
Schwestern, vor allem, weil sie nicht bereit waren, jeden Besitz aufzugeben. Katharina verblieb
vorläufig allein in München, allen anderen wurde von Bischof Sixtus ein Haus in Freising zur
Verfügung gestellt, wo sie sich weiterhin der Krankenpflege widmen konnten. Vgl. H
UFNAGEL
,
Pütrich, S. 280f.
756
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 281. Er nennt das Beispiel der 1548 verstorbenen Barbara Rudolph,
Tocher eines Münchner Bürgermeisters, die direkt vom Tanzvergnügen eines Balles ins Pütrich-
Kloster geflohen sein soll. Barbara wird auch in der „offiziellen“ Liste der Kloster-Schwestern geführt.
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 291.
757
B
ITTRICH
, S. 18, zitiert nach H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 281.
758
Vgl. die Liste der Erwürdigen Mütter bei H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 294ff. und in: Bayerische Akademie
der Wissenschaften (Hg.): Monumenta Boica, Bd. XIX, 2. Aufl. München 1850, hier S. 219.
759
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 282. Nach der in der Monumenta Boica, Bd. XIX, S. 219 abgedruckten
Liste der Erwürdigen Mütter des Pütrich-Klosters kam Agnes Kiener allerdings schon im Jahre 1486,
also vor Kunigundes Ankunft in Bayern, aus dem Ingolstadter Kloster Gnadenthal nach München;
nach vier Jahren kehrte sie dorthin zurück und verstarb daselbst im Jahr 1540. Wenn Agnes Kiener
wirklich schon 1486 den Titel einer ehrwürdigen Mutter getragen haben sollte, ist eine Berufung durch
Kunigunde, die sich seit 1485 bekanntlich in Innsbruck aufhielt und sich kaum mit einzelnen Klöstern
in München und Ingolstadt beschäftigt haben dürfte, wohl auszuschließen.
760
Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 282.

169
Auch der Erwerb von Eigentum außerhalb Münchens könnte durch Vermittlung der
Herzogin zustande gekommen sein. So verkauften Affra, die Witwe eines gewissen
Ulrich Spiegel, und ihre Kinder einen Teil ihres Besitzes in Gücklberg an Clara Loderin
und die übrigen Schwestern des Regelhauses, wobei Kunigundes Hofmeister Hans von
Pfeffenhausen neben anderen als Zeuge dieses Vertrages beurkundet ist.
761
Daß die Herzogin noch zu Lebzeiten ihres Mannes enge Kontakte mit der erwürdigen
Mutter des Regelhauses, Clara Loderin, pflegte, besagt zumindest die im Jahr 1721 ent-
stande Chronik des Klosters. So habe Kunigunde von allen Geistlichen besonders die
Franziskaner bevorzugt und aus deren Mitte ihre Beichtväter und Seelsorger gewählt.
Mit Clara Loderin, der sie mit einer sehr grossen Liebe und allen Gnaden beygethan
gewesen sei, habe sie bei ihren häufigen Besuchen vil geheimbe Unterredungen
geführt.
762
 So habe Kunigunde ihre große Zuneigung gegenüber dem Pütrich-Kloster
immer wieder durch großzügige finanzielle Unterstützung gezeigt und die Schwestern in
keiner Noth / niemals Hülff-los gelassen.
763
 Nach dem Tod Susannas, der vierten Toch-
ter des bayerischen Herzogspaares, die 1498 verstorben war, sei es Clara Loderin gewe-
sen, die in Begleitung einiger Mitschwestern das Kind auf ausdrücklichen Wunsch der
Herzogin zu Grabe getragen habe.
764
Kunigunde habe nach dieser Schilderung sogar den Wunsch geäußert, selbst dem Klo-
ster beizutreten und das fromme Leben der Schwestern zu teilen; da dies aufgrund ihres
Ehestandes nicht möglich war, äußerte sie in Schreiben an Clara Loderin den Wunsch,
wenigstens im Gewand des Ordens beigesetzt zu werden:
Geistliche würdige Mutter / nachdem ich / mein Lebenlang / meinem Herrn und
Gemahl verlobt bin / und nit darff einen Orden an mich nemmen; Aber nachdem
ich sondere Lieb hab zu eurem würdigen Orden / bitt ich euch / durch GOTTes
Willen / der Jungfrauen MARIAE, und deß heiligen Francisci, mir mitzutheilen
und zugeben / das Kleyd eures heiligen Ordens / zur Zeit meines Absterbens / in
dem ich begehre zu ligen / und deß  jüngsten Tag zu erwarten / und wöllet / mit
eurem ganzen Convent, meiner Bitt gedencken, Urkund / daß solches mein ganzer
Will ist / hab ich das mit meiner Hand geschriben.
765
                                                           
