Projektleitung:
Dipl. Theol. Andreas Renz,
M.A.
Laufzeit: 1.4.1998 -
31.3.2001
Ausgangslage meines Dissertationsvorhabens ist die Tatsache, dass
der Islam, besonders hinsichtlich seines Offenbarungsanspruchs
und spezifischer Themen theologischer Anthropologie, seitens der
christlichen Theologie in der Vergangenheit entweder ignoriert oder
aber in verzerrender und abwertender Weise dargestellt worden ist.
In gewisser Hinsicht knüpft die Arbeit an die Studie von Klaus Hock,
Der Islam im Spiegel westlicher Theologie. Aspekte christlichtheolo-
gischer Beurteilung des Islams im 20. Jahrhundert, Köln/Wien 1986,
an. Hock beschränkte sich allerdings auf die protestantische Theo-
logie und legte den Schwerpunkt auf die erste Hälfte des 20. Jahr-
hunderts. Die Leitfrage meiner Arbeit lautet daher: Wie hat sich
demgegenüber die christliche Islamwahrnehmung in der zweiten
Hälfte, vor allem im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts verändert.
Außerdem ist meine Studie ökumenisch angelegt, das heißt es sol-
len Theologen und kirchliche Verlautbarungen mehrerer christlicher
Konfessionen einbezogen werden.
Quellen: Das Materialobjekt der Untersuchung sind folglich zum ei-
nen offizielle und halboffizielle Verlautbarungen christlicher Kirchen
zum Thema Islam seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, zum an-
deren eine Reihe von Theologen, die vor allem in der deutsch- und
englischsprachigen Welt die christliche Islamperzeption der letzten
drei Jahrzehnte dominiert und stark beeinflusst haben: Aus dem an-
glophonen Raum sind dies der presbyterianische Theologe und Is-
lamwissenschaftler Wilfred Cantwell Smith und der anglikanische
Bischof Kenneth Cragg. Im deutschen Sprachraum haben folgende
Theologen die christliche Islamwahrnehmung in den letzten beiden
Jahrzehnten bestimmt: die katholischen Theologen Hans Küng, Tho-
mas Mooren und Hans Zirker sowie der evangelisch-lutherische
Theologe Reinhard Leuze.
Methodische Konzeption: Zuerst wird nach der Intention und den re-
ligionstheologischen Voraussetzungen des jeweiligen Autors sowie
nach dem persönlichen, gesamttheologischen und -kirchlichen Kon-
text gefragt. Zur Einordnung der religionstheologischen Position ei-
nes Theologen sowie der kirchenamtlichen Aussagen dient die in der
religionstheologischen Diskussion allgemein etablierte Klassifikation
von Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus. In einem zweiten
Punkt geht es dann um die Darstellung und Bewertung speziell des
islamischen Offenbarungsanspruchs. Dieser Punkt läßt sich noch-
mals wie folgt untergliedern: Die Frage nach dem islamischen Of-
fenbarungsverständnis, nach der christlich-theologischen Anerken-
nung des prophetischen Anspruchs Muhammads und nach der
christlich-theologischen Bewertung des Korans. Im dritten Haupt-
punkt der Autorenanalyse stellt sich dann die Frage nach der Dar-
stellung und Bewertung des islamischen Menschenbildes, wobei
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 967
stets die inhaltliche Verknüpfung zur Offenbarungsthematik deutlich
werden soll. Dieser Fragenkomplex läßt sich folgendermaßen unter-
gliedern: Geschöpflichkeit und Würde des Menschen, das Problem
menschlicher Freiheit und Verantwortung, der Mensch als Sünder,
die Antwort des Menschen auf die Offenbarung im Glauben und
schließlich das Heil des Menschen. Diesem rein deskriptiven Teil
schließt sich jeweils eine kurze Zusammenfassung sowie eine Kritik
der Ansätze an. Diese Kritik soll auf einer dreifachen Ebene geführt
werden: Zum ersten sind Reaktionen muslimischer Theologen auf
die christliche Islamdarstellung zu berücksichtigen, um diese mit
dem islamischen Selbstverständnis zu konfrontieren. Zum zweiten
gibt es eine Kritik und Diskussion der christlichen Islamdarstellung
auch in der westlichen Islamwissenschaft. Schließlich sind die refe-
rierten Autoren von der Binnenperspektive christlicher Theologie
her kritisch zu befragen. Aufbauend auf dieser Kritik sollen in einem
letzten Kapitel dann eigene Überlegungen zu einer christlichen Her-
meneutik des islamischen Offenbarungsanspruchs und Menschen-
bildes angestellt werden.
