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Anonymität
– Der
Autor ist unbekannt;
Kollektivität
– Die Schöpfer richten sich nach den kollektiv anerkannten
Regeln;
Verbindung
– Die unmittelbare Beziehung zwischen dem Interpreten und
dem Empfänger mit einer
Möglichkeit der Rückkopplung;
Variabilität
– individuell, zeitlich und örtlich anpassungsfähige Varianten
mit möglicher Improvisation;
Suizentrismus
–
Bevorzugung eigener Werke, Eingewöhnung der Sprache
und Realien;
Synkretismus
– Überschneidung der künstlerischen und außerkünstlerischen
Formen.
Das Interesse an der Folklore und Volksliteratur hat um die Jahrhundertwende
des 18. und 19. Jahrhunderts in der Epoche der Romantik angefangen. Dieses Interesse
ist im 20. Jahrhundert in der Entstehung des sog. Folklorismus fortgeschritten, was eine
Ausgliederung der Folklore von der originalen Umgebung in literarische, szenische,
Film- und Fernsehform ist (vgl. Mocná et al. 2004: 206ff.).
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2.4.6 Sprichwörter unter literarwissenschaftlichem Gesichtspunkt
Im Laufe der deutschen Literaturgeschichte haben die Sprichwörter ihre Funktion
deutlich gewandelt.
Man kann auch beobachten, dass die Priorität der Sprichwörter in der
literarischen Praxis sich von Epoche zu Epoche sehr stark unterscheidet. In der
spätmittelalterlichen Literatur wurde das Sprichwort
als Zeichen der poetischen
Meisterschaft betrachtet. Die Sprichwörter haben die rhetorischen Mittel und vor allem
den raffinierten textlinguistischen Einsatz ausgenutzt, die den Meister charakterisiert
haben. Die Sprichwörter hatten eine alte rhetorische Funktion als Schmuck einer Rede.
Seit der Aufklärung wurde ein Gebrauch von Sprichwörtern in der Literatur und auch in
der Alltagssprache der Bürger untersagt. Im Laufe des 19.
Jahrhunderts haben die
sogenannten geflügelten Worte (die Zitate der Autoritäten) die Rolle der Sprichwörter
übernommen (vgl. Burger 2007: 104).
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Aus dem tschechischen Original übersetzt von M. F.