761
Vgl. Urkunde vom 30. Juli 1498 in: Monumenta Boica, Bd. XIX, S. 325-328.
762
Vgl. B
ITTRICH
, S. 28.
763
Vgl. B
ITTRICH
, S. 28. Diese Aussage ist zwar nicht durch Archivalien zu belegen, aber dennoch
glaubhaft, da sich die bayerische Herzogin in den Jahren, die sie selbst im Pütrich-Kloster verbrachte,
immer wieder durch zahlreiche Spenden und Stiftungen um die Lage des Klosters verdient machte,
siehe unten, Kap. 12.5.
764
Vgl. B
ITTRICH
, S. 28. Bestattet wurde die kleine Susanne in der Fürstengruft der Kirche zu Unserer
Lieben Frau in München.
765
Vgl. B
ITTRICH
, S. 29. Zur Zeit der Entstehung der Chronik scheint dieses Schreiben Kunigundes noch
im Original vorhanden gewesen zu sein, wie die Verfasserinnen angeben. Leider war es mir nicht

170
So kam die Übersiedlung Kunigundes in das Regelhaus nach dem Tod ihres Gatten
Albrecht im Jahr 1508 für die Angehörigen des Hofes, die sicherlich nicht im Einzelnen
über die Beziehungen ihrer Herzogin zu Clara Loderin und dem Kloster informiert wa-
ren, zwar völlig unerwartet; aufgrund dieser engen Kontakte und aufgrund ihrer Fröm-
migkeit ist sie aus heutiger Sicht dagegen nachvollziebar.
12.2 Eintritt der Herzoginwitwe in das Münchner Pütrich-Regelhaus gegen den
Widerstand des Hofes
Nach dem Tod ihres Ehemannes am 16. März 1508 und dessen Bestattung
766
 wenige
Tage später machte Kunigunde ihr Testament und versuchte, Ordnung in die Schulden
zu bringen, die ihr Mann hinterlassen hatte.
767
 Bald nach der Bestattung entschloß sich
die Herzogin, ihre teilweise noch sehr jungen Kinder - die älteste Tochter war mit 19
Jahren zwar schon erwachsen, die jüngste dagegen zählte gerade erst 6 Jahre - in der
Obhut des Hofstaates und der noch von Herzog Albrecht bestimmten Vormundschafts-
regierung zurückzulassen, um sich in ein Kloster zurückziehen zu können.
768
 Vielleicht
hatte sie diesen Plan schon vor dem Ableben ihres Mannes entworfen, wofür der oben
angesprochene, allerdings undatierte Brief Kunigundes an Clara Loderin spricht. Wie ihr
Biograph berichtet, sah Kunigunde, die sich wie ihre Mutter ihr ganzes Leben durch
                                                                                                                                                                              