Ziel der Arbeit: Das Ziel der gesamten Arbeit ist somit, zum einen
den gegenwärtigen Stand der innerchristlichen Diskussion um eine
Theologie des Islam zu dokumentieren, zum anderen diese Diskus-
sion in einigen sich herauskristallisierenden Problemfeldern kritisch
weiterzuführen. Damit soll letztlich auch der christlich-muslimsiche
Dialog substantiell bereichert werden.
Die christliche Ehefrau und ihre Rechtspersönlichkeit in der muslimischen Familie
und Gemeinde
Projektleitung:
Duran Terzi, M.A.
Laufzeit: 1.10.1998 -
30.9.2001
Anthropologische Relevanz Feststellung des Menschenbildes, das
den Bestimmungen zur christlichen Ehefrau in der Familie, im sozia-
len, wirtschaftlichen und religiösen Bereich nach den normbildenden
Quellen des Islam und den Rechtstraditionen der islamischen Juris-
prudenz zugrunde liegt. Erforschung des Verständnisses der christ-
lichen Ehefrau als Rechtsperson in der muslimischen Familie und
Gemeinde im Hinblick auf normativ-systematischer, historische, ge-
sellschaftliche und gegenwartsbezogene Aspekte. Darlegung der
Entwicklung und Wandlung ihrer Rechtspersönlichkeit bzw. des zu-
grundeliegende Menschenbildes in Hinsicht auf den historischen Ab-
lauf und die gegenwärtige gesellschaftliche Realität. Konzeption
eines von den grundlegenden normativen Textquellen des Islam ge-
stützten neuen Modells der rechtlichen Behandlung der mit einem
Muslim verheirateten Christin, das den Erfordernissen einer gelin-
genden interreligiösen Ehe unter heutigen gesellschaftlichen Bedin-
gungen besser gerecht wird als das herkömmliche und somit die
Verknüpfung der normativen und der gegenwartsbezogen-gesell-
schaftlichen Dimension mit der Historischen ermöglicht.
Einige erste Ergebnisse
1. Viele Rechtsmeinungen der Rechtsschulen zeigen Spuren von
Einflüssen der Mann-Frau Beziehung in einer patriarchalisch gepräg-
ten religiösen Kulturwelt.
2. Die Rechtsmeinung der hanbalitischen und schafitiischen Rechts-
schulen, dass die christliche Ehefrau nach einer Menstruation bzw.
nach einem Wochenbett die rituelle Vollwaschung (al-Çusl) verwirk-
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 968
lichen muss, ist Ergebnis eines igtihÁd (einer eigenständigen Norm-
findung mittels der Vernunft ) aufgrund von sekundären Schlussfol-
gerungen. Dabei waren Hürden zu bewältigen. Aber man kann nicht
sagen, dass sie sie innerhalb der islamischen Rechtsmethodologie
erfolgreich bewältigt haben.
3. Die allgemeine Auffassung vom Glaubensunterschied als Erb-
schaftshindernis ist in Bezug auf das christlich-islamische Ehepaar
mit dem islamischen Prinzip der Gerechtigkeit schwer vereinbar.
Dieses Erbschaftshindernis basiert auf einer falschen Interpretation
der prophetischen Überlieferungen. Die Interpretation ist unter dem
starken Einfluss des Mehrheits- und Herrschaftsbewusstseins ent-
standen. Die prophetischen Überlieferungen (ÍadD¥/pl. AÎÁdD¥)
sind von Wortlaut her, aber auch von den Überlieferungsketten her
kritisch zu betrachten. Der wahre historische Kern der Überlieferun-
gen ist, dass ein Erbschaftshindernis zwischen Muslimen und arabi-
schen Polytheisten in einer Übergangsphase existierte. Dieses
zwangsläufig entstandene Erbschaftshindernis wurde im Nachhinein
verallgemeinernd auf alle Nicht-Muslime übertragen.
Elemente einer zeitgemäßen "Theologie der Arbeit" unter Berücksichtigung ver-
schiedener Ansätze im 20. Jahrhundert
Projektleitung:
Dipl. Theol. Sonja Sailer-
Pfister
Laufzeit: 1.5.1999 -
30.4.2002
Die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit ist momentan eine der
größten Herausforderungen unserer erwerbsarbeitszentrierten Ge-
sellschaft. Erwerbsarbeit stellt nach wie vor für die meisten Men-
schen die einzige Möglickeit dar, ihren Lebensunterhalt zu
verdienen, soziale Absicherung zu erlangen und gesellschaftlich an-
erkannt zu werden. Ulrich Beck stellt in diesem Zusammenhang
fest, dass nicht nur die hohe Zahl der Arbeitlosen in den Staaten Eu-
ropas die Lage schwierig erscheinen lassen, sondern: "Es ist der Ein-
bruch des Prekären, Diskontinuierlichen, Flockigen, Informellen in
die westlichen Bastionen der Vollbeschäftigungsgesellschaft."
(Beck, Ulrich: Schöne neue Arbeitswelt, 1999, S. 8). Diese Entwick-
lung bedeutet, dass immer weniger Menschen einen dauerhaften
Vollerwerbsarbeitsplatz haben werden. Die Lösung der Probleme auf
den Arbeitsmarkt impliziert die in unserer Gesellschaft bereits heftig
geführte Diskussion über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft. Dabei
wird immer deutlicher, dass Arbeitslosigkeit einerseits ein soziales
Problem darstellt, aber auch die Menschen in ihrer persönlichen Le-
bensgestaltung massiv beeintächtigt, also existenzielle Dimensio-
nen annimmt. Deshalb sind eine Theologie und eine theologische
Ethik, die nicht irrelevant und realitätsfremd erscheinen möchten,
verpflichtet, sich mit dem Phänomen Arbeit, d.h. nicht nur mit der
Erwerbsarbeit, auseinander zu setzen und aus ihrer Perspektive
eine Reflexion anzubieten, die die Probleme und Nöte, aber auch die
positiven Erfahrungen der Menschen ernst nimmt; eine Refexion,
die Wege aufzeigt, mit der ambivalenten Realität der Arbeitswelt
aus christlicher Überzeugung heraus umzugehen und konstruktiv zu
gestalten; eine Reflexion, die an tragfähigen Lösungsansätzen mit-
denkt und Möglichkeiten aufzeigt, diese auch umzusetzen. Diesen
Versuch, eine zeitgemäße und den Menschen gerechtwerdende
theologische und theologisch-ethische Reflexion der menschlichen
Arbeit zu leisten, unternimmt mein Projekt anhand folgender Leit-
fragen: Welche gesellschaftlichen Veränderungen im Bezug auf das
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 969
Phänomen Arbeit sind zu beachten? Welche Definition von Arbeit
muss zugrunde gelegt werden? Wie sehen bisherige Ansätze einer
Theologie der Arbeit aus? Welche Elemente muss eine zukunftsfähi-
ge Theologie der Arbeit enthalten und welche ethischen Konsequen-
zen sind daraus zu ziehen? Nach einer Gesellschaftsanalyse, die die
Veränderungen in der Arbeitswelt thematisiert und einer Darstel-
lung des momentan besonders in der Sozologie herrschenden Dis-
kurses zur Zukunft bzw. dem Ende der Arbeitsgesellschaft, werden
die Ansätze einer "Theologie der Arbeit" von Marie-Dominique
Chenu, Dorothee Sölle und Rosemary Radford Ruether, von Gordon
Preece und Matthew Fox dargestellt. Ebenfalls wird ein Blick in die
befreiungstheologische Tradition geworfen v.a. in die Ausführungen
von Gustavo Giutiérrez. Auf diesem Hintergrund wird dann eine Her-
meneutik einer zeitgemäßen Theologie der Arbeit entwickelt und
versucht Grundlagen und wichtige Elemente einer Theologie der Ar-
beit für die heutige Zeit zu eruieren. Der letzte Teil meiner Arbeit
wird sich dann mit den ethischen Konsequenzen und den prakti-
schen Konkretionen dieser Theologie auseinander setzen. Stichwor-
te wie Menschenrecht auf Arbeit, Realisierung eines ganzheitlichen
Arbeitsverständnisses oder Sonntagsarbeit werden hier diskutiert,
ebenso wie praktische Perspektiven in Form von Projekten oder der
Betriebseelsorge.
Im Spannungsfeld von Religiosität und politischem Extremismus. Zur Märtyrer-
konzeption (sunnitisch)-islamischer Bewegungen heute.
Projektleitung:
Johannes Bergmann, M.A.