möglich, das Schreiben Kunigundes aufzufinden. Vgl. zu diesem Schreiben auch H
UFNAGEL
, Pütrich,
S. 282.
766
Zum Tod Herzog Albrechts vgl. zuletzt Walter Z
IEGLER
: Der Tod der Herzöge von Bayern zwischen
Politik und Religion im 15. und 16. Jahrhundert, in: Lothar Kolmer (Hg.): Der Tod des Mächtigen.
Kult und Kultur des Todes spätmittelalterlicher Herrscher. Paderborn u.a. 1997, S. 247-261.
767
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 113-117 und oben, Kap. 11.
768
Über das genaue Datum des Klostereintritts machen die Quellen unterschiedliche Angaben. Der
Fortsetzer der Chronik Füetrers  äußerte sich darüber nur vage: ...über etlichen wochen gieng sy
haimlich an wissen mänigklichs selb fünft aus der neuen vest zu Münichen in der Püttrich sel- oder
regelhaus bey der Parfüesser kloster zu Münichen..., vgl. F
ÜETRER
, Bayerische Chronik,
Wessobrunner Fortsetzung, S. 261. Genauer dagegen ist Aventin, der Erzieher der Söhne Kunigundes:
Martius 18: obiit Albertus dux Bavariae subito. et post octo dies eius uxor Kunegundis filia Friderici
caesaris et Leonorae et soror Maximiliani caesaris [...] ingressa coenobium sanctarum virginium
Monachii...  Vgl. Georg L
EIDINGER
 (Hg.): Johannes Turmair´s genannt Aventinus kleinere Schriften.
Nachträge. München 1908, S. 13. Die handschriftlichen Notizen (BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
r
)
sowie die Klosterchronik (B
ITTRICH
, S. 31) nennen dagegen einen genauen Termin. Nach beiden
Quellen habe sich die Herzogin am Montag nach dem Passions-Sonntag in das Regelhaus begeben, in
der Chronik wird dieses Datum fälschlich mit dem 2. April aufgelöst, richtig ist stattdessen der 10.
April. Kunigundes Biograph nennt kein Datum, sondern berichtet nur, daß Kunigunde nach der
Erstellung ihres Testamentes das geistliche Gewand angelegt habe, vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S.
118. R
IEZLER
, Baiern, Bd. 3, S. 651 meint, Kunigunde habe sich bereits acht Tage nach dem Tode
Albrechts zu den Pütrich-Schwestern zurückgezogen. Mir erscheint dagegen die Angabe montag nach
dem suntag Passionis wahrscheinlicher, da die Herzogin am 5. April noch in der neuen Veste weilte,
wie ihr Testament belegt (Vgl. BayHStA, Kurbayern-Urkunden, Nr. 6745). Daß sie kurz nach ihrer
„Flucht“ vom Hof wieder in die herzogliche Residenz zurückgekehrt sein soll, kann aufgrund des
Widerstandes des Hofes gegen die Übersiedlung Kunigundes wohl ausgeschlossen werden.

171
eine große Frömmigkeit ausgezeichnet hatte,
769
 nach dem Tod Albrechts die rechte Zeit
gekommen, sich von allen höfischen Ablenkungen zurückzuziehen und sich ganz ihrem
Glauben zu widmen.
770
  Möglicherweise war der Eintritt Kunigundes in das Regelhaus
auch eine bewußte Nachahmung der heiligen Elisabeth (1207-1231), die als Herzogin
von Thüringen nach dem Tod ihres Mannes ihre Kinder und die herzogliche Residenz
auf der Wartburg verließ, um sich ganz der Armenfürsorge zu widmen.
771
 Schon Aven-
tin, der Erzieher der Söhne Kunigundes, erwähnte in seinem tagebuchartigen Haus-Ka-
lender diese Verbindung: ipsa [Kunigunde] velut altera Elizabeth incommata ad
senatores ait...
772
 Beiden Frauen gemeinsam war zumindest eine tiefe Religiosität und
eine enge Verbindung zum Orden der Franziskaner, der freilich zu Elisabeths Lebzeiten
noch nicht endgültig konstituiert war. Auch das Gelöbnis der heiligen Elisabeth, sich
nach dem Tode ihres Mannes nicht wieder zu verheiraten, könnte Kunigunde als Vor-
bild für ihr Schreiben an Clara Loderin und Ansporn für ihr Verlassen des Münchner
Hofes gedient haben.
Kunigunde trennte sich also von einem Großteil ihrer weltlichen Besitztümer, legte das
geistliche Gewand an und zog in ain fast kleines demütiges stublein, das mer ainer
armen Klosnerinn wonung tze schetzen was, dann einer kuniginn kamer.
773
Einen genaueren Bericht über Motive und Ablauf des Klostereintritts der Herzogin bie-
ten sowohl die handschriftlichen Notizen als auch die zu Beginn des 18. Jahrhunderts
entstandene Chronik des Klosters. Hier heißt es, daß Kunigunde nach dem Tod ihres
Mannes nach mehr als zwanzigjähriger Ehe Trost im Glauben gesucht habe, um so ihre
                                                           
769
Vgl. Z
IERL
, Eleonore, S. 186.
770
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 117f.: ...da kheret sy furtan irn ganzen sinn gen gott vnd dem
geistlichen wesen. Dann sy was von zartheit irr kindischen iaren an gar andächtig vnd des gebeths
ain liebhaberinn, als das aus irn petpuechlein, dy si albegen bey sich hiett, vnd sunnst anndern
stuckhen, wol erscheinen mag.
771
Zu Elisabeth von Thüringen vgl. Matthias W
ERNER
: Elisabeth von Thüringen, in: LdM, Bd. 3.
München 1986, Sp. 1838-1842; Philipps-Universität Marburg/Hessisches Landesamt für
geschichtliche Landeskunde (Hg.): Sankt Elisabeth. Fürstin, Dienerin, Heilige (Ausstellung zum 750.
Todestag der hl. Elisabeth. Marburg, Landgrafenschloß und Elisabethkirche, 19. November 1981 - 6.
Januar 1982). Sigmaringen 1981; Arno B
ORST
: Elisabeth, hl., Landgräfin von Thüringen, in: NDB,
Bd. 4. Berlin 1959, S. 452.
772
Vgl. L
EIDINGER
, Aventinus, S. 13.
773
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 118. Daß sich Kunigunde von einem Großteil ihres Besitzes
getrennt hatte, bestätigte sie selbst in einem Schreiben an ihrem Sohn Wilhelm, in dem sie,
anscheinend als Antwort auf dessen Frage, sämtliche Gegenstände, die ihr noch geblieben waren,
aufzählte: ... ich hab gar ain klain guet vonn ewrm herrn unnd vatter mit mir ein das regelhaws
pracht. [...] hab ich noch ainen ring mit 3 klain gespitzten diemanten, ain ring mit ainem klain
gespitzten diemant, ain silbers trinchgeschir, gemacht wie ain hafen, [...] unnd ain klains silbernes
unnd vergolt heferl, ain silbern verdekchten pecher, ain silbern schal mit vergolten gewaye unnd
sannd Jorgen, zway klaine silberne salsenschusel, ain silnerm klain saltzfaß, ain silbern vergolten

172
so lang gehegte Intention unnd Vorhaben ins Werck zu setzen, welches sie doch / ohne
das mindeste jemand zu vertrauen / biß dahero / in höchster Geheimb behalten.
774
 Mög-
licherweise war aber die geplante Übersiedlung Kunigundes in das Pütrich-Kloster nicht
ihr Geheimnis geblieben, sondern ein Gegenstand der vielen Gespräche, die sie unbe-
achtet vom Hof in den vergangenen Jahren mit Clara Loderin geführt hatte.
775
 Nach dem
Begräbnis ihres Gatten in der Kirche zu unserer lieben Frau und den Exequien, denen
Kunigunde mit ihren Kindern und dem gesamten Hofstaat mit großer Andacht beige-
wohnt habe, sei sie, so der Bericht beider Quellen, nach einem Gedenkgottesdienst für
den verstorbenen Herzog vollkommen unerwartet nicht zurück in den herzoglichen
Palast gefahren, sondern habe ihren Wagen am Pütrich-Kloster halten lassen.
776
 Sie
habe sich in Begleitung zweier Kammerfrauen, eine Englschalkhin, die ander
Holzkircherin genandt
777
 in das Regelhaus begeben und ihrem Hofmeister, dem Ritter
von Pfeffenhausen, befohlen, mit dem übrigen Gefolge zum Hof zurückzukehren.
778
Hans von Pfeffenhausen sei mit den anderen Begleitern seiner Herrin diesem Wunsch
auch nachgekommen, weil man allgemein annahm, daß Kunigunde am Abend in die
Münchner Residenz zurückkehren würde, zumal auch die Schwestern des Pütrich-
Klosters noch nicht über die wahren Absichten der Herzogin informiert gewesen seien.
                                                                                                                                                                              
apfel. Item drey gelumenyrt wibel unnd annderst, doch klaines gelts wert... Vgl. BayHStA, KL-Fasz.
427/20.
774
Vgl. B
ITTRICH
, S. 30f.
775
Vgl. oben Kap. 12.1 und B
ITTRICH
, S. 28.
776
Vgl. BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
r
: ...als nun ihr fürstlichen durchlaucht, seligister gedechtnus,
am montag nach dem sontag Passionis zu unser lieben frauen pfarrkirchen alhie gehalten worden ist,
die durchleuchtigiste firstin und frau, frau Künigundt, pfalzgravin bey Rhein, herzogin in Bayren,
geborne ertzherzogin zu Österreich, wittib, kaiser Fridrich des driten und frau Leonora, geborne
königin aus portugal tochter, und kaiser maximilian des ersten schwester, nach dem si zuvor am
fürstlichen hoff alhie ihr testamant aufgericht und zeitliche verordnung gethan. Als si von ihres herrn
gemahls seel dreissigisten aus der stüftkirchen haimgefahren, nicht zu ihr nach hof khomen, sonder
[...] zu dises damals woll gar clains reglhaus eingangen...
777
Vgl. BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
r
 sowie B
ITTRICH
, S. 31. Die beiden Begleiterinnen Kunigundes
traten allerdings nicht als Schwestern in den Orden ein, sondern hielten sich nur vorrübergehend als
Begleiterinnen der Herzogin im Kloster auf: in der nahezu vollständigen Liste der Klosterschwestern
lassen sich beide Namen nicht nachweisen. Vgl. H
UFNAGEL
, Pütrich, S. 291-293. Beide Damen sind
aber in der Soldliste des Hofstaates der Herzogin aus eben diesen Jahr 1508 vermerkt, was für die
Genauigkeit der Überlieferung des Regelhauses spricht. Vgl.
 