Laufzeit: 1.10.1998 -
30.9.2001
Förderer:
Graduiertenkolleg Anthro-
pologische Grundlagen
und Entwicklungen im
Christentum und Islam
Die bisherige Forschung über eine islamische Märtyrerkonzeption
hat überwiegend die kanonischen Quellen (Koran und Sunna) sowie
die Märtyrerkonzeption der Schia in den Mittelpunkt ihres Interesses
gestellt. Demgegenüber besteht ein Forschungsdefizit bei der Über-
tragung dieses Konzepts in den tatsächlichen, konkreten sozio-poli-
tischen Kontext der Gegenwart. Ziel meiner Arbeit ist es, einen
Beitrag zur Forschung in Hinblick auf die islamische Märtyrerkon-
zeption der islamischen Bewegungen von heute zu leisten. Geogra-
phischer Schwerpunkt sind Israel und die palästinensischen
Autonomiegebiete. Die Gruppen, die zum Thema untersucht wer-
den, sind insbesondere die islamische Widerstandsbewegung Ha-
mas sowie der Palästinensische Islamische Jihad (PIJ). Erwartet
werden wichtige Aussagen zu Bedeutung und Funktion des islami-
schen Märtyrersymbols im Kontext des Nahostkonflikts.
Pastoralbriefe und Paulusakten: Ihr Ort im frühen Christentum mit besonderer
Berücksichtigung der Geschlechterfrage
Projektleitung:
Dipl. Theol. Monika Betz
Laufzeit: 1.3.1999 -
28.2.2002
Kontakt:
Dipl. Theol. Monika Betz
Tel.: 0951/863 2255,
Fax: 0951/863 5255, E-
Mail: monika.betz@arcor
mail.de
Der Ausgangspunkt dieser Dissertation liegt in der Feststellung, daß
in der paulinischen Tradition des zweiten Jahrhunderts verschieden-
ste Entwürfe christlichen Lebens nebeneinander bestehen konnten.
Dies zeigt sich im besonderen Maße an der jeweiligen idealtypischen
Darstellung des Apostels und seiner Schüler. Während in den Pasto-
ralbriefen Paulus als der große Ordner seiner Gemeinden und Kämp-
fer gegen die Chaos erzeugenden Irrlehrer dargestellt wird, sehen
ihn die Paulusakten als wundertätigen Wanderapostel, der keinerlei
Interesse an einer Gemeindestruktur hat, dessen Missionspredigt
vielmehr dazu führt, daß bestehende soziale Gefügeaufgebrochen
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 970
werden. Diese unterschiedliche Sicht des Apostels hat natürlich er-
hebliche Auswirkungen auf die christliche Lebensentwürfe beider
Schriften. So propagieren die Pastoralbriefe eine Gemeinde, die sich
an der hierarchischen Struktur des antiken Oikos anlehnt und nach
dessen Vorbild die Rollen aller Mitglieder -gerade auch im Bezug auf
die Geschlechterdifferenz- bestimmt. Die Apostelschüler Timotheus
und Titus haben, analog zum Hausvater, die Verantwortung für das
Heil ihrer Gemeindemitglieder übertragen bekommen und sollen
das Gemeindeleben, orientiert an einem christlich eingefärbten an-
tiken Konservatismus, regeln. Der Paulus der Acta dagegen fordert
seine Anhänger, idealtypisch repräsentiert in der Figur seiner Schü-
lerin Thekla, dazu auf, die althergebrachte Ordnung zugunsten ei-
nes enkratitisch geprägten Glaubens zu verlassen und damit ein zu
den bestehenden gesellschaftlichen Normen alternatives Leben an-
zustreben, was dazu führt, daß sie eigenverantwortlich für ihre
Überzeugungen einstehen müssen. Das Ziel der Arbeit besteht dar-
in, aufzuzeigen, wie für diese unterschiedlichen Zielsetzungen ge-
worben wird, was für Konsequenzen sich dabei für christliche
Existenz im Wechselspiel mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen
ergeben und welche Auswirkungen dies auf die Beurteilung der Rolle
von Mann und Frau im christlichen Kontext hat.
Rezeption und Wiederbelebung der Mu’tazila im 20. Jahrhundert
Projektleitung:
Thomas Hildebrandt, M.A.
Laufzeit: 1.3.1999 -
28.2.2002
n dem Forschungsprojekt geht es darum, das zu Beginn des 20.