W
ESTENRIEDER
, Historischer Calender,
S. 244.
778
Vgl. BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
v
:  Ihr fürstlich durchlaucht haben sich auch zu hoff nichts zu
erkhen lassen, allain dero fürstlichen hofmaister herr Hanns von Peffenhausen, ritterstands, bevelh
geben, sambt dem silbercammer und thürhietter wider nach hof zugehen. Vgl. außerdem B
ITTRICH
, S.
31 sowie F
ÜETRER
, Bayerische Chronik, Wessobrunner Fortsetzung, S. 261: ...und schicket, die mit ir
giengen, wider haim... Vgl. auch F
UGGER
/B
IRKEN
, Ehrenspiegel, S. 964: Fr. Kunegund / zweyte
Bayerische Stammenmutter aus dem Haus Habsburg und Oesterreich / als ihr Gemahl A. 1508
gestorben / gienge aus der Kirche / darinn sie ihm den dreissigsten tag der Besenknis gehalten / in ein
Fraunkloster / dankte allem ihrem Fraunzimmer ab / und führte ein geistliches Leben bis in ihr Ende.

173
Erst am Abend, als der Hofmeister erschienen war, um die Herzogin an den Hof
zurückzubegleiten, habe diese ihre Absichten offengelegt:
Ihr fürstliche durchlaucht aber haben di wirdige muetter Clara Loderin sambt
dem gantz convent erfordern lassen, und mit demüettigen vernüenfftigen wortten
angedeit bei solicher mainung, als der allmechtige Gott nun ihren liebsten herrn
gemahl aus diser zeit aufgelost hab, und ihr willruf noch vorstehe, ain kurtze zeit
ihres lebens die welle si bey dieser ehrlichen versamblung, in dem dienst und lob
Gottes verzehren. Und also haben ihr firstliche durchlaucht den hofmaister sambt
andern herrn wider abgeschafft, darob si dan fast erschrokchen und bedriebt
worden sind.
779
Es scheint allerdings sehr merkwürdig, daß die Herzogin keinen einzigen Menschen
über diesen doch gewaltigen Schritt unterrichtet haben soll, zumal sie ihren Übertritt ins
Kloster im Falle des Ablebens ihres Ehemannes offensichtlich schon längere Zeit erwo-
gen hatte. Man kann erwarten, daß zumindest die Oberin Clara Loderin über die
Absichten Kunigundes informiert war, zumal es bestimmte Regeln gab, welche die Zahl
der Schwestern und deren Aufnahme in das Regelhaus festlegten. Aufgrund des Schrei-
bens, das die bayerische Herzogin früher einmal an Clara Loderin gerichtet hatte, konnte
dieser nicht verborgen geblieben sein, daß sich Kunigunde zumindest zeitweise mit der
Absicht beschäftigt hatte, ins Kloster einzutreten.
Beide Quellen berichten auch über das Erstaunen, das Kunigunde durch ihre überra-
schende Handlung bei den Hofbediensteten auslöste. Besonders der Hofmeister Hans
von Peffenhofen zeigte sich vom Entschluß seiner Herrin überrascht und versuchte,
diese durch einen Hinweis auf das Alter ihrer Kinder zu einer Rückkehr zum Hof zu
bewegen.
780
 Nach der später entstandenen Chronik soll Kunigunde sich bei ihrem Hof-
meister für dessen geleisteten Dienste bedankt und ihre Vorstellungen für ihr zukünfti-
ges Leben erläutert haben:
Bißhero haben Wir zum Theil der schnöden Welt gedienet / anjetzo wollen Wir
GOTT alleinig dienen / Unser Will ist allhier zu verbleiben / und nicht mehr nach
Hof zu kommen.
781
Nach dieser kurzen Rede habe sie ihren Hofmeister und ihre übrigen Bediensteten ent-
lassen, wodurch bei den Angehörigen des Hofes eine grosse Befembdung und Conster-
nation aufgrund dieser gantz unvermuthtete[n] Entschliessung entstanden sei.
782
 Beson-
ders verwundert sei man darüber gewesen, daß die Herzogin ihre Kinder welchen allen
                                                           