Jahrhunderts in der islamischen Welt wiedererwachte Interesse an
der rationalistisch orientierten Theologenschule der Mu’tazila einer
näheren Untersuchung zu unterziehen. Der Schwerpunkt liegt dabei
auf dem sunnitischen Islam und der arabischen Welt. Das in der is-
lamwissenschaftlichen Literatur häufig als Neo-Mu’tazilismus be-
zeichnete Phänomen läßt sich im weitesten Sinne in diejenige
intellektuelle Strömung einordnen, die durch eine umfassende Aus-
einandersetzung mit der eigenen Tradition Ausgangspunkte für eine
Reform des islamischen Denkens sucht. Solche Reformversuche
bleiben selten auf den engeren Bereich der theologisch-philosophi-
schen Argumentation beschränkt, sondern sie wenden sich ebenfalls
zahlreichen Themen aus den Bereichen Gesellschaft und Politik zu.
Die Untersuchung stützt sich auf eine große Anzahl zur klassischen
Mu’tazila erschienener Bücher und Artikel aus der Feder arabischer
Autoren des 20. Jahrhunderts. Sie trifft wegen der Menge an Mate-
rial und vor dem Hintergund bestimmter inhaltlicher Gesichtspunkte
jedoch eine Auswahl. Als Schwerpunkte der Untersuchung haben
sich bislang die Autoren Ahmad Amin, Muhammad Yusuf Musa, Hu-
sain Muruwwa, Muhammad Amara und Nasr Abu Zaid ergeben. Die
von diesen Autoren zur Mu’tazila verfaßten Arbeiten werden analy-
siert, miteinander verglichen und mit den Arbeiten weiterer sich mit
dem Thema beschäftigender Autoren in Beziehung gesetzt. Was die
Analyse der einzelnen Autoren angeht, so richtet sich das Hauptau-
genmerk der Untersuchung auf die individuellen Motivationen dieser
Denker, sich mit der Mu’tazila zu beschäftigen, auf die ihnen eige-
nen Herangehensweisen und Argumentationsformen sowie auf den
Platz, den der Bezug auf die Mu’tazila im Gesamtzusammenhang ih-
res Denkens und Schreibens einnimmt. Grund für diese Herange-
hensweise ist die Überzeugung, daß der oft wiederholte, aber selten
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 971
theoretisch begründete Begriff des Neo-Mu’tazilismus nur begrenzt
zur Erklärung des mit ihm bezeichneten Phänomens beiträgt. Die
Bezugnahme auf die Mu’tazila und das Wiederaufleben bestimmter
mu’tazilitischer Positionen im zeitgenössischen Kontext stellen be-
deutende Entwicklungen im islamischen Diskurs der modernen ara-
bischen Welt dar. Die individuellen Antriebe einzelner Autoren, sich
auf die Mu’tazila zu beziehen, sind jedoch häufig komplexer, als es
der Begriff des Neo-Mu’tazilismus vermuten läßt.
Verlust und Vollendung. Menschliches Todesbewußtsein in der Spannung zwi-
schen Angst und Hoffnung - Gabriel Marcels (1889-1973) Existenzphilosophie als
Anstoß für eine christliche Theologie des Todes
Projektleitung:
Dipl. Theol. Matthias Reck
Laufzeit: 1.9.1999 -
31.8.2002
m Ausgang von der Zeitlichkeit als einer Grundkondition von Exi-
stenz wird die Ambivalenz menschlicher Begrenztheit herausgear-
beitet: Endlichkeit bedeutet nicht nur Einschränkung, sondern in
einem fundamentalen Sinn auch Ermöglichung von Leben. Dabei
weiß und spürt sich der Mensch als "dynamisches Defizit in Person"
nie anders als: bruchstückhaft, auf dem Weg, vollendungs- und
heilsbedürftig. Das Schlimmste freilich bei dieser andauernden Su-
che und Sehnsucht ist das Wissen um die Tödlichkeit von Leben
(Tod als Extremgestalt der Zeitlichkeit von Existenz).Leben kann
nur gelebt werden, wenn ich mir auf diese Situation eine Antwort zu
geben versuche (und selbst die Flucht vor einer Antwort ist ein sol-
che).Die Dissertation thematisiert die Ur-Not menschlichen Da-
seins: die befürchtete Nichtung aller Ich-Bedeutung und Ich-
Zukunft im Tod als Bezugspunkt aller Frage nach Sinn und Grund.
Trotz aller empirischen Uneinholbarkeit der eigentlichen Todeser-
fahrung für die existentielle Reflexion bezieht der Mensch in Protest
und Sehnsucht Stellung gegen den Tod . Christlicher Glaube ent-
scheidet sich darüber hinaus auch für ein Jenseits des Todes. Inwie-
weit vermag die "Philosophie der Hoffnung" Gabriel Marcels mit
ihren personalistischen Kategorien einen Beitrag zur Erhellung und
Verdeutlichung zentraler Aussagen christlicher Theologie des Todes
zu leisten ? Wie tragfähig erweist sich dabei das metaphysische
Prinzip seines Philosphierens ? Was läßt uns (berechtigt?) gegen den
Tod hoffen und ein stetig von Angst und Verzweiflung geprägtes Da-
sein aushalten?
Zur moralisch-praktischen Relevanz der Rechtfertigungslehre
Projektleitung:
Dipl. Theol. Markus Hütt-
ner
Laufzeit: 1.4.1999 -
31.3.2002
Da es sich hier nur um eine Kurzdarstellung handelt, werden im fol-
genden lediglich die Schwerpunkte der Dissertation angesprochen.
In einem ersten Abschnitt geht es zunächst um individual- und so-
zialethische Aspekte des "komplexen Phänomens Schuld" und zu-
gleich um Auseinandersetzung mit der moralisch motivierenden
Bedeutung der von der jüdisch-christlichen Glaubenstradition her
gegebenen Qualifikation "Sünde". Nach einer am Beginn stehenden
ethisch-anthropologischen Situierung von Schuld soll eine theolo-
gisch-ethische Diskussion der Thematik "Schuld" folgen, die - über
die engere Individualstruktur hinaus - besonders die entsprechen-
den Sozialstrukturen in den Blick nimmt (Stichworte in diesem Kon-
text sind: Strukturelle Gewalt, Strukturelle Sünde, etc.). Ein
weiterer Schritt wird die Erörterung der theologischen Qualifikation
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 972
"Sünde" sein. Positionen evangelischer und katholischer Theologen
werden dabei mit dem Standpunkt dieser Arbeit verglichen. In die-
sem Kontext wird auch die umfassende Auseinandersetzung mit den
relevanten Schriften des niederländischen Theologen Piet Schoo-
nenberg stattfinden. Folgende Aspekte werden dabei in den Blick
rücken:
• Sünde als existentielles Unheil und Schoonenbergs
These des sündigen Situiertseins als existentiales Unheil. Des wei-
teren geht es um den von Schoonenberg geprägten Begriff der
"Sünde der Welt". Er betrifft im engeren theologischen Sinn die be-
reits seit Augustinus diskutierte "kollektive" Unheil-Situation (oft
mit dem leicht irre-führenden Begriff "Erbsünde" ausgedrückt), im
weiteren Sinn die sozialethisch zu diskutierende reale Gegebenheit
struktureller Schuld. Schoonenbergs Theologie bewegt sich hier im
Bereich der Intersubjektivität, wobei er den "Raum" des Miteinan-
ders menschlicher Freiheit mit dem Terminus "Situation" zu um-
schreiben sucht. Im zweiten großen Teil der Arbeit steht die
Rechtfertigungslehre (v.a. bei Paulus) im Zentrum. Es geht um den
Ausdruck "Sünde", der neben der Beschreibung von Unheil zugleich
auch Heilsqualifikation ist, insofern darin die "Umkehr" zur Gnade
existenzsichernder "Endgültigkeit" angezeigt und durchaus heraus-
fordernd zugesagt wird. Theologisch-ethisch geht es hierbei um den
besonders bei Paulus in seiner "Rechtfertigungslehre" dargestellten
und betonten Gnadenaspekt von "Sünde", insofern sich das Be-
kenntnis an Gott wendet und daher Glaubensbekenntnis ist (in der
Form der Umkehr in die entgegenkommende Gnade hinein). Auch
wird nach der Entwicklung und Bedeutung der Rechtfertigungslehre
zu fragen sein bis hin zu der 1999 unterzeichneten "Gemeinsamen
Erklärung zur Rechtfertigungslehre". In einem dritten Großabschnitt
werden theologisch-ethische und moralpädagogische Konsequen-
zen die Kernpunkte sein. Es bedarf dabei der ausdrücklichen Situie-
rung von Schuld im Kontext gestalterischer Moral bzw. Moralität,
um eine normfixierte, autoritäre Schuldauffassung zugunsten eines
Verständnisses im Sinne von Betroffenheit zu überwinden. Theolo-
gisch geht es um die lebenspraktisch vollziehbare Einordnung der
Schulderfahrung in die Glaubensüberzeugung, die als frei gewähltes
Lebenskonzept verstanden wird. In diesem Sinne: Sündenbekennt-
nis ist Glaubensbekenntnis.
Forschungsbericht der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Seite 973
Graduiertenkolleg "Märkte und Sozialräume in Europa"
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