779
Vgl. BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
v
. Ähnlich auch B
ITTRICH
, S. 32.
780
Vgl. BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol. 6
v
-7
r
:  Dan der firstliche hfmaister sich besorgt hat solihes, der
fürstlichen jungen herrn fasst anzuzaigen: Herzog Wilhalm war damals alt bey 15, herzog Ludwig bey
14, herzog Ernst 7, herzogin Sibilla 19, Sabina 16, und frau Susana 6 Jar alt.
781
Vgl. B
ITTRICH
, S. 32.

174
die Mütterliche Gegenwart / Obsorg und Direction annoch höchstens vonnöthen sei,
ohne ihre Fürsorge am Hof zurücklassen wolle.
783
 Deshalb wurde von Seiten des Adels,
der Landstände und der Räte des verstorbenen Herzogs versucht, dessen Witwe zu einer
Aufgabe ihres Planes zu bewegen oder ihr zumindest das Versprechen abzuringen, noch
einige Zeit zu warten, bis die Kinder nicht mehr der mütterlichen Sorge bedurften oder
zumindest bis der 15-jährige Herzog Wilhelm in drei Jahren die Volljährigkeit erreicht
hätte.
784
 Nachdem Herzog Albrecht die Vormünder für seinen ältesten Sohn schon in
der Primogeniturordnung bestimmt hatte, machte die Herzogin in dieser Situation keine
Anstalten, sich dieser Anordnung zu widersetzen. Auch die Kinder versuchten, ihre
Mutter dazu zu bewegen, ihr Leben am Hof weiterzuführen, indem sie an deren Mutter-
liebe appellierten und sie baten, sie nicht so kurz nach dem Tode des Vaters durch den
so eylfertigen Eintritt / in das Closter / auff einmahl / sowohl all- Vätterlich- als Müt-
terlichen Trosts und höchst-nöthigen Gegenwart zu berauben.
785
Doch weder die Tränen und die Umarmungen ihrer Kinder, so berichtet die Chronik
weiter, noch die Bitten und Argumente des übrigen Hofstaates konnten die Herzogin zu
einem längeren Verweilen im weltlichen Leben bewegen. Die Verfasserinnen der Chro-
nik lassen zwar keine Zweifel daran, daß Kunigunde ihre Kinder sehr liebte und daß ihr
derselben Zäher und Bitten tieff werden zu Hertzen gangen seyn,
786
 trotz allem aber
habe sich die Herzogin vermutlich an das Bibelwort des Matthäus  und wer Sohn oder
Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig
787
 erinnert und deswegen ein Leben
im Kloster dem gemeinsamen Leben mit den Kindern am Hofe vorgezogen. Nachdem
sie sich auch von den Kindern nicht habe umstimmen lassen, habe sich Kunigunde von
allem und jedem, trotz der Freiwilligkeit ihres Entschlusses betrübt, verabschiedet, um
sich danach mit gantz fröhlichem Gemüth / als eine triumphierende Obsigerin über die
                                                                                                                                                                              
782
Vgl. B
ITTRICH
, S. 33.
783
Vgl. B
ITTRICH
, S. 33.
784
Vgl. B
ITTRICH
, S. 33. Dabei warnte man Kunigunde besonders vor den Folgen, die eine
Vormundschaftsregierung ohne Aufsicht der Herzogin haben könnte. Vgl. auch F
ÜETRER
, Bayerische
Chronik, Wessobrunner Fortsetzung, S. 261: ...und belaib in dem Selhaus über aller kind und Rädt
und Landtleut gefallen.
785
Vgl. BI
TTRICH
, S. 33. Ähnlich der Bericht der älteren Quelle, BayHStA, KL-Fasz. 423/1, fol 7
r
:  Ihr
fürstlich durchlaucht sind auch von dieser fürstlichen jungen herrschafft, auch regierienden herrn
und landtstenden zum offtern angesbrochen worden, dero vorhaben zuverandern, aber ihr fürstliche
durchlaucht sind bestendig bliben.
786
Vgl. B
ITTRICH
, S. 34.
787
Vgl. Mt. 10, 37.

175
Welt und sich selbsten / zurück in das Clösterlein / in Begleytung der würdigen Mutter
und anderer Mitschwesteren zu begeben.
788
Eine weitere Erklärung für Kunigundes unerwartete Abkehr vom Hofe findet sich in
ihrer Biographie. Die Herzogin, meint der Verfasser, habe sich nicht etwa dem geistli-
chen wesen ergeben [...] aus blödigkeit irs sinns oder aus einer gewissen Weltfremdheit
heraus oder gar, weil sie sich in das höfisch wesen nit recht hiet schickhen mügen;
789
 sie
sei vielmehr in allen Belangen des Hoflebens erfahren und zudem wegen ihrer Schön-
heit und ihres ausgezeichneten Verstandes hochgeachtet gewesen. Gerade deswegen sei
Kunigunde durch ihr Handeln ein Vorbild für viele andere Witwen, die besser daran
täten, sich nach dem Tode ihres Gatten zurückzuziehen anstatt zu glauben, sie seien
nicht in Ehren alt geworden, wenn sie nit den wittibstuhl zu drey vnd viermalen ver-
ruckht hetten.
790
 Frauen, die in mehrmaligen Wiederheiraten ihren Status als frumme[...]
weiber bestätigt sähen, täten viel besser daran, den Platz der Ehefrau einer jungen Frau
oder den eigenen Töchtern zu überlassen.
791
 Kunigunde zeigte sich also, zumindest nach
der Einschätzung ihres Biographen, durch ihren Klostereintritt wieder einmal als Vor-
bild, da sie sich in den restlichen Jahren ihres Lebens ganz dem Glauben widmete,
anstatt sich nach dem Tod ihres Mannes ein zweites Mal zu vermählen. Eine zweite
Heirat hätte für die Herzogin, trotz ihrer 43 Jahre und ihrer acht Kinder, sicherlich im
Bereich des Möglichen gelegen, wenn sie das selbst gewollt hätte, da eine Ehe mit ihr,
der Tochter und Schwester eines Kaisers, für einen potentiellen Ehemann einen großen
Prestigegewinn bedeutet hätte.
792
Die Fortsetzer der Bayerischen Chronik des Ulrich Füetrer bieten eine Erklärung,
warum die Herzogin gerade das Pütrich-Regelhaus in München als Witwensitz aus-
wähle, obwohl ihr in ihrer Heimat Österreich etliche schöne Klöster zur Verfügung
gestanden hätten. Nach dieser Schilderung sei sie irn kinden zu Lieb und nutz in Bayern
geblieben, um ihren Kindern auf diese Weise ir zuegebracht guet und auch ir widerleg
nicht zu entziehen. Außerdem wolle sie sich weiterhin in der nächstent bei iren kinden
                                                           
788
Vgl. B
ITTRICH
, S. 35.
789
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 120.
790
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 121.
791
Vgl. H
EYRENBACH
, Kunigunde, S. 120.
792
Auch in rechtlicher Hinsicht wäre eine zweite Ehe der Herzogin kein Problem gewesen, der
Heiratsvertrag von 1487 sah eine eigene Versorgungsregelung für den Fall einer Wiederverheiratung
ausdrücklich vor, vgl. Geh.HausA, Hausurkunden 811. Auch Kunigundes angeheiratete Verwandte,
Erzherzogin Katharina von Tirol, ging kurze Zeit nach dem Tod Sigmunds eine zweite Ehe ein, vgl.
C
ARAMELLE
, Katharina, S. 131-191. Zur Wiederverheiratung von Witwen und weiteren Beispielen
vgl. auch S
PIESS
, Familie, S. 187-198.

176
aufhalten und ihnen hilfreich und ratsam sein.
793
 Daß Kunigunde in der Nähe ihrer noch
minderjährigen Kinder bleiben wollte, ist verständlich, eine Betonung dieses Motives
erscheint aber überflüssig, da in keiner der anderen Quellen die Rede davon ist, daß
Kunigunde nach dem Tode Albrechts München und Bayern verlassen wollte oder gar
mußte, um sich wieder in ihre ursprüngliche Heimat Österreich zu begeben.
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